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Zeit der Rache: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)

Zeit der Rache: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)

Titel: Zeit der Rache: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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Sie ein Schlaukopf?«
    »Nein, Ma’am, ich bin nur eine einfache Agentin«, antwortete Harper.
    »Sind Sie schon mal vergewaltigt worden?«
    Harper schüttelte den Kopf. »Nein, Ma’am, noch nie.«
    Scimeca nickte.
    »Tja, lassen Sie’s nicht zu«, sagte sie. »Wenn ich Ihnen einen Rat geben darf.«
    Danach herrschte Schweigen.
    »Es verändert das ganze Leben«, fuhr Scimeca fort. »Meines hat es jedenfalls verändert, so viel steht fest. Gärtnern und Musik, das ist alles, was ich noch habe.«
    »Schöne Hobbys«, sagte Harper.
    »Hobbys für daheim«, meinte Scimeca. »Ich halte mich entweder in diesem Zimmer auf oder in Sichtweite der Haustür. Ich gehe nicht viel aus, und ich treffe mich nicht gern mit anderen Leuten. Also nehmen Sie sich meinen Rat zu Herzen, und sehen Sie zu, dass Ihnen so was nicht passiert.«
    Harper nickte. »Ich werde mein Bestes tun.«
    »In den Keller«, sagte Scimeca.
    Sie führte sie aus dem Salon und zu einer unter der Treppe versteckten Tür. Es war eine alte Tür aus Kiefernholzbrettern, die etliche Male überstrichen worden waren. Dahinter führte eine Reihe schmaler Stufen hinab in die kühle Luft, die leicht nach Benzin und Autoreifen roch.
    »Wir müssen durch die Garage«, sagte Scimeca.
    Ein neuer Wagen stand dort, eine lange, flache Chrysler-Limousine mit goldenem Lack. Sie liefen hintereinander daran vorbei, worauf Scimeca eine Tür in der Garagenwand öffnete. Muffiger Kellergeruch schlug ihnen entgegen. Scimeca zog an einer Schnur, und grellgelbes Licht ging an.
    »Da wären wir«, sagte sie.
    Der Keller war vom Heizbrenner aufgewärmt, ein großer, quadratischer Raum, an dessen vier Wänden breite Regale standen. Zwischen den Deckenträgern, dort, wo sich Heizungsrohre nach oben wanden, hing Isolationsmaterial aus Glaswolle heraus. Mitten auf dem Boden befand sich ein
großer Karton, der schief zur Wand stand und nicht recht zu den tadellos aufgeräumten Regalen passte. Es war der gleiche Karton wie bei Alison Lamarr. Die gleiche Größe, die gleiche braune Pappe, der gleiche Aufdruck, die gleiche Abbildung, der gleiche Herstellername. Er war mit glänzendem braunen Klebeband verschlossen und wirkte fabrikneu.
    »Haben Sie ein Messer?«, fragte Reacher.
    Scimeca deutete mit dem Kopf zum Arbeitsbereich. Dort war ein mit Haken versehenes Lochbrett an die Wand geschraubt, an dem in Reih und Glied allerlei Werkzeug hing. Reacher ergriff ein Linoleummesser und nahm es vorsichtig ab, weil sich seiner Erfahrung nach der Haken mitsamt dem Gerät löste. Hier jedoch nicht. Er sah, dass jeder einzelne Haken sorgfältig mit einem Plastikring an dem Brett befestigt war.
    Er kehrte zu dem Karton zurück und schlitzte das Klebeband auf, drehte das Messer um und hob mit dem Griff die Laschen an. Er sah fünf gelblich schimmernde, kreisrunde Metallringe, fünf Farbeimerdeckel, in denen sich das Deckenlicht spiegelte. Er fuhr mit dem Messergriff unter einen der Drahthenkel und hob einen der Eimer bis auf Augenhöhe. Er bestand aus schlichtem, blankem Metall, auf dem sich lediglich ein kleiner weißer Aufkleber mit einer langen Nummer und der Aufschrift Camo/Green befand.
    »Davon haben wir seinerzeit einige zu sehen bekommen«, sagte Scimeca. »Stimmt’s, Reacher?«
    Er nickte. »Einige.«
    Er stellte den Eimer in den Karton zurück, drückte die Laschen wieder herunter und hängte das Messer wieder an Ort und Stelle. Warf einen kurzen Blick zu Scimeca.
    »Wann ist der gekommen?«, fragte er.
    »Ich kann mich nicht mehr genau dran erinnern«, erwiderte sie.
    »In etwa?«
    »Ich weiß es nicht, vor etwa ein, zwei Monaten.«
    »Vor ein, zwei Monaten ?«, warf Harper ein.
    Scimeca nickte. »Schätzungsweise. Ich weiß es wirklich nicht mehr.«
    »Sie haben sie nicht bestellt, stimmt’s?«, fragte Reacher.
    Scimeca schüttelte den Kopf. »Ich habe schon eine. Sie steht da drüben.«
    Sie deutete in die eine Ecke, in der sich eine Waschmaschine, ein Wäschetrockner und eine Spüle befanden. Dazu weiße Plastikkörbe und allerlei Flaschen mit Wasch- und Reinigungsmitteln, die feinsäuberlich auf einer Arbeitsplatte aufgereiht waren.
    »An so was erinnert man sich doch«, sagte Reacher. »Oder nicht?«
    »Ich ging wohl davon aus, dass sie für meine Mitbewohnerin bestimmt war«, entgegnete sie.
    »Haben Sie eine Mitbewohnerin?«
    »Ich hatte eine. Sie ist vor ein paar Wochen ausgezogen.«
    »Und Sie dachten, es wäre ihre?«
    »Für mich war das die einzige Erklärung«, sagte Scimeca.

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