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Zeit der Rache: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)

Zeit der Rache: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)

Titel: Zeit der Rache: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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nicht auf mich hören. Was meine Glaubwürdigkeit angeht, habe ich bei ihm verspielt. Jetzt sind Sie dran.«
    »Vielleicht haben Sie, was Ihre Glaubwürdigkeit angeht, auch bei mir verspielt.«
    Sie setzte sich neben ihn aufs Bett, als ob sie mit einem Mal wacklig auf den Beinen wäre. Er warf ihr einen gedankenverlorenen Blick zu.
    »Was ist?«, fragte sie.
    »Ist die Kamera noch in Betrieb?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Sie haben es aufgegeben. Wieso?«
    »Weil ich Sie noch mal küssen möchte.«
    »Warum?«
    »Weil es mir gefallen hat.«
    »Warum sollte ich Sie noch mal küssen wollen?«
    »Weil es Ihnen auch gefallen hat.«
    Sie errötete. »Nur ein Kuss?«
    Er nickte.
    »Na ja, okay, von mir aus.«
    Sie wandte sich ihm zu, worauf er sie in die Arme nahm und küsste. Sie bog den Kopf zurück, genau wie beim ersten Mal, drückte sich an ihn, ließ die Zunge über seine Lippen
und Zähne gleiten, in seinen Mund. Er legte die Hand auf ihre Taille. Ihre Finger spielten in seinem Haar. Sie küsste ihn drängender, fordernder. Dann stieß sie ihn weg. Atmete schwer.
    »Wir sollten jetzt aufhören«, sagte sie.
    »Vermutlich«, erwiderte er.
    Mit wackligen Beinen stand sie auf. Beugte sich vornüber und schleuderte ihre Haare nach hinten.
    »Ich verziehe mich jetzt. Wir sehen uns morgen.«
    Sie öffnete die Tür und trat hinaus. Er hörte, dass sie draußen auf dem Korridor wartete, bis die Tür wieder zugefallen war. Dann entfernten sich ihre Schritte in Richtung Aufzug. Er legte sich aufs Bett, aber konnte nicht schlafen. Er dachte vielmehr über Gehorsam und Willfährigkeit nach, über Mittel, Motive und Möglichkeiten. Über Wahrheit und Lüge. Fünf volle Stunden lang dachte er über all das nach.
     
    Um acht Uhr morgens kam sie zurück. Sie war frisch geduscht, trug einen anderen Anzug samt Krawatte und strotzte förmlich vor Kraft und Energie. Er fühlte sich müde und erschöpft, fror und schwitzte zugleich. Doch er stand unmittelbar hinter der Tür, hatte den Mantel zugeknöpft und erwartete sie ungeduldig und mit heftigem Herzklopfen.
    »Gehen wir«, sagte er. »Sofort.«
    Blake saß in seinem Büro am Schreibtisch, so wie fünf Stunden zuvor. Möglicherweise hatte er die ganze Nacht dort verbracht. Das UPS-Fax lag immer noch neben seinem Ellbogen. Der Fernseher lief mit abgestelltem Ton. Der gleiche Sender. Ein Reporter stand an der Pennsylvania Avenue in Washington, unmittelbar vor dem Weißen Haus. Draußen war es allem Anschein nach schön. Strahlend blauer Himmel, klare, kalte Luft. Das richtige Reisewetter.
    »Heute nehmen Sie sich noch mal die Akten vor«, befahl Blake.
    »Nein, ich muss nach Portland«, erwiderte Reacher. »Stellen Sie mir die Maschine zur Verfügung?«
    »Die Maschine?«, wiederholte Blake. »Sind Sie verrückt geworden? Nie und nimmer.«
    »Okay«, sagte Reacher.
    Er ging zur Tür, warf einen letzten Blick in das Büro und trat hinaus auf den Korridor. Stand still und schweigend mitten in dem engen Gang. Harper drängte sich an ihm vorbei.
    »Wieso nach Portland?«, fragte sie.
    »Wegen der Wahrheit. Und der Lügen.«
    »Was soll das heißen?«
    »Kommen Sie mit, dann erfahren Sie es.«

27
    »Was, zum Teufel, ist denn los?«, fragte sie.
    Er schüttelte den Kopf.
    »Das kann ich nicht laut sagen«, antwortete er. »Sie würden mich für völlig verrückt halten und nichts mehr mit mir zu tun haben wollen.«
    »Was ist denn so verrückt? Verraten Sie’s mir.«
    »Nein, kann ich nicht. Im Moment ist das nichts als ein Kartenhaus. Sie würden es einfach vom Tisch wischen. Genau wie alle anderen. Sie müssen sich also selbst davon überzeugen. Verflucht, ich muss mich ja selbst erst davon überzeugen. Aber ich möchte, dass Sie dabei sind, damit Sie zu Ihrer Festnahme kommen.«
    »Was für eine Festnahme? Nun sagen Sie schon.«
    Wieder schüttelte er den Kopf. »Wo steht Ihr Auto?«
    »Auf dem Parkplatz.«
    »Dann nichts wie los.«
     
    Der Weckruf war während Rita Scimecas Dienstzeit beim Militär immer um Punkt sechs Uhr erfolgt, weshalb sie diese Gewohnheit auch im zivilen Leben beibehalten hatte. Sie schlief genau sechs von vierundzwanzig Stunden, von Mitternacht bis sechs Uhr früh, alles in allem immerhin ein Viertel ihres Lebens. Dann stand sie auf, um die übrigen drei Viertel hinter sich zu bringen.
    Ein eintöniger Tag nach dem anderen. Im Spätherbst gab es im Garten nichts zu tun. Die Winter waren viel zu grimmig, als dass irgendein junges Gewächs gedieh. Daher konnte

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