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Zeit der Raben - Ein Inspektor-Rutledge-Roman

Titel: Zeit der Raben - Ein Inspektor-Rutledge-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Todd Ursula Gnade
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selbstverständlich. Die Schwester wird Sie zu ihm führen.« Sie läutete die kleine Glocke auf ihrem Schreibtisch, und eine junge Krankenschwester trat ein.
    Rutledge bedankte sich bei der Oberschwester und folgte der jungen Frau durch den Korridor. Hensley lag noch in demselben Privatzimmer wie beim letzten Mal, und Rutledge fragte sich, ob Chief Superintendent Bowles das angeordnet hatte. Manchmal redeten die Leute im Fieberwahn drauflos, und Worte, die einmal ausgesprochen waren, konnte man nie mehr zurücknehmen.
    Der Constable lag unter einem Laken, halb auf dem Rücken, halb auf einer Seite. Er machte tatsächlich einen sehr kranken Eindruck. Seine geröteten Wangen waren eingefallen, und sein Körper wirkte klein und schmal.

    Rutledge trat an das Bett und berührte den Arm, der auf dem Laken lag.
    Er fühlte sich glühend heiß an, als loderte unter der Haut ein Feuer, das für das bloße Auge unsichtbar war.
    Hensley rührte sich unruhig, schlug die Augen auf, sah sich ausdruckslos im Zimmer um und schloss sie dann wieder.
    Rutledge sagte leise: »Constable. Ich bin Inspector Rutledge. Können Sie mich hören?«
    Keine Reaktion.
    Er rief ihn wieder bei seinem Namen, und diesmal öffnete Hensley seine blutunterlaufenen Augen und versuchte seine Umgebung zu erkennen.
    »Wer ist da?« Seine Stimme war belegt und klang so, als sei seine Kehle ausgetrocknet.
    Die junge Krankenschwester trat vor, hielt ihm einen Strohhalm an die Lippen und sagte mit fester Stimme, er solle den Inhalt des Glases trinken.
    Rutledge konnte sehen, dass Hensley durstig trank und dann den Kopf zurückzog, als bekäme das Wasser seinem Magen nicht.
    »Danke, Schwester«, sagte er und schickte sie fort.
    Nachdem sie das Zimmer verlassen hatte, brauchte Rutledge mehrere Minuten, um den Constable wieder dahin zu bekommen, wo seine Stimme ihn erreichen konnte.
    Er versuchte den Kopf zu heben und drehte ihn dann ein wenig zur Seite. »Inspector Rutledge. Sir.«
    »Constable Hensley. Halten Sie es für möglich, dass Mary Ellison auf Sie geschossen haben könnte?«
    Eine kleine Kopfbewegung. Verneinend.
    »Es könnte durchaus sein, dass sie ihren Ehemann, ihre Tochter und ihre Enkelin getötet hat.«
    Die schmerzenden Augen sahen ihn forschend an. »Wenn das so ist, werde ich nicht da sein, um sie hängen zu sehen. Das hätte mir gefallen.«

    »Ich habe diesen Mann immer noch nicht gefunden, diesen Sandridge. Aber auf Ihr Geld bin ich gestoßen. Man hat Sie nicht gut genug bezahlt. Die Summe reicht nicht, um die Schuld für das auf sich zu nehmen, was Edgerton zugestoßen ist. Ich finde, es ist an der Zeit, dass Sie die Wahrheit sagen. Das wollen Sie doch bestimmt nicht auf dem Gewissen haben, wenn Sie sterben.«
    In seinem Hinterkopf sagte Hamish: »Du darfst dem Mann nicht derart zusetzen!«
    Aber Rutledge erwiderte: »Die Zeit ist knapp.«
    Hensley schüttelte matt den Kopf. »Der alte Bowles sorgt für seine Leute.«
    »Aber wenn Sie sterben und Sandridge noch auf freiem Fuß ist, könnte er zum Reden gebracht werden. Ist es das, was Sie wollen? Bowles wird Ihren Namen anschwärzen, um sich selbst zu retten.«
    »Es war nicht viel Geld. Damals wusste ich noch nicht, dass Edgerton sterben würde. Sonst hätte ich mehr verlangt.«
    »Haben Sie Bowles seinen Anteil gegeben? Hat er deshalb bei Ihnen ein Auge zugedrückt und Sandridge laufen lassen?«
    »Er hat mich beauftragt, Sandridge im Auge zu behalten. Und das habe ich auch getan. Aber um den ist es ohnehin geschehen. Den kann keiner mehr retten.«
    »Er wird hängen, da haben Sie recht, falls er in Gewahrsam genommen wird. Wollen Sie gemeinsam mit ihm hängen?«
    »Das erlebe ich nicht mehr.« Er drehte den Kopf noch etwas weiter um und richtete seine Augen, die vom Fieber glänzten, auf Rutledge. »Ich bin Ihnen doch scheißegal. Sie wollen Bowles zu fassen kriegen.«
    »Warum haben Sie eingewilligt wegzuschauen?«
    »Barstow hat mir gedroht. Er hat gesagt, entweder ich helfe ihm oder er sorgt dafür, dass mir die Schuld zugeschoben wird. Ich hatte Angst vor ihm.«
    »Ich glaube Ihnen nicht. Vor einem Mann wie Barstow hätten Sie sich nicht gefürchtet.«

    »Sie kannten ihn nicht. Er wollte sich rächen, um jeden Preis. Und wenn mein Wort gegen seines gestanden hätte, wer hätte mir dann schon geglaubt? Da gab es einen deutschen Kellner, den wir festgenommen hatten, der alte Bowles und ich. Er war kein Spion. Aber die Zeitungen haben sich auf die Geschichte gestürzt, und die

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