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Zeit der Rache: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)

Zeit der Rache: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)

Titel: Zeit der Rache: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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nur eine Vermutung.«
    »Okay, aber ich habe gerade an Rita Scimeca gedacht. Sie war ein richtig taffes Mädel. Sie wurde vergewaltigt und ist deshalb auf der Liste von dem Kerl gelandet, nehme ich an, weil ihretwegen drei Mann in den Bau kamen und gefeuert wurden. Aber in der fraglichen Nacht sind fünf Jungs über sie hergefallen. Nur drei kamen dazu, sie zu vergewaltigen, weil sie einem der Jungs das Becken und einem anderen beide Arme gebrochen hat. Sie hat sich also gewehrt wie der Teufel.«
    »Und?«
    »Hätte Alison Lamarr sich nicht genauso verhalten? Selbst wenn der Typ eine Waffe gehabt haben sollte – hätte sie dreißig Minuten lang teilnahmslos alles mit sich geschehen lassen?«
    »Ich weiß es nicht«, sagte Harper.
    »Sie haben sie doch gesehen. Sie wirkte keineswegs wie ein Mauerblümchen. Sie war bei der Army. Sie hat die Infanterieausbildung gemacht. Entweder wäre sie gleich sauer geworden und hätte sich gewehrt, oder sie hätte den richtigen Zeitpunkt abgewartet und ihn sich dann geschnappt. Aber sie hat es offenbar nicht getan. Warum nicht?«
    »Ich weiß es nicht«, wiederholte Harper.
    »Ich auch nicht«, erwiderte Reacher.
    »Wir müssen diesen Typ finden.«
    Reacher schüttelte den Kopf. »Das schafft ihr aber nicht.«
    »Wieso nicht?«
    »Weil ihr euch alle derart von diesem Profilmist blenden lasst, dass ihr euch hinsichtlich des Motivs irrt. Deswegen.«
    Harper wandte sich ab und starrte durch das Fenster hinaus in die schwarze Nacht.
    »Wollen Sie das näher erläutern?«, fragte sie.
    »Erst wenn ich Blake und Lamarr dazu kriege, dass sie stillsitzen und zuhören. Denn ich sage das nur einmal.«
     
    Kurz nachdem sie am Stadtrand von Richland den Columbia überquert hatten, hielten sie an und tankten. Während Reacher Sprit nachfüllte, ging Harper auf die Toilette. Dann kehrte sie zurück, stieg auf der Fahrerseite ein und übernahm für die nächsten drei Stunden das Steuer. Sie schob ihren Sitz ein Stück nach vorn, strich die Haare zurück und stellte den Rückspiegel ein. Ließ den Motor an und fuhr in Richtung Süden los.
    Sie überquerten ein weiteres Mal den Columbia, der jetzt in Richtung Westen strömte. Dann waren sie in Oregon. Der Interstate 84 folgte genau entlang der Staatsgrenze dem Fluss. Es war ein breit ausgebauter Highway, auf dem keinerlei Verkehr herrschte. Vor ihnen ragten die mächtigen Cascade Mountains unsichtbar in der Dunkelheit auf. Winzige Sterne funkelten kalt am Himmel. Reacher hatte die Sitzlehne nach hinten gekippt und betrachtete sie durch das geschwungene Seitenfenster. Es war fast Mitternacht.
    »Sie müssen mit mir reden«, meinte Harper. »Sonst schlafe ich ein.«
    »Sie sind ja genauso schlimm wie Lamarr«, sagte Reacher.
    Harper grinste im Dunkeln. »Nicht ganz.«
    »Nein, nicht ganz«, erwiderte Reacher.
    »Aber reden Sie trotzdem mit mir. Wieso haben Sie die Army verlassen?«
    »Wollen Sie wirklich darüber reden?«
    »Es ist ein Thema, vermute ich.«
    »Warum fragt mich jeder danach?«
    Sie zuckte die Achseln. »Die Menschen sind neugierig.«
    »Warum? Warum hätte ich die Army nicht verlassen sollen?«
    »Weil es Ihnen dort gefallen hat. Genauso, wie es mir beim FBI gefällt.«
    »Es gab allerhand Sachen, die mir gegen den Strich gingen.«
    Sie nickte. »Klar. Das FBI geht mir manchmal auch gegen den Strich. Das ist wie mit einem Ehemann, oder? Es gibt gute Eigenschaften und schlechte, aber mir liegt etwas daran, falls Sie wissen, was ich meine. Man lässt sich wegen einer Kleinigkeit, die einem gegen den Strich geht, nicht scheiden.«
    »Man hat mich ausgemustert«, sagte er.
    »Nein, das stimmt nicht. Wir haben Ihre Personalakte gelesen. Man hat die Truppenstärke reduziert, aber Sie waren davon nicht betroffen. Sie sind freiwillig ausgeschieden.«
    Er schwieg die nächsten ein, zwei Meilen. Dann nickte er.
    »Ich hatte Angst«, sagte er.
    Sie warf ihm einen kurzen Blick zu. »Wovor?«
    »Ich mochte die Army so, wie sie war. Ich wollte nicht, dass sie sich verändert.«
    »In welche Richtung?«
    »Sie sollte kleiner werden, glaube ich. Sie war riesengroß. Sie können sich das gar nicht vorstellen. Sie hat die ganze Welt umspannt. Man wollte sie verkleinern. Ich wäre befördert worden, hätte also einen höheren Rang in einem kleineren Apparat bekleidet.«
    »Was ist daran so schlecht? Sie wären ein großer Fisch in einem kleinen Teich gewesen, stimmt’s?«
    »Ich wollte kein großer Fisch sein«, erwiderte er, »sondern lieber ein

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