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Zeit der Rache: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)

Zeit der Rache: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)

Titel: Zeit der Rache: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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Gesicht. »Na ja, er hat es ganz allmählich durchklingen lassen, hat zunächst so getan, als wäre es scherzhaft gemeint. Es war, als wollte er mit mir flirten. Immerhin war er ein Mann, ich eine Frau, und da ist so was nicht weiter verwunderlich, nicht? Aber er dachte offenbar, ich hätte nicht kapiert, was er wollte, deshalb wurde er mit einem Mal deutlich. Er hat mir erklärt, was ich tun sollte. Den einen Fuß auf die eine Ecke seines Schreibtisches stellen, den anderen Fuß auf die andere, die Hände hinter dem Kopf verschränken, eine halbe Stunde lang, ohne mich zu rühren. Dann vorbeugen, wissen Sie? Wie in einem Pornofilm. Da habe ich es begriffen, und im nächsten Moment hat mich die Wut gepackt, und ich bin explodiert.«
    Reacher nickte. »Und Sie haben ihn angezeigt?«
    »Na klar.«
    »Wie hat er reagiert?«
    Sie lächelte. »Verdutzt. Ich bin mir sicher, dass er das vorher schon öfter gemacht hat und immer davongekommen ist. Ich glaube, er war überrascht, dass sich die Vorschriften zu seinen Ungunsten geändert hatten.«
    »Könnte er der Täter sein?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Nein. Dieser Typ ist ein Mörder, stimmt’s? Das traue ich Gascoigne nicht zu. Er war ein alter, bedauernswerter Mann. Antriebslos und unfähig. Julia sagt, dieser Typ ist mit allen Wassern gewaschen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Gascoigne mit einer derartigen Entschlossenheit vorgehen könnte.«
    Reacher nickte erneut. »Wenn das Profil Ihrer Schwester stimmt, handelt es sich vermutlich um jemand, der irgendwo einschlägige Erfahrungen gemacht hat.«
    »Ganz recht«, stimmte Alison ihm zu. »Vielleicht hat es gar nichts mit einem bestimmten Vorfall zu tun. Es könnte sich um jemanden handeln, der nicht unmittelbar betroffen ist, sich aber zum Rächer berufen fühlt.«
    »Wenn Julias Profil stimmt«, betonte Reacher noch mal.
    Sie schwieg einen Moment.
    »Mit einem großen Fragezeichen«, sagte Alison.
    »Zweifeln Sie daran?«
    »Das wissen Sie doch ganz genau«, erwiderte sie. »Und ich bin mir sicher, dass auch Sie Ihre Zweifel haben. Weil wir beide Bescheid wissen.«
    Harper beugte sich vor. »Was wollen Sie damit sagen?«
    Alison zögerte kurz. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich ein Soldat derartige Umstände macht, nicht wegen so einer Sache. So läuft das einfach nicht. Bei der Army gibt es ständig neue Vorschriften. Vor fünfzig Jahren zum Beispiel hatte niemand was dagegen, wenn Schwarze schikaniert wurden, danach schon. Keiner hatte was dagegen, wenn in Vietnam kleine Kinder umgebracht wurden, hinterher schon. Es gibt zig andere Beispiele. Tausende von Männern wurden eingebuchtet, weil sie gegen irgendwelche neu
erlassenen Vorschriften verstoßen haben. Als unter Truman die Gleichberechtigung von Weiß und Schwarz bei der Army eingeführt wurde, ist auch niemand losgezogen und hat Neger umgebracht, die sich über ihre Vorgesetzten beschwert haben. So etwas gab es bisher noch nie . Ich kann das nicht nachvollziehen.«
    »Vielleicht geht es hier um etwas Grundsätzlicheres, nämlich um eine Auseinandersetzung zwischen Männern und Frauen«, meinte Harper.
    Alison nickte. »Möglich. Ich weiß es wirklich nicht. Aber die Zielgruppe, wie Julia sich ausdrückt, ist letzten Endes so spezifisch, dass es sich nur um einen Soldaten handeln kann. Wer sollte uns denn sonst auf dem Kieker haben? Aber es muss ein ziemlich sonderbarer Soldat sein, das weiß ich ganz genau. So einer ist mir noch nie begegnet.«
    »Wirklich?«, fragte Harper. »Nicht ein einziges Mal? Gab es seinerzeit keinerlei Drohungen, keine dummen Bemerkungen?«
    »Nichts, das der Rede wert wäre. Nur das übliche Gequatsche. Aber ansonsten kann ich mich an nichts erinnern. Ich bin eigens nach Quantico geflogen und habe mich von Julia hypnotisieren lassen, nur für den Fall, dass ich was verdrängt haben sollte. Aber sie sagt, sie hätte nichts zu Tage gefördert.«
    Wieder Schweigen. Harper fegte nicht vorhandene Krümel vom Tisch und nickte. »Na schön. Dann sind wir eben umsonst hier gewesen.«
    »Tut mir Leid«, entschuldigte sich Alison.
    »Nichts ist umsonst«, sagte Reacher. »Auch Nieten können ganz nützlich sein. Und der Kaffee war große Klasse.«
    »Möchten Sie noch einen?«
    »Nein«, erwiderte Harper. »Wir müssen aufbrechen.«
    »Okay.« Sie stand auf, geleitete sie durch die Diele und hielt ihnen die Tür auf.
    »Lassen Sie niemanden rein«, warnte Reacher.
    Alison lächelte. »Ich werde mich hüten.«
    »Ich mein’s

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