Zeit der Skorpione: Laura Gottberg ermittelt (German Edition)
Jacke, ging zum Schreibtisch und nahm den Hörer ab.
«Ja?»
«Frau Hardenberg?»
«Ja?»
«Hier ist Susanne Ullmann. Ich muss dringend mit Ihnen sprechen. Kann ich zu Ihnen kommen?»
«Jetzt gleich?»
«Ja, jetzt gleich.»
«Worum geht es denn?»
«Das kann ich am Telefon nicht sagen.»
«Im Augenblick passt es leider nicht. Ich habe eine Verabredung.»
«Es ist wirklich dringend!»
«Welche Nummer haben Sie? Ich werde versuchen, meine Verabredung zu verschieben.»
«225.»
«Ich rufe gleich zurück.» Laura legte auf und wandte sich zu Silvia Hardenberg um, die inzwischen die Hände vom Gesicht genommen hatte und sie verwirrt ansah.
«Wer war das?»
«Susanne Ullmann.»
«Sie ist die Privatsekretärin meines Mannes und hat ihn zum Gespräch mit dem Chef der Banca libera begleitet. Ich muss unbedingt mit ihr sprechen. Bisher konnte ich das nicht, weil sie ununterbrochen von der Polizei verhört wurde. Sie hat mich darüber informiert, dass mein Mann tot ist. Nicht die italienische Polizei und nicht die deutsche!»
«Gut, dann sprechen Sie mit ihr. Aber nicht in diesem Zimmer und auch nicht im Zimmer von Frau Ullmann, sondern an einem neutralen Ort. Zum Beispiel in der kleinen Bar, die an das Foyer angrenzt. Um diese Zeit ist dort kein Mensch. Rufen Sie sie an, die Nummer ist 225.»
«Rufen Sie sie an! Ihre Stimme klingt doch ganz anders als meine!» Silvia Hardenberg war wie verwandelt, wirkte plötzlich hellwach und konzentriert. Sie stand auf, überprüfte ihr Aussehen in einem der vielen Spiegel, zog sich die Lippen nach und legte einen Hauch Puder auf, um die Tränenspuren zu überdecken.
Laura zuckte die Achseln, wählte die Nummer von Susanne Ullmann und schlug ihr den neuen Treffpunkt vor. Nach einigem Hin und Her erklärte sie sich einverstanden, um zehn vor vier in die Bar zu kommen. Als Laura aufgelegt hatte, fragte sie: «Werden Sie Ihre Tochter mit zu diesem Gespräch nehmen?»
«Nein.»
«Aber sie kann nicht allein bleiben. Dieses Zimmer müssen wir abschließen, damit die Spurensicherung es untersuchen kann. Ich würde also vorschlagen, dass Sie, Natali, mit mir im Foyer auf die Rückkehr Ihrer Mutter warten. Bis dahin wird sicher auch der Commissario eintreffen. Falls Susanne Ullmann misstrauisch wird und mich und Natali bemerkt, dann bin ich eben eine Freundin der Familie, die zur Unterstützung angereist ist.»
«Aber wozu denn das alles?» Silvia Hardenbergs Stimme überschlug sich. «Ich will doch nur mit der Privatsekretärin meines Mannes reden! Was soll daran gefährlich sein? Ich verstehe Sie nicht, Frau Kommissarin.»
«Es gehört zu meinem Beruf, in bestimmten Situationen besonders vorsichtig zu sein.»
«In bestimmten Situationen?»
«Genau.»
«Und so eine Situation ist eingetreten?»
«So ist es.»
«Ja, dann gehen wir besser. Es ist zwölf Minuten vor vier.»
«Ja, gehen wir.»
Meinem Gefühl nach ist das hier sogar eine verdammt bestimmte Situation, dachte Laura, und plötzlich fürchtete sie sich nicht mehr vor der Begegnung mit Guerrini. Es hatte auch keinen Sinn mehr, ihn anzurufen, er würde ohnehin gleich hier sein.
Als Guerrini gemeinsam mit Capitano Maltempo und den beiden Carabinieri in Zivil die Hotelhalle betrat, fiel sein Blick sofort auf Laura, obwohl die Sesselgruppe, in der sie sich niedergelassen hatte, sehr weit vom Eingang entfernt war. Sie schien in einem Magazin zu blättern, hielt den Kopf leicht gebeugt. Das halblange Haar fiel in weichen Locken nach vorn und verbarg den größten Teil ihres Gesichts.
Wenn ich allein wäre, würde ich einfach zu ihr gehen und sie in die Arme nehmen, dachte er. Sie ist wirklich da, hier in Florenz, und sie scheint sogar meine Anweisungen befolgt zu haben. Vielleicht ist das alles tatsächlich ein Ergebnis meines Nicht-Tuns. Er hatte auch an diesem Vormittag das Nicht-Tun praktiziert, indem er Massimos Anwalt mitteilen ließ, dass er keine Zeit hätte, mit ihm zu sprechen, und an eventuellen Angeboten seines Klienten derzeit nicht interessiert sei.
Jetzt hob Laura den Kopf und schaute sich suchend in der Lobby um. Als sie ihn entdeckte, verharrte sie einen Moment reglos, nickte dann kurz und sprach mit einer jungen Frau, die neben ihr saß. Der magische Augenblick war vorüber.
«Da drüben sitzt die Kollegin aus München», wandte sich Guerrini an Capitano Maltempo. «Bin gespannt, was sie uns von ihren Ermittlungen erzählen wird.» Kurz grüßte er zu Lucrezio Danova hinüber, der etwas unwillig
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