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Zeit der Rache: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)

Zeit der Rache: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)

Titel: Zeit der Rache: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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kleiner.«
    »Das waren Sie aber nicht«, widersprach sie. »Ein Major ist kein kleiner Fisch.«
    Er nickte. »Okay, dann wollte ich eben ein mittelgroßer Fisch bleiben. Es war angenehm. Irgendwie unauffällig.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Das ist kein Grund, den Dienst zu quittieren.«
    Er blickte zu den Sternen auf.
    »Ein großer Fisch hat in einem kleinen Teich nicht genügend Platz zum Schwimmen«, sagte er. »Ich hätte jahrelang am gleichen Standort gesessen. Irgendwo an einem großen Schreibtisch, und nach fünf Jahren wäre ich dann irgendwo anders an einem noch größeren Schreibtisch gelandet. Jemand wie ich, der nichts von Politik versteht, nicht die entsprechenden Umgangsformen hat, der bringt es allenfalls zum Colonel. Ich hätte nur noch meine Dienstzeit abgesessen. Fünfzehn, zwanzig Jahre lang vielleicht.«
    »Aber?«
    »Aber ich wollte auf Achse bleiben. Ich bin mein Leben lang rumgezogen, im wahrsten Sinn des Wortes. Ich hatte Angst davor, auf der Stelle zu treten. Ich habe nicht gewusst, wie einem zumute ist, wenn man irgendwo festsitzt, bin aber davon ausgegangen, dass es mir gestunken hätte.«
    »Und?«
    Er zuckte die Achseln. »Und jetzt sitze ich irgendwo fest.«
    »Und?«, sagte sie noch mal.
    Wieder zuckte er die Achseln, ohne etwas zu erwidern. Es war warm im Wagen. Warm und gemütlich.
    »Sprechen Sie’s aus, Reacher«, forderte sie ihn auf. »Raus damit. Sie sitzen irgendwo fest, und?«
    »Und gar nichts.«
    »Quatsch, von wegen. Und?«
    Er holte tief Luft. »Und ich tu mich schwer damit.«
    Danach herrschte einen Moment lang Schweigen. Sie nickte, als verstünde sie. »Jodie will nicht herumziehen, nehme ich an.«
    »Tja, würden Sie das denn wollen?«
    »Ich weiß es nicht.«
    Er nickte. »Aber sie weiß es. Sie und ich sind ganz ähnlich aufgewachsen, ständig unterwegs, von einem Stützpunkt zum nächsten, rund um die Welt, einen Monat hier, sechs
Monate dort. Und deshalb hat sie jetzt eine ganze andere Vorstellung vom Leben, weil sie das nicht mehr wollte und sich etwas Eigenes aufgebaut hat, genau nach ihrem Geschmack. Sie weiß genau, was sie will, weil sie auch die andere Seite kennt.«
    »Sie könnte doch auch ein bisschen herumziehen. Sie ist immerhin Anwältin. Sie könnte von Zeit zu Zeit den Arbeitsplatz wechseln.«
    Er schüttelte den Kopf. »So läuft das nicht. Es geht um die Karriere. Sie wird demnächst wohl zum Partner ernannt, wenn sie so weitermacht, und danach ist sie vermutlich ihr Leben lang für die gleiche Kanzlei tätig. Und außerdem meine ich damit nicht, dass ich ein paar Jahre hier, eine paar Jahre dort verbringen, mir vielleicht ein Haus kaufen und es hinterher wieder abstoßen will. Ich meine damit, wenn ich morgen in Oregon aufwache und Lust habe, nach Texas oder sonst wohin zu gehen, dann ziehe ich einfach los. Ohne dass ich weiß, wie der nächste Tag aussieht.«
    »Ein Vagabund.«
    »Für mich ist das wichtig.«
    »Aber wie wichtig?«
    Er zuckte die Achseln. »Das weiß ich nicht genau.«
    »Wie wollen Sie sich darüber klar werden?«
    »Der Haken ist, dass ich mir darüber im Klaren bin.«
    »Und was wollen Sie tun?«
    Wieder schwieg er eine Weile.
    »Keine Ahnung«, sagte er.
    »Vielleicht gewöhnen Sie sich daran.«
    »Vielleicht«, sagte er. »Vielleicht auch nicht. Das steckt mir einfach zu tief im Blut. In diesem Moment zum Beispiel, mitten in der Nacht, irgendwohin unterwegs, wo ich noch nie gewesen bin, da fühle ich mich wohl. Ich kann gar nicht sagen, wie gut es mir dabei geht.«
    Sie lächelte. »Vielleicht liegt es an der Gesellschaft.«
    Er lächelte ebenfalls. »Vielleicht.«
    »Dann verraten Sie mir doch mal was anderes?«
    »Was denn?«
    »Inwiefern irren wir uns bezüglich des Motivs von dem Typ?«
    Er schüttelte den Kopf. »Warten Sie noch ein bisschen. Mal sehen, was wir dort vorfinden.«
    »Was werden wir in Portland vorfinden?«
    »Ich nehme an, einen Karton voller Farbeimer, ohne den geringsten Hinweis, woher er kommt und wer ihn geschickt hat.«
    »Und?«
    »Und danach zählen wir eins und eins zusammen und kommen auf zwei. Aber nicht bei euch, bei euch kommt keine Zwei raus. Ihr kommt auf irgendeine große Unbekannte.«
     
    Reacher schob seinen Sitz weiter zurück und verdöste die letzte Stunde, in der Harper am Steuer saß. Auf dem vorletzten Streckenabschnitt fuhren sie auf der Route 35 die Nordflanke des Mount Hood hinauf. Reacher wachte wieder auf, als der Buick ruckelte, weil Harper wegen der Steigung in den dritten

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