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Zeit der Raben - Ein Inspektor-Rutledge-Roman

Titel: Zeit der Raben - Ein Inspektor-Rutledge-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Todd Ursula Gnade
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zu den meisten Pubs nicht im Ortskern gelegen ist. Dort wird er nicht
beobachtet und bietet keine Anhaltspunkte für die wüsten Spekulationen, die das Dorf auf Trab halten.«
    »Ja, das könnte sein. In der Bar geht es abends nicht rüpelhaft zu, das kann ich Ihnen versichern. Die Leute lachen, das schon, und sie spielen Darts und in einer Ecke steht sogar ein Schachbrett bereit, falls sich jemand dafür interessieren sollte. Ich habe mich heute Nachmittag dort umgesehen, als er nach Letherington gefahren ist, um für mein Abendessen einzukaufen.«
    »Sie gäben eine gute Polizistin ab«, sagte er und hielt ihr das Tor zu dem Gehweg auf, der zum Pfarrhaus führte. »Achtung, die Steinplatten sind uneben.«
    Aber sie hatte sich umgedreht und sah auf die Felder, von denen sie umgeben waren. »Es ist so öd und leer.«
    »Vereinzelt gibt es Obstbäume. Ich glaube, dort hinten an der Mauer steht tatsächlich ein Birnbaum. Im Frühjahr könnte es hier recht hübsch sein. Oder lauschig im Sommer, wenn die Kühe und Schafe auf den Weiden grasen.«
    »Ja, gewiss. Aber im Moment fühle ich mich - ich weiß nicht recht - so ausgeliefert, ein besseres Wort fällt mir nicht dafür ein.«
    »Eine Zielscheibe«, sagte Hamish, und Rutledge schauderte.
    Sie wandte sich um, und er folgte ihr über die Steinplatten des Gehwegs.
    Er ging erst allein ins Zimmer des Pfarrers, um ihm die attraktive Besucherin anzukündigen.
    »Wer ist es?« Der Pfarrer setzte sich auf und zog den Morgenmantel enger um sein Nachtgewand.
    »Sie kennen sie nicht. Aber ich glaube, ihre Gesellschaft wird Ihnen Freude machen.«
    Towsons Stimmung hob sich, und er sagte: »Habe ich mich ordentlich rasiert? Und meine Haarbürste, die liegt dort drüben auf der Kommode.«
    Als Towson mit sich zufrieden war, sagte er: »Ist Hillary noch in der Küche? Ich könnte sie bitten, uns Tee zu bringen.«
Sein sehnsüchtiger Gesichtsausdruck brachte Rutledge zum Lachen.
    »Ich werde mich darum kümmern.«
    Als er mit Mrs. Channing zurückkehrte, beobachtete Rutledge belustigt, wie der Pfarrer die Augen aufriss.
    »Es tut mir leid, dass wir uns unter so ungünstigen Umständen kennenlernen«, sagte sie herzlich und ging auf das Bett zu, um ihm die Hand zu geben. Selbst die Königin persönlich hätte nicht mehr Anmut an den Tag legen können, als sie in Lazaretten zwischen langen Reihen von Verwundeten umherlief.
    Rutledge, der in der Tür stand, sah, dass Towson sich der Lage gewachsen zeigte, sogar im Morgenmantel die Miene des Geistlichen aufsetzte und die richtigen Worte fand, um seinen Gast zu begrüßen.
    Er ließ die beiden allein, damit sie sich in Ruhe miteinander bekannt machen konnten, und ging in die Küche, um Hillary Timmons zu bitten, dass sie den Tee kochte.
     
    Als Rutledge mit dem Tablett zurückkam, plauderten Mrs. Channing und der Pfarrer miteinander wie alte Freunde. Er schenkte den Tee ein, reichte die Tassen herum und lauschte einem Gespräch über die Werke von Dickens.
    Mrs. Channing hatte er bereits erzählt, was er von ihr wollte, und jetzt erklärte er Towson, worum es ging. Er lieh sich Mrs. Channing für ein paar Minuten aus, um ihr den Weg zum Dachboden zu zeigen und sie vor der Treppe zu warnen.
    Dann ging er zur Tür hinaus und durch den Garten hinter dem Haus, schlüpfte dort durch die Hintertür und lief über das offene Weideland den flachen Hang zu Frith’s Wood hinauf.
    Er brauchte mehr als fünfzehn Minuten, bevor er die ersten Bäume am Waldrand erreicht hatte. Sie schienen sich um ihn herum zu schließen, und schon war er mitten im Wald und lief ohne Hast erst in die eine Richtung, dann in die andere.
    Hamish machte kein Hehl daraus, dass ihm dieses Vorgehen
gar nicht passte. Er teilte Rutledge unumwunden mit, dass er auf diese Weise Unheil heraufbeschwor.
    »Es wird nichts passieren«, sagte Rutledge mit fester Stimme.
    Aber ihn beschlich wieder das Gefühl, beobachtet zu werden und von etwas Unerfreulichem umgeben zu sein.
    Er lief weiter, beschrieb einen Halbkreis und machte sich dann auf den Weg zum Waldrand, bevor er mit forschen Schritten den Rückweg zum Pfarrhaus antrat.
    Nur ein einziges Mal gestattete er sich einen Blick auf die Fenster von Baylors Haus, doch dort konnte er niemanden entdecken.
    Er fand eine ungeheuer besorgte Meredith Channing vor, die ihn schon an der Treppe erwartete, als er durch die Küche hereinkam.
    »Sie haben mir nichts über das Wäldchen erzählt - jedenfalls nicht die Wahrheit!«, rief sie aus

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