Zeit der Rache - Zeit der Liebe
keine Story. Wenn die Fotos, auf denen er sie küsste, in den Medien erschienen, würde ihr niemand mehr glauben. Sie würde sich zum Gespött der Leute machen – falls der Artikel überhaupt gedruckt wurde.
Sie war bereit gewesen, auf das Porträt und damit auch auf ihre Beförderung zu verzichten und somit auch auf die Möglichkeit, besser für ihren Vater sorgen zu können, allerdings nur, wenn sie Alexander Koutoufides an den Pranger hätte stellen können. Und das war nun nicht mehr möglich.
Sich an ihm zu rächen, wäre es ihr beinah wert gewesen, alles zu verlieren. Aber wenn sie den Artikel nicht schrieb, würde ihr nichts mehr bleiben. Keine Vergeltung. Keine Wiedergutmachung. Keine Genugtuung.
„Du hast diese blöde Geschichte mit der Verlobung erfunden!“
Alex zuckte kaum mit der Wimper. „Ja, natürlich. Dachtest du etwa, du könntest mir die ganze Zeit damit drohen, zu verbreiten, was damals passiert ist?“
Saskia schluckte und überlegte fieberhaft. Dann wurde ihr klar, dass sie jetzt nur noch bluffen konnte.
„Es ändert überhaupt nichts. Ich werde trotzdem allen zeigen, wie berechnend du bist. Ich sage ihnen, dass du die Verlobung nur erfunden hast, um Marlas Spuren zu verwischen.“
„Und wer soll dir das glauben? Niemand wird dich ernst nehmen.“
„Wenn ich schreibe, was du mir damals angetan hast, schon. Ich war erst siebzehn.“
„Und warum solltest du den Mann heiraten, der dir so übel mitgespielt hat?“
„Du Mistkerl! Ich werde schon dafür sorgen, dass man mir glaubt.“
„Und das Risiko eingehen, dass du noch mehr als Opfer dastehst? Jeder wird annehmen, wir hätten uns gestritten und du wolltest mir einen Denkzettel verpassen. Ich gebe zu, dass es peinlich wäre, aber es würde wohl kaum meinem Ruf schaden. Du hingegen …“
Alex zog eine Braue hoch und schlug lässig die Beine übereinander. Als sie immer noch nicht reagierte, fügte er hinzu. „Du siehst aus, als könntest du jetzt einen Drink gebrauchen. Warum setzt du dich nicht?“
„Ich hasse dich“, stieß Saskia hervor. Allerdings war ihr klar, dass sie sich etwas anderes ausdenken musste, wenn sie sich an ihm rächen wollte. Also nahm sie wieder Platz. „Ich finde es abscheulich, wie du deine Mitmenschen behandelst, und wie du sie und ihre Träume zerstörst. Und dass du glaubst, die Welt würde dir gehören.“
Ausdruckslos betrachtete er den Rest in seinem Glas, bevor er dies in einem Zug leerte. „Ich glaube, es war mir lieber, als ich dich geküsst habe.“
Sie versuchte den Schauer zu ignorieren, der ihr über den Rücken rieselte. „Und was soll das heißen?“
„Es war der einzige Moment, in dem du nicht mit mir gestritten hast.“
Einen Augenblick lang konnte sie sich nicht rühren. Natürlich hatte ihm der Kuss überhaupt nichts bedeutet. Was hatte sie denn von ihm hören wollen?
„Dann behalte ihn in guter Erinnerung“, konterte sie. „Denn es wird garantiert nicht wieder vorkommen.“
Saskia schreckte aus ihren Träumen und setzte sich abrupt auf, als die schwarze Limousine anhielt und der Chauffeur darauf wartete, dass das Tor sich öffnete. Dahinter sah sie hohe Pinien, die sich gegen den blauen Himmel abzeichneten, und ein großes Steingebäude.
„Sind wir schon in Lake Tahoe?“
„Oh, du bist wach. Dann brauchst du meine Schulter ja nicht mehr“, sagte Alex neben ihr.
Entsetzt wandte sie sich um. Machte er Witze? Doch sein Gesichtsausdruck war ernst, und sie stellte fest, dass Alex dicht neben ihr saß und den Arm auf die Rücklehne gelegt hatte. Sie hatte sich tatsächlich an ihn geschmiegt, und das wohlige Gefühl, das sie noch immer empfand, rührte von seiner Nähe her.
Obwohl es noch nicht einmal Mittag war, musste sie irgendwann während der Fahrt auf der Interstate eingenickt sein. Der Flug wäre ganz angenehm gewesen, wenn Alex sie nicht die meiste Zeit wie Luft behandelt hätte. Als sie in San Francisco eingestiegen waren, hatte sie sich so weit wie möglich von ihm entfernt hingesetzt.
„Ich bin eingeschlafen“, erklärte Saskia, um keinen Zweifel daran zu lassen, dass sie sich sonst niemals an ihn gelehnt hätte. Da Alex unrasiert war, wirkte sein Gesicht noch markanter, und schnell blickte sie aus dem Fenster, um ihr Unbehagen zu verbergen.
„Das ist mir klar“, meinte er, während der Chauffeur zum Haus fuhr. „Redest du eigentlich immer im Schlaf?“
Abrupt drehte sie sich wieder zu ihm um. „Was habe ich denn gesagt? Wie sehr ich dich
Weitere Kostenlose Bücher