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Zeit der Raubtiere

Zeit der Raubtiere

Titel: Zeit der Raubtiere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Klaussmann
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du weißt schon. Aber eigentlich war ich schuld daran.«
    Daisy wollte unbedingt mehr über diesen spannenden Zwischenfall erfahren, vor allem, ob er sich in Hollywood ereignet hatte, aber ihre Mutter interessierte das offenbar nicht.
    »Dein Mann ist ein Narr«, sagte sie. Daisys Mutter machte sich nicht die Mühe zu flüstern. »Ein gottverdammter Narr, und er kann von Glück reden, dass er dich gekriegt hat.«
    Daisy sah Ed an. Er wirkte unbeteiligt, aber seine Augen waren kaum merklich dunkler geworden, so wie immer, wenn er sich auf etwas konzentrierte.
    »Ach, ich weiß ja auch nicht«, sagte Tante Helena, und obwohl Daisy nur ihren Hinterkopf sehen konnte, war klar, dass ihre Tante gleich weinen würde.
    »Das geht nun schon seit Jahren so, Helena!«
    Daisy zupfte Ed am Arm. »Komm, wir hauen ab«, flüsterte sie.
    Ihre Mutter drehte abrupt den Kopf und spähte zum Fenster hinüber, wo Daisy und Ed horchten.
    »Seid ihr da irgendwo, ihr zwei?«, fragte sie, als wäre es das Normalste von der Welt, dass sie lauschten.
    »Wir gehen zum Achterdeck«, sagte Daisy hastig, trat aus der Eingangstür und ging auf die Veranda hinaus.
    Ed folgte ihr langsam nach.
    »In Ordnung. Ihr könnt fünfzig Cent aus meiner Handtasche nehmen und euch Muscheln kaufen.«
    Als keiner von beiden Anstalten dazu machte, sagte sie noch: »Sie liegt in der Küche«, und warf Daisy einen Blick zu.
    Tante Helena hatte das Gesicht abgewandt. Sie hielt ein Glas Scotch in der Hand. Solange Daisy zurückdenken konnte, hielt ihre Tante ein Glas Scotch in der Hand. Immer wenn Daisy der Geruch aus den Karaffen in der Bar ihres Vaters in die Nase stieg oder er beim Gutenachtkuss nach Scotch roch, sah sie Tante Helena vor sich, blond und weich. Normalerweise trank ihr Vater Gin Tonic. Das wusste Daisy, weil er ihr manchmal erlaubte, ihm einen zu machen. Sie liebte die Bar mit den vielen verschiedenen Rührstäbchen, ein Regenbogen aus buntem Glas. Die schönen Kristallkaraffen von ihrer Großmutter, jede mit einer Silberplakette, auf der in Schnörkelschrift der Name des Getränks eingraviert war. Ihr Vater hatte ihr beigebracht, erst den Gin ins Glas zu geben, dann das Eis. Zum Schluss gießt du mit Tonicwater aus der gläsernen Sodaflasche auf, drückst ein Limonenviertel darüber aus und wirfst es ins Glas. Daisy liebte es, wenn der Tonic ein zweites Mal aufzischte, während die Limone darin versank.
    »Jetzt komm schon!«, sagte Daisy zu Ed.
    »Los, Ed«, rief ihre Mutter, »leiste deiner Cousine Gesellschaft! Deine Mutter und ich wollen uns ein bisschen auf den neuesten Stand bringen.«
    Ed drehte sich wortlos um und trottete ins Haus zurück. Daisy folgte ihm durch die Eingangshalle in die Sommerküche, eine große, helle Angelegenheit mit einem großen weißen Herd, den Daisy nicht anrühren durfte. Sie war luftiger als die enge Winterküche, die man längst zur Wäschekammer umfunktioniert hatte. Auf der anderen Seite der Eingangshalle, gegenüber der Küche, befand sich ein Wintergarten. Er ging auf die Zufahrt und den hinteren Rasen, der von den blauen Hortensien ihrer toten Großmutter eingefasst war. (Daisys Mutter hatte gesagt, blaue Hortensien seien selten und die Farbe rühre daher, dass ihre Großmutter sie immer mit Kaffeesatz gemulcht habe.)
    »Nicht zu fassen – sie hat nicht wegen meiner Shorts gemeckert«, sagte Daisy, während sie das Portemonnaie ihrer Mutter herausholte.
    »Wen interessieren schon deine Shorts«, gab Ed zurück.
    »Wenn du wüsstest«, sagte Daisy verlegen und begann »Poison Ivy« zu summen. »Kann’s losgehen?«
    Ed sah sie schweigend an. Seine Augen erinnerten Daisy an die silbrige Haut der kleinen Fische im Anglerladen.
    »Ach, wird schon nicht so schlimm sein.« Daisy scharrte mit den Schuhen an der Sockelleiste der Küchentheke. »So reden die Leute doch ständig daher.«
    »Wer redet ständig so daher?«
    »In Filmen auf jeden Fall.« Sie betrachtete Eds Augen und fragte sich, ob er vielleicht auch verrückt war. »Ist doch alles nur Gerede.«
    Sollen die Leute reden – eine Dame hört gar nicht hin.
    »Du hast doch keine Ahnung«, sagte Ed. »Jedenfalls keine Ahnung von Hollywood. Da geht es nämlich anders zu.«
    »Ich finde, wir sollten uns keine Gedanken mehr darüber machen, sondern endlich losgehen. Wir können das mit den Fahrrädern auch lassen und gemütlich hinspazieren, wenn du willst.«
    Beim Achterdeck liefen Kinder herum, lachten miteinander und aßen Hotdogs aus dem Wachspapier und

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