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Zeit der Raben - Ein Inspektor-Rutledge-Roman

Titel: Zeit der Raben - Ein Inspektor-Rutledge-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Todd Ursula Gnade
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und hielt ihre eine Hand mit der anderen umklammert.
    »Es ist ein altes Wäldchen, um das sich Legenden ranken …«
    »Es ist ein finsterer und bedrückender Ort, der große Kälte ausstrahlt. Und ich glaubte, einen Schatten zu sehen, der dort zwischen den Bäumen lauerte und Ihnen gefolgt ist. Ich konnte Ihnen nicht einmal eine Warnung zurufen - Sie hätten mich ja doch nicht gehört, wenn ich es getan hätte. Und mir blieb nichts anderes übrig, als am Fenster zu stehen und Sie im Auge zu behalten.«
    »Was für ein Schatten war das?«
    »Ich weiß es nicht, etwas Finsteres, irgendetwas. Ich war zu weit weg, um es Ihnen sagen zu können.«
    Im ersten Moment fragte er sich, ob sie das erfunden hatte.
    »Dann konnten Sie also sehen, wie ich mich durch das Wäldchen bewegt habe. Hätten Sie sagen können, wer dort umhergelaufen ist? Oder konnten Sie sehen, was ich getan habe?«
    »Mit Sicherheit konnte ich nur sagen, dass es ein Mann war, der sich zwischen den Bäumen bewegt hat. Ich konnte Sie nur
identifizieren, weil ich wusste, dass Sie es waren. Wenn es ein Fremder gewesen wäre, hätte ich nicht beschwören können, wie er ausgesehen hat. Und zwischendurch waren Sie hinter dichtem Geäst oder Dickicht im Unterholz verborgen. Im Grunde genommen hing alles von der Blickrichtung durch die Stämme und das Gestrüpp ab.«
    »Sie haben den Pfarrer gerade erst kennengelernt. Hätten Sie Towson identifizieren können, wenn er dort draußen gewesen wäre?«
    »Wahrscheinlich schon. Es sei denn, er wäre in einen dicken Mantel und einen Schal eingemummt gewesen. Dann hätte ich weniger sicher sein können.«
    »Erzählen Sie mir etwas über den Schatten. Wer war es?«
    »Es war kein - jetzt werden Sie mich für verrückt halten - es war nicht wirklich eine menschliche Gestalt. Es war etwas Unförmiges, das in Ihrer Nähe herumlungerte.«
    Jemand, der sich gut getarnt hatte, wie der Soldat auf Mrs. Massinghams Weide? Hamish hatte es auch wahrgenommen, dieses Gefühl von Gefahr.
    »War es etwas, was ich hätte anfassen können, wenn ich mich umgedreht hätte? Oder etwas, was Ihrem sechsten Sinn entsprungen ist, Ihrer Wahrnehmung dieses Wäldchens?«
    Meredith Channing schüttelte den Kopf. »Fragen Sie mich das nicht. Ich weiß es nicht. Aber eines kann ich Ihnen sagen. Während ich Sie beobachtet habe, hatte ich das ganz ausgeprägte Gefühl, wenn Sie nach Einbruch der Dunkelheit in dieses Wäldchen gingen, könnte es gut sein, dass Sie nicht mehr lebend herauskämen.«
     
    Sie bedankten sich beim Pfarrer und verabschiedeten sich von ihm, ehe sie in das goldene Licht eines nahenden Sonnenuntergangs hinausgingen. Dieses Licht tauchte die öden und leeren Felder in einen warmen Schimmer und warf Schatten am Bach, während der Kirchturm in Flammen zu stehen schien.

    »Lassen Sie uns in die Kirche gehen«, sagte Rutledge. »Vielleicht ist es schon zu dunkel, aber ich habe es Ihnen versprochen.«
    Mrs. Channing war immer noch verstört, denn die Ahnungen, die sie auf dem Dachboden beschlichen hatten, ließen sie nicht in Ruhe, und ihr erster Gedanke war, das Angebot abzulehnen. Er konnte es ihr deutlich ansehen. Doch dann ging sie mit ihm zur Tür des Turms.
    In der Sakristei fiel das letzte Abendrot durch die Buntglasfenster und verlieh den Deckengemälden genau die richtige Mischung von Licht und Schatten, um sie ganz real erscheinen zu lassen, ein blauer Himmel, der sich hoch über ihren Köpfen erstreckte, mit weich gepolsterten Wolken, die so stabil wirkten, dass Heilige und Enkel durchaus darauf schweben konnten.
    »Das ist ja zauberhaft!«, rief sie aus und lief weiter in die Kirche hinein. Sie drehte sich ein wenig, bis sie den besten Blickwinkel gefunden hatte. »Und wie unerwartet das hier in diesem abgelegenen Nest kommt.«
    »Es ist eine optische Täuschung«, sagte Rutledge. »Gehen Sie etwas weiter in diese Richtung und schauen Sie noch einmal hin.«
    »Gott im Himmel. Das ist wirklich erstaunlich, finden Sie nicht auch? Und es passt sehr gut hierher.«
    »Ja.« Er ließ sie allein mit erhobenem Kopf umherlaufen, den Blick in die Höhe gerichtet. Manchmal fiel das Licht auf ihr Haar oder ihr Gesicht oder ihren burgungerroten Mantel.
    »Ich kann mir vorstellen, dass es nicht einfach ist, diesen Eindruck auf einer Fläche zu erzielen, während man mit den Händen über dem Kopf arbeitet und dabei stets darauf bedacht ist, die dreidimensionale Wirkung zu beachten. Wann ist diese Deckenmalerei entstanden?«
    »Im

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