Zeit der Skorpione: Laura Gottberg ermittelt (German Edition)
dilettantisch und gefährlich. Sie musste herausfinden, ob sich Polizisten im Hotel befanden oder ob es sich um irgendwelche Unbekannten handelte, die ebenfalls an der Überwachung von Susanne Ullmann und Hardenbergs Witwe interessiert waren.
«Pronto.»
Guerrinis Stimme klang so nah, dass Laura beinahe das Telefon fallen ließ und nicht sofort antworten konnte.
«Pronto! Wer ist denn da?»
«Hier ist Laura.»
«Wo bist du?»
«Ich sitze im Foyer vom Hotel Palladio.»
«Wie kommst du da hin?»
«Mit Flugzeug und Taxi.»
Diesmal machte Guerrini eine etwas längere Pause.
«Warum sitzt du da?»
«Weil ich eine bestimmte Vermutung habe.»
«Warum teilst du uns deine Erkenntnisse nicht mit, statt Tommasini unbegründete Anweisungen zu geben?»
«Weil ich bisher nicht mit dir zusammenarbeite, sondern mit Staatsanwalt Cichetto und ich von deinen Erkenntnissen auch nichts weiß. Aber zu solchen Auseinandersetzungen haben wir jetzt keine Zeit. Ich muss wissen, ob hier im Hotel Polizisten in Zivil herumsitzen. Habt ihr die Überwachung von den Hardenbergs und Susanne Ullmann übernommen?»
«Ich bin gerade dabei, das mit Capitano Maltempo zu organisieren.»
«Dann ist also keiner von deinen Leuten hier im Palladio?»
«Bisher nicht.»
«Warum nicht?»
«Laura, du bist nicht in München!»
«Was heißt das?»
«Dass ich nicht auf eine unklare Meldung hin plötzlich rund um die Uhr eine Überwachung von ein paar Ausländerinnen anordnen kann. Zu deiner Beruhigung: Tommasini und ich haben letzte Nacht ein Auge auf die Damen gehabt. Es ist absolut nichts passiert, und sie haben bis heute Morgen ihre Zimmer nicht verlassen. Ich habe für heute Nachmittag mit Signora Hardenberg ein Gespräch verabredet. Derzeit ist sie mit ihrem Rechtsanwalt unterwegs. Wenn man in Italien ermordet wird, sind wichtige Formalitäten zu klären. Unsere Bürokratie ist doch weltberühmt. Hardenbergs Leiche wird frühestens in zwei Wochen freigegeben, sicher ist das aber noch lange nicht. Und jetzt wüsste ich gern, warum du in Florenz bist.»
«Ich glaube, dass Silvia Hardenberg in Gefahr ist.»
«In welcher?»
«Ich weiß es nicht genau, und ich kann es dir auch nicht am Telefon erklären.»
«Bene, in einer halben Stunde komme ich ins Palladio. Um vier bin ich mit Signora Hardenberg verabredet. Dann werden auch die Carabinieri in Zivil die Überwachung übernehmen. Maltempo hat zwei Leute abgestellt.»
«Hast du Silvia Hardenberg schon gesehen?»
«Nein, ich habe nur mit ihr telefoniert. Maltempo hat mit ihr gesprochen.»
«Hat er irgendwas gesagt? Ich meine, ist ihm etwas Besonderes aufgefallen?»
«Nein. Nur dass die Dame ziemlich aufgelöst wirkte, was ja verständlich ist.»
«Sie kommt gerade … ich muss Schluss machen.»
«Aspetta Laura! Ich möchte nicht, dass du jetzt sofort mit ihr sprichst. Mein Termin mit ihr ist in genau fünfzig Minuten. Wir werden Signora Hardenberg gemeinsam befragen! Hai capito?»
«Ma …»
«Nichts aber! Du wartest, bis ich komme!»
«Okay.»
«Ci vediamo.»
Er hatte das Gespräch beendet und sie behandelt, wie ein Commissario seine Untergebenen behandelt. Ein bisschen höflicher vielleicht. Und immerhin war er beim Du geblieben. Aber er hatte nichts Persönliches gesagt, seine Stimme war die ganze Zeit geradezu unerträglich sachlich geblieben. Zwei Ausländerinnen hatte er Silvia Hardenberg und Susanne Ullmann genannt. Sie selbst war auch Ausländerin, trotz italienischer Mutter. Wie schnell ein bisschen Wut das europäische Gemeinschaftsgefühl hinwegfegen kann, dachte Laura und spürte, wie ihre eigene Wut wuchs, allerdings nicht auf irgendwelche Ausländer, sondern ganz konkret auf Commissario Angelo Guerrini.
Sie steckte ihr Handy weg und beobachtete Silvia Hardenberg und ihre Tochter. Beide verbargen einen Großteil ihres Gesichts hinter dunklen Sonnenbrillen, die sie auch im Foyer nicht absetzten. Beide waren dunkelhaarig, groß und schlank, trugen schwarze elegante Hosenanzüge und hätten auch Schwestern sein können. Der Rechtsanwalt war nicht bei ihnen.
Silvia Hardenberg nahm den Zimmerschlüssel entgegen. Der hübsche Lucrezio schien ihr bei dieser Gelegenheit zu sagen, dass eine Freundin auf sie warte, denn sie drehte sich schnell um und kam zögernd auf Laura zu. Auf halbem Weg blieb sie stehen, mitten in der Halle, schob die Sonnenbrille auf ihr Haar und runzelte die Stirn.
Laura stand schnell auf und ging ihr entgegen.
«Frau Hardenberg?»
«Woher kennen
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