Zeit der Raubtiere
Schlüsselbein entlang. Er sah zu, wie sie ihn im Spiegel betrachtete. Ihre Haut fühlte sich weich und ein bisschen feucht an.
Nick saß reglos da, atmete kaum. Ihre grünen Augen waren wie nasses Gras. Sie schob seine Hand weg und sagte: »Hör auf.«
Der Jachtclub war erfüllt von Gelächter und dem Klang klirrender Gabeln, einem Meer aus blauen Blazern und Seidenkrawatten.
»Da sind sie«, sagte Nick.
Dolly Pritchard stand da und winkte mit verquält verzogenem Gesicht.
»Arme Dolly«, sagte Nick, während sie den Tisch im hinteren Teil des Raums ansteuerten, der auf den Hafen ging.
»Wie heißt er eigentlich, dieser Gast?«
»Henry? Hank? Ich weiß nicht mehr. Irgendein Kollege von Rory.«
»Also wieder so ein geistsprühender Abend, an dem es nur um das Pritchard’sche Familienunternehmen geht.«
Nick lachte, schlug aber sofort ihre behandschuhte Hand vor den Mund. »Ja, ich weiß. Ein einziges weiteres Wort über Investitionen, und ich schütte ihm meinen Drink ins Gesicht.«
»Du schüttest und läufst weg, ich halte sie auf.« Hughes senkte die Stimme, denn sie hatten den Tisch fast erreicht.
»Mein Held«, flüsterte ihm Nick ins Ohr, und die sanfte Wärme ihres Atems erregte ihn.
Während der Begrüßung blieb Hughes bewusst hinter Nick stehen und verlagerte jeweils entsprechend sein Gewicht.
»Nick, du siehst umwerfend aus«, sagte Dolly Pritchard und ergriff Nicks Hand. »Und Hughes flott wie immer.«
»Hallo, Dolly«, sagte Hughes und küsste sie auf die Wange.
Dolly Pritchard erinnerte ihn immer an Eleanor Roosevelt, sie war genauso groß und hatte dasselbe Pferdegebiss, dazu die gleiche Offenheit und Geradlinigkeit. Sie war zugegebenermaßen attraktiver, auf jeden Fall aber der scharfsinnige, bodenständige Typ Frau, für den eine heitere Neugier zum Leben gehörte. Sie gefiel ihm ungemein. Nicht, dass er Rory nicht mochte, aber der besaß nicht annähernd die Pfiffigkeit seiner Frau. Rory sen., Rory Pritchards Vater, hatte eine Investmentfirma gegründet, die zunächst nur das Geld der Familie verwaltete. Rory jun. hatte das Unternehmen auf Familien ausgedehnt, die auch sein Vater gutgeheißen hätte. Er war zweifellos ein schlauer Bursche, konnte allerdings sehr langatmig werden, wenn es ums Geschäft ging.
»Das ist Harry Banks«, sagte Dolly und legte ihrem Gast die Hand auf die Schulter. »Harry – Nick und Hughes Derringer.«
»Harry hilft uns bei der Gestaltung unserer neuen Büros«, erklärte Rory und rückte seiner Frau einen Stuhl zurecht.
»Brillanter Architektennachwuchs!«, sagte Dolly.
Harry Banks wirkte ein bisschen jung für einen Architekten, selbst wenn er nur Nachwuchs war.
»Jetzt muss ich aber rot werden, Dolly.« Harry Banks schenkte seiner Gastgeberin ein Lächeln.
»Unsinn«, entgegnete Dolly. »Sie machen niemandem etwas vor. Und ich glaube nicht, dass es viele Gelegenheiten gibt, bei denen Sie rot werden.«
Hughes verkniff sich ein Grinsen, aber Nick lachte. »Ach du lieber Himmel, und so etwas mussten Sie sich das ganze Wochenende über gefallen lassen, Mr. Banks?«
»Harry, bitte.« Der Architekt lächelte Nick an, und Hughes registrierte, wie die Augen des Mannes seine Frau musterten, ihr gelbes trägerloses Kleid, die Rundung ihrer Brüste, die ein wenig aus dem luftigen Stoff hervorragten. »Ja, es stimmt, Dolly leistet ganze Arbeit, wenn es darum geht, mich in meine Schranken zu weisen. Es ist ein wahres Vergnügen, ihr dabei zuzusehen.«
»Es reicht, Harry«, sagte Dolly. »So, was wollen wir denn trinken?«
Hughes bestellte einen Gin Tonic für sich und für Nick einen Wodka-Martini in Erinnerung an den Shaker, den sie ins Bootshaus gebracht hatte. Er wusste selbst nicht, was er ihr damit zu zeigen versuchte, eine Art Entschuldigung oder ein Zeichen gemeinsamer Intimität, und er sah ihr ins Gesicht, um herauszufinden, ob sie es bemerkte. Ihr Mund hatte sich zu einem angedeuteten Lächeln geöffnet, das von ihren weißen Zähnen nur wenig zeigte. Doch während er sie betrachtete, glitt ihr Blick über seine Schulter, und ihre Züge wurden hart.
Als Hughes sich umdrehte, sah er Frank Wilcox, der seine Frau am Ellbogen führte, den Raum durchqueren. Etta Wilcox presste die Lippen zu einem dünnen, harten Strich zusammen. Ihr Mann dagegen trat wie eine Imitation seiner selbst auf, indem er breit grinsend und gut gelaunt in die Runde blickte.
Am Tisch war es still geworden. Hughes sah, dass alle auf das näher kommende Paar starrten.
Weitere Kostenlose Bücher