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Zeit der Raubtiere

Zeit der Raubtiere

Titel: Zeit der Raubtiere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Klaussmann
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Abendgesellschaft blieben noch ein paar Minuten, und Hughes ging in den blauen Salon, um sich einen Drink zu machen.
    »Hallo.« Er trat zu den Sesseln, auf denen seine Frau und ihre Cousine saßen, beugte sich hinunter und gab jeder einen Kuss auf die Wange. »Ihr seht zauberhaft aus.«
    Nick trug ein mit Goldfäden durchzogenes Kleid von der Farbe des Abendhimmels. Sie strahlte.
    »Hallo, Liebling.«
    »Du hattest recht«, sagte Hughes. »Das Kleid ist wirklich sensationell.«
    Helena stand auf und ging zur Bar.
    »Das übernehme ich«, sagte Hughes, aber sie winkte ihn weg, und er setzte sich neben Nick, die ihn anlächelte.
    »Wie du aussiehst – einfach …«, flüsterte er ihr ins Ohr.
    »Wie denn?«, flüsterte sie zurück.
    »Ich weiß nicht … Es zerreißt mir das Herz.«
    Sie bog den Kopf leicht nach hinten und öffnete ein wenig den Mund. Er wünschte sich, dass Helena verschwand, dass die Party verschwand und er einfach nur hier mit ihr sitzen und ihre Süße einatmen könnte, bis alle Uhren stehenblieben.
    Als die Pritchards eintrafen und kurz darauf die Smith-Thompsons, konnte sich Hughes kaum auf das Gespräch konzentrieren. Doch nach einiger Zeit spürte er, dass sein Glücksgefühl nicht auf einen Menschen, eine Sache beschränkt war, sondern sich ausweitete – auf Helena, auf seine Freunde und den heißen Sommerabend, auf die Vorfreude auf die Party. Nick hatte Count Basie aufgelegt, und das An- und Abschwellen der Jazzmusik füllte das Wohnzimmer zusammen mit dem fröhlichen Klang der klirrenden Eiswürfel.
    Er beobachtete, wie seine Frau zwischen den Gästen hin und her ging, hier die Hand auf Dollys Arm legte, dort an Caros Taille, wie sie den Kopf senkte und sich konzentriert anhörte, was Arthur ihr zu sagen hatte, und dann über Rory lachte, der seinen Drink auf den Orientteppich verschüttete. Alles fühlte sich gut und richtig an. Als würde es immer so bleiben.
    Es blieb nur bis zum Abendessen so, bis das Gespräch auf Frank Wilcox und den verdammten Mord kam. Dolly hatte das Thema aufgebracht, und Caro hatte irgendetwas Dummes gesagt, von wegen das Mädchen habe sich einen dicken Fisch angeln wollen. Da war irgendetwas in Nick gefahren, so dass sie ihren Gästen praktisch vorwarf, an dem Verbrechen mitschuldig zu sein.
    Hughes hatte abzuwiegeln versucht, hatte Wein nachgeschenkt und herumgewitzelt, doch ihm wurde klar, dass mit Nick an diesem Abend nicht mehr zu rechnen war. Es machte ihn wütend. Caro war nett, aber ein Einfaltspinsel, und Nick hatte nicht den geringsten Grund, wegen einer törichten, flapsig dahingesagten Bemerkung alles zu ruinieren.
    Als die Gäste nach dem Essen hinausgegangen waren, um sich unter die allmählich größer werdende Menge auf dem Rasen zu mischen und sich die erste Nummer der Band anzuhören, fing Hughes Nick in einer Ecke der Veranda ab.
    »Was ist los, Nicky?«
    »Was soll los sein?« Sie sah ihn nicht an.
    »Beim Abendessen.«
    »Tut mir leid.« Sie zwirbelte den Stoff ihres Kleids zwischen den Fingern. »Ich kann nichts dafür. Immer wenn ich an dieses arme Mädchen denke, bekomme ich keine Luft mehr.«
    Hughes sah, dass sie den Tränen nahe war. »Ist ja gut. Mein Gott. Es ist in Ordnung. Reg dich nicht auf!«
    »Ich rege mich aber auf, verdammt noch mal.« Sie wandte sich zu ihm. »Warum willst du nicht verstehen, was da passiert ist? Spürst du es nicht? Als ob alles Gute … Als ob alles plötzlich etwas anderes bedeutet. Als ob alles damit angesteckt ist. Warum siehst du das denn nicht?«
    »Nick, du darfst dich nicht hineinsteigern. Er ist einfach ein Scheißkerl, und was mit dem Mädchen passiert ist, ist tragisch. Aber mehr auch nicht. Es bedeutet nicht mehr und nicht weniger.«
    Nick sah ihn an, als hätte er in einer Fremdsprache gesprochen. Dann begann sie langsam zu nicken. »Ja, natürlich, du hast recht, Liebling. Ich benehme mich kindisch.«
    Er spürte, dass sie ihm noch mehr entglitt, aber er konnte nichts dagegen tun.
    »Wir sollten nach unseren Gästen sehen«, erklärte sie forsch und glättete eine unsichtbare Falte in ihrem Kleid. »Es spricht nicht gerade für eine Party, wenn die Gastgeberin auf der Veranda einen Weinkrampf erleidet.«
    »Die Gastgeberin ist perfekt«, sagte Hughes. »Vielleicht fehlt ihr nur ein Glas Champagner.«
    Er bot ihr den Arm, geleitete sie zum Rasen und holte an der Bar zwei Gläser Champagner. Als er dorthin zurückkehrte, wo sie stehen geblieben war, war sie verschwunden.
    Während er das

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