Zeit der Rache: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)
nickte. »In jeder Hinsicht.«
»Die gleiche Vorgeschichte?«
Blake nickte noch mal. »Anzeige wegen sexueller Belästigung, bekam Recht, quittierte aber trotzdem den Dienst.«
»Wann?«
»Die Belästigung fand vor zwei Jahren statt, ein Jahr darauf hat sie den Dienst quittiert. Damit wären es also schon drei. Die Verbindung zur Army ist also keineswegs nur ein Zufall, glauben Sie mir.«
Reacher nahm einen Schluck Kaffee. Er war nicht besonders stark, schmeckte dünn und schal. Die Maschine war eindeutig verkalkt. Wahrscheinlich konnte man etwas dagegen unternehmen.
»Den Namen habe ich noch nie gehört«, sagte er. »Aber ich war auch nie in Utah stationiert.«
Blake nickte. »Können wir irgendwo miteinander reden?«
»Warum nicht gleich hier?«
»Könnten wir uns vielleicht hinsetzen?«
Reacher nickte und führte sie ins Wohnzimmer. Er stellte seine Tasse auf den Couchtisch und zog die Jalousien hoch. Draußen war es stockdunkel. Und da sämtliche Fenster nach Westen gingen, zum Fluss, würde es auch noch ein paar Stunden dauern, bis man dort den ersten Schein der aufgehenden Sonne sah.
Drei Sofas, zwei längs, eins quer, standen um den offenen Kamin, in dem noch die Aschereste vom vergangenen Winter lagen. Vielleicht von der letzten Glut, die Jodies Vater genossen
hatte. Blake ließ sich mit Blick zum Fenster nieder, Reacher nahm ihm gegenüber Platz und beobachtete, wie Lamarr mit ihrem viel zu kurzen Rock kämpfte, als sie sich auf die dem Kamin zugewandte Couch setzte. Ihr Gesicht war aschfahl.
»Wir stehen zu unserem Profil«, sagte sie.
»Tja, schön für Sie.«
»Es handelt sich um jemanden wie Sie, jemanden, der Ihnen ganz ähnlich ist.«
»Halten Sie das für denkbar?«, fragte Blake.
»Was soll ich für denkbar halten?«, erwiderte Reacher.
»Dass es sich um einen Soldaten handeln könnte?«
»Sie wollen von mir wissen, ob ein Soldat jemand töten könnte?«
Blake nickte. »Wäre das Ihrer Meinung nach möglich?«
»Meiner Meinung nach ist das eine blöde Frage. So als ob Sie von mir wissen wollten, ob ein Jockey reiten kann.«
Danach herrschte Stille. Bis auf das dumpfe Wuusch , als der Brenner im Keller ansprang, und das Knacken und Knistern der Rohre, die sich unter der Hitze ausdehnten.
»Deshalb kamen Sie als möglicher Täter in Frage«, sagte Blake. »Jedenfalls was die beiden ersten Fälle betraf.«
Reacher schwieg.
»Daher die Überwachung«, sagte Blake.
»Soll das eine Entschuldigung sein?«, fragte Reacher.
Blake nickte. »Ich glaube schon.«
»Und warum haben Sie mich dann festgenommen? Wenn Sie bereits nachweislich wussten, dass ich’s nicht war?«
Blake wirkte zerknirscht. »Wir wollten zeigen, dass wir vorankommen, nehme ich an.«
»Sie wollten zeigen, dass Sie vorankommen, indem Sie den Falschen einbuchten? Das nehme ich Ihnen nicht ab.«
»Ich habe mich bereits entschuldigt«, sagte Blake.
Wieder Schweigen.
»Haben Sie jemand gefunden, der alle drei kannte?«, fragte Reacher.
»Noch nicht«, antwortete Lamarr.
»Wir glauben, dass eine persönliche Bekanntschaft von früher möglicherweise keine allzu große Rolle spielt«, meinte Blake.
»Vor zwei Stunden haben Sie das aber noch geglaubt. Sie haben mir erklärt, dass ich verdächtig wäre, weil ich so ein guter Freund von ihnen war und sie mich jederzeit reingelassen hätten, wenn ich vor ihrer Tür aufgekreuzt wäre.«
»Nicht Sie«, sagte Blake. »Jemand wie Sie, das ist alles. Und jetzt denken wir, dass wir uns möglicherweise geirrt haben. Dieser Typ sucht sich seine Opfer gezielt aus, richtig? Frauen, die Anzeige wegen sexueller Belästigung erstattet und anschließend den Dienst quittiert hatten. Also war er vielleicht gar nicht persönlich mit ihnen bekannt. Gehört nur einer bestimmten Zielgruppe an, mit denen sie zu tun hatten. Zum Beispiel der Militärpolizei.«
Reacher lächelte. »Jetzt nehmen Sie also schon wieder an, dass ich es war?«
Blake schüttelte den Kopf. »Nein, Sie waren nicht in Kalifornien.«
»Falsche Antwort, Blake. Ich war’s nicht, weil ich kein Mörder bin.«
»Haben Sie noch nie jemanden getötet?«, fragte Lamarr, als wüsste sie die Antwort bereits.
»Nur, wenn es sein musste.«
Sie lächelte ebenfalls. »Wie schon gesagt, wir stehen zu unserem Profil. Es war irgendein selbstgerechter Dreckskerl, genau wie Sie.«
Reacher sah, wie Blake ihr einen kurzen Blick zuwarf, teils aufmunternd, teils missbilligend. Sie saß im Schein des Küchenlichts, das hinter ihr
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