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Zeit der Rache: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)

Zeit der Rache: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)

Titel: Zeit der Rache: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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vielleicht was anderes, das genauso wichtig war. Hatte sich möglicherweise hingelegt. Vom FBI-Mann wusste er, dass sie um sechs Uhr morgens aufstand. Vielleicht legte sie nachmittags ihre Siesta ein oder las ein Buch. Vermutlich saß sie nicht einfach da drin und wartete darauf, dass er klingelte.
    Unschlüssig stand er da, die Hand etwa eine halbe Armeslänge von der Klingel entfernt. Dann ließ er sie sinken, machte kehrt, ging über den Fußweg und die Auffahrt wieder zu seinem Wagen, stieg ein, beugte sich zur anderen Seite und stellte die Tasse vor dem Beifahrersitz auf den Boden.
     
    Scimeca schien überrascht.
    »Welche Kleidung?«, fragte sie.
    »Die Kleidung, die du trägst«, sagte der Gast.
    Scimeca nickte verständnislos.
    »Okay.«
    »Dein Lächeln gefällt mir nicht, Rita«, sagte der Gast. »Es wirkt ein bisschen gezwungen.«
    »Entschuldigung.«
    »Wirf einen Blick in den Spiegel, und dann sag mir, ob das eine fröhliche Miene ist.«
    Scimeca drehte sich zum Spiegel um. Sah einen Moment hinein und verzog dann langsam das Gesicht, einen Muskel nach dem anderen. Der Gast beobachtete ihr Spiegelbild.
    »Übers ganze Gesicht. Richtig vergnügt, okay?«
    Scimeca wandte sich um.
    »Wie ist es damit?«, fragte sie und lächelte so breit wie möglich.
    »Sehr gut«, antwortete der Gast. »Du möchtest doch, dass ich mich mit dir freue, oder etwa nicht?«
    »Doch, das möchte ich.«
    »Dann steck deine Kleidung in den Sack.«
    Scimeca ergriff den Bund ihres dicken Strickpullis, zog ihn über den Kopf, schüttelte ihn aus und ließ ihn in den Sack fallen. Darunter trug sie eine ausgewaschene Flanellbluse. Sie knöpfte sie auf, zog die Schöße aus dem Bund ihrer Jeans, schlüpfte heraus und warf sie in den Sack.
    »Jetzt ist mir kalt«, sagte sie.
    Sie knöpfte ihre Jeans auf, zog den Reißverschluss herunter und schob sie sich über die Beine. Streifte die Schuhe ab, stieg aus der Jeans, rollte die Schuhe hinein und steckte sie in den Müllsack. Zog die Socken aus und warf sie ebenfalls hinein.
    »Beeil dich, Rita«, drängte der Gast.
    Scimeca nickte, griff nach hinten und hakte ihren BH auf, streifte ihn ab und warf ihn in den Sack. Schlüpfte aus ihrem Höschen, knüllte es zusammen und schmiss es ebenfalls hinein. Der Gast zog den Sack zu und stellte ihn auf den Boden. Scimeca stand nackt da und wartete.
    »Lass das Wasser einlaufen«, befahl der Gast. »Mach dir ein warmes Bad, wenn dir kalt ist.«
    Scimeca bückte sich und setzte den Stöpsel ein. Es war ein einfacher Gummistopfen, der an einer Kette hing. Sie drehte beide Hähne auf, den Heißwasserhahn eine Dreiviertel-, den kalten etwa eine Viertelumdrehung.
    »Mach die Farbe auf«, sagte der Gast.
    Scimeca ging in die Hocke und nahm den Schraubenzieher zur Hand. Schob ihn in unter den Deckel und drückte ihn nach oben. Drehte den Eimer ein-, zweimal hin und her, bis sich der Deckel löste.
    »Sei vorsichtig. Nicht dass es eine Schweinerei gibt.«
    Scimeca legte den Deckel behutsam auf den Boden. Blickte gespannt auf.
    »Gieß die Farbe in die Wanne.«
    Sie nahm den Eimer mit beiden Händen. Er war ziemlich breit, nicht leicht zu halten. Sie umschloss ihn mit den Unterarmen, trug ihn zur Wanne und begann ihn hineinzuleeren. Die Farbe war dickflüssig und roch streng und stechend. Langsam rann sie aus dem Eimer in das einlaufende Wasser. Geriet in den Strudel unmittelbar unter dem Hahn, wurde verwirbelt und sank langsam zu Boden, löste sich dann allmählich auf und trieb in grünen Wolken durch die Wanne. Sie kippte den Eimer langsam aus, bis die Farbe immer dünner rann und schließlich versiegte.
    »Vorsichtig!«, sagte der Gast. »Stell den Eimer jetzt hin. Und mach keine Schweinerei.«
    Sie drehte den Eimer wieder um, ging in die Knie und stellte ihn behutsam auf den Fliesenboden, unmittelbar neben dem Deckel. Er schepperte hohl und blechern.
    »Nimm jetzt den Stock und verteil die Farbe.«
    Sie ergriff den Stock und kniete sich neben die Wanne. Tauchte ihn tief in den grünen Bodensatz und rührte ihn auf.
    »Sie vermischt sich mit dem Wasser.«
    Der Gast nickte. »Deshalb solltest du Latexfarbe kaufen.«
    Der dunkle Olivton veränderte sich allmählich, wurde heller, grüner, wie feuchtes Gras auf nassem Boden. Dünnflüssig wie Milch. Der Gast achtete genau darauf. War einigermaßen zufrieden, auch wenn es nicht ganz seinen Vorstellungen entsprach; doch unter diesen Umständen genügte es schon, dass überhaupt wieder Farbe im Spiel

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