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Zeit der Raben - Ein Inspektor-Rutledge-Roman

Titel: Zeit der Raben - Ein Inspektor-Rutledge-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Todd Ursula Gnade
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in den Ohren lag.
    »Du kannst nicht sicher sein, dass Mrs. Melford dir die Brote hingestellt hat - oder wer die Zuckerdose gefüllt hat. Du kannst nicht sicher sein.«
    Rutledge stellte die Teetasse ab und stieß den Teller mit den Broten von sich.
    Er hatte den größten Teil des Tages in Northampton verbracht. Die Haustür war offen, und jeder hätte die belegten Brote bringen oder etwas in seine Zuckerschale streuen können.
    Er blieb noch einen Moment sitzen und ging dann hungrig zu Bett.
     
    Rutledge erwachte davon, dass eine Hand auf seiner Schulter lag und ihn sachte schüttelte.
    Im ersten Moment glaubte er, es sei Hamish, und ein halb erstickter Schrei entrang sich ihm, während er erstarrte und versuchte, in sich zusammenzuschrumpfen und sich den tastenden Fingern zu entziehen. Und selbst, als er begriff, dass es nicht Hamish war, sondern eine menschliche Gestalt, war er unvorbereitet auf die Stimme, die in sein Ohr drang.
    »Inspector Rutledge … Ian!«
    Es war Mrs. Channings Stimme, gesenkt und angespannt.

    Inzwischen war er hellwach und antwortete ihr leise: »Was ist passiert?«
    »Ich weiß es nicht. Es geht um Frank Keating. Er hat den ganzen Tag getrunken. Seit es hier gebrannt hat. Er hat das Wirtshaus geschlossen, und ich habe versucht, ihm gut zuzureden, aber er wollte nicht auf mich hören. Dann bin ich ins Bett gegangen und habe ihn in der Bar sitzen lassen. Er hat immer noch getrunken. Ich dachte, er hätte genug getrunken und würde auf seinem Stuhl einschlafen und erst am späten Morgen wieder zu sich kommen.«
    »Ist er noch da?«, fragte Rutledge, der inzwischen wieder halbwegs klar denken konnte.
    »Nein, das ist ja das Ärgerliche. Ich konnte nicht schlafen und dachte mir, ich probiere es mal mit einem Glas warmer Milch. Das war um zwei Uhr, und als ich in die Bar geschaut habe, war er nicht dort. Aber die Tür stand weit offen, und im Foyer war es eiskalt. Ich glaube, er ist aus dem Haus gegangen.«
    Es hatte ihr große Willenskraft abverlangt, so weit in die Nacht hinauszulaufen, ohne zu wissen, wo Keating war oder was ihn nach der Flasche hatte greifen lassen.
    Rutledge sagte: »Ja, in Ordnung, warten Sie im Büro auf mich. Ich ziehe mich nur schnell an und komme runter.«
    Ihre Kleider raschelten, als sie das Zimmer verließ und einen Duft zurückließ, der an Jasmin erinnerte. Er dachte wieder an das Parfum, das Elizabeth Fraser benutzt hatte, und auch daran, wie gut es zu ihr gepasst hatte. Maiglöckchen, sehr britisch und sehr subtil. Jasmin dagegen besaß eine betörende Süße.
    Er zog sich rasch an und begab sich in Hensleys Büro. Der durchdringende Gestank nach Rauch schien sich in den Wänden festgesetzt zu haben und drang in der Nachtluft beißend in seine Lunge. Mrs. Channing erwartete ihn dort, in ihren Mantel gehüllt und die Hände so fest umeinandergeschlungen, als sei ihr kalt.
    »Ich wollte uns eigentlich einen Tee kochen«, sagte sie, »aber das Feuer scheint ausgegangen zu sein.«

    »Nein, rühren Sie bloß nichts in der Küche an. Bleiben Sie hier«, sagte er zu ihr, »während ich mich auf die Suche nach Keating mache.«
    »O nein, ich komme mit Ihnen.« Sie sah sich um und fügte hinzu: »Ich bin von Anfang an nicht gern in dieses Haus gekommen. Hier sitzt etwas - Verzweiflung, Furcht. Ich weiß es nicht. Ich musste all meinen Mut zusammenraffen, um das Haus zu betreten, in diese Dunkelheit hineinzulaufen und sämtliche Zimmer nach Ihnen abzusuchen. Ich weiß nicht, was ich getan hätte, wenn der Wagen nicht draußen gestanden hätte.«
    »Sie hätten eher kommen sollen, wenn er schon den ganzen Tag getrunken hat.«
    »Ach ja, was Sie nicht sagen«, verspottete sie ihn. »Und wo waren Sie?«
    Er antwortete nicht, sondern sagte stattdessen: »Ich habe meine Taschenlampe und Hensleys Feldstecher dabei. Sind Sie so weit?«
    Sie erhob sich eilig, als fürchtete sie, er könnte es sich anders überlegen. Sie liefen schweigend zurück zum Oaks.
    Rutledge brachte sie in ihr Zimmer. »Können Sie das Zimmer abschließen?«
    Sie reichte ihm den Schlüssel. Er betrat das Zimmer und vergewisserte sich, dass sich niemand im Schrank oder unter dem Bett verborgen hielt.
    »Warten Sie hier, hinter verschlossener Tür. Ich werde Sie rufen, wenn ich will, dass Sie die Tür aufschließen. Ich werde nicht anklopfen.«
    »Ja, in Ordnung, ich zwänge einen Stuhl unter den Türknopf. Nur für alle Fälle.«
    »Keine schlechte Idee.« Er wartete auf das Geräusch, mit dem der

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