Zeit der Skorpione: Laura Gottberg ermittelt (German Edition)
Sie mich? Weshalb geben Sie sich als meine Freundin aus?»
«Entschuldigen Sie bitte. Ich wollte hier im Hotel kein Aufsehen erregen. Mein Name ist Laura Gottberg, Kripo München.»
«Zeigen Sie mir bitte Ihren Ausweis.»
Laura zog ihren Polizeiausweis aus der Seitentasche ihres Rucksacks und reichte ihn Hardenbergs Witwe. Ihre Tochter war inzwischen ebenfalls herangekommen und starrte gemeinsam mit ihrer Mutter auf Lauras Ausweis.
«Kripo München? Ich verstehe nicht. Sind Sie mir nachgereist? Ist hier nicht die italienische Polizei zuständig? In einer knappen Stunde habe ich eine Verabredung mit dem Commissario, der den Tod meines Mannes untersucht …» Sie hustete. «Bitte erklären Sie mir, was hier vor sich geht.»
«Genau das versuchen ich und Commissario Guerrini zu klären, Frau Hardenberg. Ich werde an dem Gespräch teilnehmen, das der Commissario mit Ihnen führen will. Bis dahin möchte ich Sie und Ihre Tochter bitten, auf Ihr Zimmer zu gehen, die Tür abzuschließen und mit niemandem zu sprechen. Auch nicht mit Susanne Ullmann.»
«Dürfte ich wissen, warum?» Silvia Hardenberg war sehr blass und älter, als Laura von weitem geschätzt hatte. Um ihren Mund lag ein bitterer Zug, vielleicht sogar eine gewisse Härte. Trotzdem war sie eine schöne Frau mit erstaunlich schrägen Augen, die sie auch ihrer Tochter vererbt hatte. Ihr dunkles Haar zeigte wenige graue Strähnen, die ihr ein besonders elegantes Aussehen verliehen.
«Es ist zu Ihrer eigenen Sicherheit und der Ihrer Tochter.» Laura hatte eigentlich erwartet, dass Silvia Hardenberg widersprechen würde, doch stattdessen nickte sie.
«Ja, Sie haben wohl recht.»
«Ich werde Sie jetzt nach oben begleiten und vor Ihrem Zimmer warten, bis der Commissario eintrifft.»
«Ist es so ernst?» Für einen Moment flackerte in ihren Augen so etwas wie Angst auf, doch sie fasste sich schnell wieder.
«Ich weiß es nicht, Frau Hardenberg. Aber es ist sicher besser, vorsichtig zu sein.»
«Mehr wollen Sie mir nicht sagen?»
«Nein, im Augenblick nicht.»
«Dann gehen wir nach oben, ja? Ich muss mich unbedingt ein bisschen ausruhen, ehe der Commissario kommt. Es war sehr anstrengend heute Morgen. Komm, Natali!» Sie griff nach dem Arm ihrer Tochter und wandte sich um.
Schweigend fuhren sie mit dem Aufzug in den dritten Stock, und Laura begleitete die beiden Frauen zu ihrem Zimmer. Sie wartete, bis Natali Hardenberg die Tür aufgeschlossen hatte, und sah sich dabei nach der von Palmen umstandenen Sitzgruppe um, die es auch auf dieser Etage gab, als Natali einen Schrei ausstieß.
«Jemand war hier im Zimmer!»
Mit zwei Schritten war Laura neben ihr und Silvia. Alle Türen des großen antiken Schranks standen weit offen, die Schubladen der Kommoden lagen umgedreht auf dem Boden, die beiden Betten waren zerwühlt, der kleine Tresor aufgebrochen. Silvia Hardenberg ließ sich auf einen Sessel sinken und bedeckte ihr Gesicht mit beiden Händen.
«Haben Sie eine Ahnung, wer hier was gesucht haben könnte?», fragte Laura.
Hardenbergs Witwe schüttelte den Kopf, hielt noch immer die Hände vors Gesicht und beugte den Oberkörper weit vor, als wolle sie sich auf den Boden werfen. Schweigend legte Natali die Arme um ihre Mutter und sah Laura vorwurfsvoll an, als hätte diese das Zimmer durchsucht.
«Bene, dann bleibt uns jetzt nichts anderes übrig, als die Carabinieri zu verständigen.» Laura zog wieder ihr Handy aus dem Rucksack.
«Aber Sie sind doch Polizistin, wozu brauchen wir die Carabinieri? Ich spreche kaum italienisch … ich kann das alles nicht mehr ertragen!»
Laura ging neben Silvia Hardenberg in die Hocke und legte eine Hand auf ihre Schulter. «Ich kann sehr gut verstehen, dass Sie verzweifelt sind, Frau Hardenberg. Sie haben Ihren Mann verloren und dürfen ihn vorerst nicht beerdigen, niemand kann Ihnen sagen, was genau geschehen ist, und nun das hier.»
Silvias Schultern begannen zu zucken, sie schluchzte kaum hörbar, und als Laura zu Natali aufsah, liefen auch der jungen Frau Tränen übers Gesicht.
«Konnten Sie sich von Ihrem Mann verabschieden, Frau Hardenberg?»
Wieder schüttelte sie den Kopf und dann den ganzen Oberkörper. «Man hat uns gesagt, dass die Leiche noch nicht freigegeben ist.»
«Der Commissario wird sich darum kümmern, das verspreche ich Ihnen!»
Das Telefon auf dem kleinen Schreibtisch klingelte, und sie zuckten alle drei zusammen. Langsam richtete Laura sich wieder auf, zog ein Taschentuch aus ihrer
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