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Zeit der Raubtiere

Zeit der Raubtiere

Titel: Zeit der Raubtiere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Klaussmann
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Badeanzug, mit dem ich immer die Nachbarinnen geärgert habe.«
    Hughes hatte keine Ahnung, wovon sie sprach. Florida war wie ein böser Traum, an den er sich kaum mehr erinnern konnte, den ihre Bemerkung aber in groben Umrissen zurückbrachte. Er schob den Gedanken von sich. Er wollte jetzt nicht an Florida oder an seine Traurigkeit oder an Eva denken. Er wollte, dass Nick den Badeanzug auszog, damit er sie nackt sehen konnte.
    Doch sie begann den Korb auszupacken, holte zwei Sandwiches mit Käse und Senf und einen Shaker mit Martini-Cocktail heraus.
    Dann nahm sie ein Bootskissen von der Wand, setzte sich darauf und schlug züchtig die Beine übereinander. Hughes nahm neben ihr Platz, aber nicht zu nah. Nick füllte zwei Plastikbecher mit Cocktails und reichte Hughes einen.
    Schweigend saßen sie da. Nick biss von ihrem Sandwich ab. Hughes warf ihr hin und wieder einen Blick aus den Augenwinkeln zu und fragte sich, was sie gerade dachte, warum sie ins Bootshaus gekommen war mit ihrem Picknick und dem roten Badeanzug und ihrem breiten Lächeln. Er hatte die seltsame Vorstellung, sie zu knacken wie eine Nuss, wie eine Krabbe zu schälen, um herauszufinden, was in ihr vorging.
    »Bricht der Regen die Hitzewelle, was meinst du?«, fragte sie.
    »Nein, so ein Gewitter war das nicht, glaube ich.«
    Der gekühlte Wodka ließ ihn erschaudern. Es war ein perfekter Martini-Cocktail, und er saß da und dachte darüber nach und über Nick und den Geruch der Farbe.
    Das Boot blitzte im Gewitterlicht auf, die wellige Oberfläche des Hafenwassers spiegelte sich auf ihm. Nick erhob sich mit dem Becher in der Hand und ging zur Jolle hinüber. Sie drückte sanft einen Finger auf den Rumpf und strich, da die Farbe trocken war, mit der Hand darüber, so wie Hughes es kurz zuvor getan hatte. Ihre Unterlippe schmiegte sich an den Becherrand, und sie trank einen Schluck. Dann setzte sie sich wieder und lehnte den Kopf an die Wand. Der Regen hatte sich etwas beruhigt, aber vom Dach her war noch immer das sanfte Trommeln der Tropfen zu hören.
    »Schon komisch, oder?«, sagte Nick nach einer Weile. »Da hast du es so gehasst, im Krieg auf diesem Schiff zu sein und danach so viel darauf arbeiten zu müssen, und jetzt verbringst du ganze Nachmittage damit, mutterseelenallein an einem Boot herumzuwerkeln.«
    Hughes sah sie an, doch ihr Blick war auf den Hafen gerichtet. Er wollte etwas sagen, fand aber keinen Anfang. Während er noch nach Worten rang, stand sie auf und strich sich die Krümel von den braunen Beinen.
    »Ich gehe jetzt, damit du weitermachen kannst.« Sie nahm den Korb und die Becher und ging, ohne einen Blick zurückzuwerfen. Bei jedem Schritt blitzten ihre weißen Fußsohlen über den grauen Bodenbrettern auf.
    Und schon saß er wieder allein im Bootshaus und wusste nichts zu sagen.
     
    Kaum hatte Hughes das frisch gewaschene Hemd für das Abendessen angezogen, begann er es vollzuschwitzen. Das Treffen mit den Pritchards im Jachtclub stand seit langem an. Er hatte versucht, Nick zu einer Absage zu bewegen, aber sie war unerbittlich geblieben.
    »Das können wir nicht machen, Hughes. Ich weiß, die Hitze ist höllisch, aber wir müssen da wirklich hin. Sie haben gerade irgendeinen anstrengenden Gast im Haus, und ich habe Dolly versprochen, dass wir sie ein bisschen entlasten, entweder im Jachtclub oder hier.« Sie saß an ihrem Frisiertisch, in einem gelben Kleid, das er noch nie gesehen hatte.
    »Na, dann muss ich wenigstens nicht wieder die Hausbar auffüllen«, sagte Hughes und wandte den Blick ab. »Mir reicht schon Helenas Konsum.«
    »Sei nicht so gemein!«, erwiderte Nick in scharfem Ton. »Helena hat keinerlei Probleme, die sich nicht mit einer ordentlichen Scheidung lösen ließen.«
    »Es ist nicht nur das, und das weißt du«, entgegnete Hughes gereizt.
    »Ich will nicht darüber sprechen«, sagte Nick und rückte ihren Ohrring zurecht. »Sie ist einfach müde.«
    Auch Hughes wollte eigentlich nicht darüber sprechen. Er wusste, dass es nicht nur der Whiskey und die Hitze waren. Seit er da war, hatte er schon einige Male gesehen, wie Helena ein Silberdöschen aus ihrer Handtasche holte und eine Tablette daraus schluckte, wenn sie sich unbeobachtet glaubte.
    Nick ergriff einen Parfumflakon, stellte ihn aber sofort wieder zurück.
    »Es ist zu heiß für Parfum«, erklärte sie und ertappte ihn dabei, dass er ihr Spiegelbild anstarrte.
    Hughes ging zu ihr und fuhr mit der Innenseite des Handgelenks an ihrem

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