Zeit der Jaeger
Nachricht zu bringen ist einen Dreck wert.«
Eiskalte Wogen löschten seine Wut und erstickten sie so blitzartig, dass er fast zusammenzuckte. Ohne bewusst zu handeln, trat er auf die alte Frau zu und setzte seine freundlichste Miene auf. Sein ganzer Körper sank entspannt in sich zusammen, um ungefährlicher zu wirken. »Meine liebe Timma, ich muss mich für mein Auftreten entschuldigen. Dort, wo ich lebe, haben wir nicht so viel Raum, wie Sie ihn hier genießen, zum Leben und zum Arbeiten. Deshalb achten wir darauf, einander nicht zu berühren.« Sein Lächeln wurde breiter, und ein Funkeln trat in seine Augen. »Es ist unsere Art, die Illusion räumlicher Freiheit zu erzeugen, wo in Wahrheit gar keine existiert. Sie haben mich überrascht.«
Sie legte den Kopf auf die Seite und bewegte mehrmals die Oberlippe. Aus dieser Nähe konnte er den Schmutz in den meisten ihrer Falten sehen. Plötzlich hatte er den Eindruck, sie sei ein Bodenrelief, das eine kräftige Säuberung benötigte, um die Skulptur darunter freizulegen. »Trotzdem haben Sie kein Recht, mich so zu erschrecken. Ich hätte tot umfallen können. Dann hätten Sie erst Grund gehabt, sich Vorwürfe zu machen!«
Petr erweiterte seinen Gesichtsausdruck um eine
Spur von Bedauern. Ein Krieger im Feld hatte derlei Täuschung nicht nötig, aber auch dies war in gewisser Weise ein Schlachtfeld, wenn auch von anderer Art, und er benutzte, was ihm an Mitteln zur Verfügung stand, so, wie er in seinem Tiburón einen mittelschweren Ultralaser einsetzen würde. »Dann hätte Ihr Tod für den Rest meines Lebens mein Gewissen belastet. Ein Gespenst an Bord meines Frachtschiffes.« Mit der Andeutung eines Lächelns.
Sie runzelte die Stirn noch mehr - er hätte nicht geglaubt, dass das möglich war -, dann lachte sie laut. »Genau das würde ich tun. Passen Sie bloß auf, Fremdweltler, sonst spukt eine Horde alter Weiber auf Ihr em Schiff.«
Petr verbeugte sich tief, um den Tadel anzunehmen. Während sie verborgen waren, funkelten seine Augen kurz, aber bis er sich wieder aufrichtete, war die Maske erneut an Ort und Stelle. »Timma, Sie haben die Nachricht einer hässlichen Frau erwähnt, die Sie einem Seefuchs-Clanner überbringen sollen, frapos?«
»Von irgendeinem Frappo weiß ich nichts, aber die Nachricht war nicht für irgendeinen Fremdweltler bestimmt.« Sie stieß den Zeigefinger in seine Richtung und berührte ihn fast an der Brust. Glücklicherweise nur fast. Er wäre Gefahr gelaufen, die Kontrolle zu verlieren und alles wieder zu verspielen, was er erreicht hatte.
»Sie hat Sie beschrieben bis runter zu den komischen Raumfahrerstiefeln. Sie sind der Kerl, ganz sicher.«
»Und wie lautet die Nachricht?«
»Sie können froh sein, dass die alte Timma nicht nachtragend ist, sonst würde ich Ihnen einfach den Rücken zudrehen. Ich spür die alte Pumpe immer noch rasen.«
Bitte dreh dich nicht um. Er musste sich beherrschen, erst recht angesichts dieses neuen Hindernisses. Er spürte seine Ruhe bröckeln.
»Sie hat mir gesagt, ich soll dem Fremdweltler -das sind Sie - mitteilen, dass Sie die hässliche Frau in Dimpsons Heller-und-Groschen treffen sollen.«
Petr ging einfach davon. Er wusste genau, wo der Imbiss lag, von dem die Alte gesprochen hatte, auch wenn ihn der Gedanke, dort eine Mahlzeit einzunehmen, anwiderte. Er wandte sich nicht mehr zu Timma um, die mit offenem Mund hinter ihm herstarrte, nachdem er sie von einer Sekunde zur nächsten völlig ignorierte und davonraste, als wären ihm sämtliche Teufel der Hölle auf den Fersen.
Er brauchte fast eine halbe Stunde, um diesen Stadtteil von Halifax zu durchqueren. Es nannte sich Marikviertel, doch er konnte keinerlei architektonische Besonderheiten oder auch nur einen speziellen Geruch erkennen, der ihn von anderen Gegenden der Stadt unterschied. Als er den Imbiss erreicht hatte, war die Nacht angebrochen, und ohne die Straßenbeleuchtung hätte er Schwierigkeiten gehabt, seinen Weg zu finden.
Er öffnete die Tür, trat ein und fragte sich einen Moment, ob der Gestank, vor dem er im Merchant
House so oft zu fliehen versucht hatte, auch in dieses Gebäude eingezogen war und nur darauf wartete, ihn anzufallen.
Schummrig, schmutzig und kaum besucht. Es entsprach dem Bild, das er sich in den letzten Wochen von Snow gemacht hatte. Es war ein Ort, an dem sich eine Kakerlake wohlgefühlt hätte. Genau wie sie.
Er entfernte sich von der Tür, bahnte sich einen Weg zwischen den ungeordnet
Weitere Kostenlose Bücher