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Zeit der Raben - Ein Inspektor-Rutledge-Roman

Titel: Zeit der Raben - Ein Inspektor-Rutledge-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Todd Ursula Gnade
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ist.«
    »Die Dinge liegen viel komplizierter, als Keating klar ist. Ich will ihn lebend, damit er in zwei Fällen als Zeuge aussagen kann.«
    »Nun ja, wenn Wünsche Pferde wären, dann würden Bettler fliegen …«
    Sie schwiegen wieder eine Zeit lang.
    Ein paar Meilen später sagte er: »Ich werde Sie vor dem Oaks absetzen. Es kann sein, dass Keating nicht da ist. Ich fahre erst weiter, wenn Sie sicher hinter verschlossener Tür sind.«
    »Danke.«
    Sie erreichten die Abzweigung nach Dudlington eher, als sie erwartet hatten. Das Gasthaus lag im Dunkeln, und die einzige Beleuchtung, die Rutledge den Weg wies, als die Straße einen Bogen beschrieb und zur Ortschaft hinabführte, war das Licht der Scheinwerfer seines Wagens.
    Er war gerade in die Abzweigung eingebogen, die zur Holly Street und dem Kreisverkehr vor dem Oaks führte, als ihm etwas ins Auge fiel.
    Hamish schrie: »Da! Links!«
    Eine schnelle Folge von Überlegungen schoss Rutledge durch den Kopf …
    Jemand hatte gesagt, Kühe würden um diese Jahreszeit nicht aus den Ställen herausgelassen.
    Und seine eigene Stimme gab eine Bemerkung zum Thema Tarnung von sich.
    »Festhalten!« Er riss das Steuer mit einem Ruck herum und
der Wagen kam ins Schleudern, bevor die Reifen von der Stra ße rutschten. Im selben Moment schaltete er die Scheinwerfer aus.
    Mrs. Channing stieß einen Schrei aus, als das Automobil von einer Seite auf die andere schwankte, während es über die Wiese fuhr, mit wüsten Sätzen über den unebenen Untergrund in die Dunkelheit sprang und dabei holperte und wankte.
    Rutledge kämpfte mit dem Steuer und bekam das schwere Fahrzeug wieder unter Kontrolle, bis er es ruckhaft anhalten konnte.
    Während die plötzliche Vollbremsung sie noch zurückwarf, war er schon auf seiner Seite aus dem Wagen gesprungen und raste zu der Kuh zurück, die im Gras lag und anscheinend in aller Seelenruhe wiederkäute.
    Als er näher kam, drehte sie den Kopf zu ihm um. Ihre schwarzen Flecken auf dem weißen Fell ließen sie wirken wie einen Harlekin und machten sie gleichzeitig zur Hälfte unsichtbar. Er konnte mit Mühe das Weiß ihrer Augäpfel sehen.
    In dem Moment wurde ihm klar, dass sie echt war - und am Boden angepflockt, damit sie nicht umherlaufen konnte.
    Es war keine Falle gewesen, kein Scharfschütze, der sich unter der Kuhhaut verbarg, sondern eine List, und er war darauf reingefallen.
    Er fluchte und machte sich daran, die Pflöcke aus dem Boden zu ziehen. Die Kuh zog sich schwerfällig auf die Füße und schüttelte sich. Dann drehte sie sich um und setzte sich in Bewegung, als wüsste sie genau, wie sie zu ihrem Stall fand.
    Er packte das Seil an ihrem Hals und redete beruhigend auf sie ein.
    Mrs. Channing öffnete ihre Wagentür und rief: »Inspector?«
    Er zog die Kuh hinter sich her zum Wagen. »Ihnen fehlt doch nichts, oder?«, fragte er. »Es tut mir Leid, aber ich hatte keine Zeit, Sie zu warnen.«
    »Ein paar blaue Flecken, nichts Ernstes. Was ist das denn?«

    »Vermutlich hat er sich gedacht, ich würde sie glatt überfahren, weil ich glaube, dass er sich unter der Kuhhaut versteckt und gerade auf mich anlegt. Gott sei Dank habe ich es nicht getan, sonst hätte ich die Kuh überfahren und wäre wahrscheinlich auch draufgegangen, wenn sich das Automobil überschlagen hätte und auf mir gelandet wäre.«
    Sie streckte eine Hand, die in einem Handschuh steckte, nach der Kuh aus und überlegte es sich im letzten Moment anders. »Das arme Ding, wahrscheinlich ist es zu Tode erschrocken.«
    »Ich begleite Sie jetzt am besten zu Fuß zum Gasthaus und bringe dann die Kuh nach Hause. Bevor sie wieder auf die Straße spaziert und ein anderer sie rammt.«
    »Nein, mir fehlt nichts. Ich kann allein zum Gasthaus laufen.«
    Aber das wollte er nicht zulassen. Er begleitete sie bis zur Treppe und gab ihr seine Taschenlampe, damit sie den Weg hinauf fand.
    Sowie er sie in Sicherheit wusste, machte er sich auf den Rückweg zu seinem Wagen und band die Kuh los.
    Im ersten Moment war das Tier entschlossen, seiner eigenen Wege zu gehen, doch schon bald hörte es auf, an dem Seil zu ziehen, und folgte ihm gefügig die Holly Street hinunter. Die Hufe der Kuh klapperten auf dem Kopfsteinpflaster, und sie lief mit diesem wiegenden Gang, der Kühe so langsam und friedlich wirken lässt. Aber er konnte nach wie vor das Weiß ihrer Augäpfel sehen und wusste, dass sie ängstlich war.
    Er führte sie die Whitby Lane hinunter und dann durch die Church Street zum

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