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Zeit der Rache: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)

Zeit der Rache: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)

Titel: Zeit der Rache: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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dann mach mal.«
    Sie konzentrierte sich darauf, versuchte es. Schluckte willkürlich. Doch außer einem kurzen Röcheln tat sich gar nichts.
    »Es geht nicht«, sagte sie.
    »Nimm den Finger zu Hilfe«, sagte der Gast. »Das mussten die anderen auch tun.«
    »Den Finger?«
    Der Gast nickte. »Drück sie mit dem Finger zurück. Bei den anderen hat das auch funktioniert.«
    Sie hob die Hand. Dünne Farbschlieren, teilweise mit dunkleren Klümpchen durchsetzt, die sich noch nicht aufgelöst hatten, rannen über ihren Arm.
    »Welchen Finger?«, fragte sie.
    »Versuch’s mit dem Mittelfinger«, erwiderte der Gast. »Das ist der längste.«
    Sie streckte den Mittelfinger aus, zog die anderen zurück. Öffnete den Mund.
    »Leg ihn genau unter deine Zunge«, sagte der Gast. »Und drücke sie mit aller Kraft zurück!«
    Sie riss den Mund noch weiter auf, drückte fester zu.
    »Schluck jetzt.«
    Sie schluckte. Riss dann entsetzt die Augen auf.

30
    Das Taxi hielt unmittelbar vor dem Streifenwagen an. Reacher stieg zuerst aus, teils weil er unter Hochspannung stand, teils aber auch, weil er wollte, dass Harper den Fahrer bezahlte. Er stand auf dem Gehsteig und blickte sich um, trat dann auf die Straße und ging zu dem Polizeiwagen.
    »Alles okay?«, fragte er.
    »Wer sind Sie?«, wollte der Cop wissen.
    »FBI«, erwiderte Reacher. »Ist hier alles in Ordnung?«
    »Kann ich Ihre Dienstmarke sehen?«
    »Harper, zeigen Sie ihm Ihre Dienstmarke«, rief Reacher.
    Das Taxi setzte zurück und wendete auf der Straße. Harper verstaute ihren Geldbeutel in der Handtasche und zückte ihre Dienstmarke. Der Cop warf einen kurzen Blick darauf und wurde sichtlich gelöster. Harper steckte sie wieder in die Tasche und sah hinauf zum Haus.
    »Hier ist alles ruhig«, meldete der Polizist durchs Fenster.
    »Ist sie drin?«, fragte Reacher.
    Der Cop deutete auf das Garagentor.
    »Ist grade vom Einkaufen zurückgekommen«, sagte er.
    »Sie ist ausgegangen?«
    »Ich kann sie nicht dran hindern«, erwiderte der Cop.
    »Haben Sie ihren Wagen kontrolliert?«
    »Da war bloß sie drin. Mit zwei Einkaufstüten. Ein Militärgeistlicher war da und wollte sie besuchen. Von der Army. Es ging irgendwie um Beistand und Beratung. Sie hat ihn weggeschickt.«
    Reacher nickte. »Klar. Sie ist nicht religiös.«
    »Wem sagen Sie das«, versetzte der Cop.
    »Okay«, meinte Reacher. »Wir gehen rein.«
    »Fragen Sie bloß nicht nach dem Klo«, warnte ihn der Polizist.
    »Warum nicht?«
    »Sie kann ein bisschen zickig werden, wenn man sie deswegen stört.«
    »Das Risiko gehe ich ein«, erwiderte Reacher.
    »Na ja, könnten Sie das hier vielleicht mitnehmen?«, fragte der Cop.
    Er bückte sich zur Beifahrerseite, hob die leere Tasse vom Boden auf und reichte sie durchs Fenster.
    »Sie hat mir Kaffee gebracht«, sagte er. »Nette Person, wenn man Sie besser kennt.«
    »Ja, das ist sie«, bestätigte Reacher.
    Er nahm die Tasse und ging hinter Harper die Auffahrt
hinauf, über den Fußweg und die Verandatreppe zur Tür. Harper drückte auf die Klingel. Er hörte, wie der schrille Ton von dem auf Hochglanz polierten Holz widerhallte und schließlich verklang. Harper wartete zehn Sekunden, dann klingelte sie erneut. Wieder das metallisch schrille Surren, der Widerhall und danach die Stille.
    »Wo ist sie?«, sagte sie.
    Sie drückte ein drittes Mal. Klingelton, Widerhall, Stille. Besorgt schaute sie ihn an. Er musterte das Türschloss. Es wirkte groß und wuchtig, war vermutlich nagelneu. Wahrscheinlich gab es dafür lebenslange Garantie und allerlei Versicherungsprämien obendrein. Wahrscheinlich hatte man es mit einem dicken, extra gehärteten Stahlriegel versehen, der millimetergenau in die metallene Zughaltung im Türrahmen passte. Der Türrahmen selbst war wohl aus dem Stamm einer vor hundert Jahren gefällten Oregonkiefer gezimmert. Das beste Bauholz aller Zeiten, im Lauf der Jahre getrocknet und hart wie Eisen.
    »Scheiße«, sagte er.
    Er stellte die leere Tasse aufs Verandageländer, nahm Anlauf und trat mit der Schuhsohle gegen das Schloss.
    »Verdammt, was machen Sie da?«, rief Harper.
    Dann trat er erneut gegen die Tür, einmal, zweimal und ein drittes Mal. Spürte, wie das Holz nachgab. Er umklammerte mit beiden Händen wie ein Skispringer das Verandageländer, federte zweimal vor und wieder zurück und warf sich dann mit aller Kraft nach vorn. Streckte das Bein aus und rammte den Absatz mit der vollen Wucht seiner einhundertfünf Kilo unmittelbar über dem

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