Zeit der Skorpione: Laura Gottberg ermittelt (German Edition)
dem letzten Krieg spielten, und das altmodische Paar passte genauso dazu wie die Samtsessel, die Blumengebinde in riesigen Vasen, die goldenen Stofftapeten, die gedämpften Geräusche.
Laura ließ sich in einen der Sessel sinken, lehnte sich zurück und schloss kurz die Augen. Es gibt Orte, an denen die Zeit angehalten wurde, dachte sie, oder die wie eine Zeitreise sind. Und ich bin völlig unkonzentriert, denke an alles Mögliche, nur nicht an das, was ich hier eigentlich will!
Sie machte die Augen wieder auf, schlug die Beine übereinander und winkte dem jungen Mann am Empfang. Die beiden mutmaßlichen Engländer verließen gerade durch die Drehtür das Hotel. Sie gingen hintereinander und hatten Mühe, die schwere Tür zu bewegen.
«Waren das Engländer?», fragte Laura, als der junge Mann vor ihr stand.
«Ja, wie kommen Sie darauf, Signora?»
«Sie sahen aus wie Engländer in Florenz.»
Der junge Mann lächelte, nicht so erotisch wie bei Susanne Ullmann, aber immerhin echt.
«Kann ich etwas für Sie tun?»
«Sie könnten mir einen Caffè und Wasser bringen, außerdem wüsste ich gern, wer der Mann ist, der im zweiten Stock sitzt, Tuttosport liest und jedes Mal telefoniert, wenn man an ihm vorbeigegangen ist.» Laura bemühte sich um einen leicht arroganten Ton, versuchte aber, dabei harmlos zu wirken.
Der Empfangschef lächelte beharrlich weiter, wenn auch nicht mehr so echt wie zuvor.
«Ich weiß leider nicht … also, ich habe den Mann nicht gesehen. Aber wenn Sie es wünschen, dann werde ich nachsehen.»
«Das sollten Sie vielleicht tun, denn ich bin sicher, dass er auch anderen Gästen auffallen wird. Ich fühle mich beobachtet, und das mag ich nicht.»
«Es ist mir sehr unangenehm, Signora. Ich werde sofort hinaufgehen.» Er verbeugte sich leicht.
«Das ist gut, aber bringen Sie mir zuerst meinen Caffè und das Wasser. Es könnte ein Privatdetektiv sein oder sogar ein Polizist. Vielleicht hat es etwas mit dem Tod von Signor Hardenberg zu tun.»
«Dann müsste ich davon wissen, Signora.» Jetzt lächelte er nicht mehr.
«Wer ist denn eigentlich diese blonde junge Dame, die vorhin am Tresen neben mir stand und sich nach Signora Hardenberg erkundigte? Ich habe das ganz unabsichtlich gehört, und da ich eine Freundin von der Signora bin, interessiert es mich.»
Der junge Mann verschränkte die Hände auf dem Rücken und zog die Schultern hoch. «Ich nehme an, dass sie die Sekretärin von Signor Hardenberg ist. Er war wohl geschäftlich hier, und sie hat ihn begleitet.»
«Ach!» Laura zog die Augenbrauen hoch. «Der gute Leo wird doch nicht etwa eine Affäre gehabt haben?»
«Es tut mir leid, Signora, dazu kann ich nichts sagen. Ich werde jetzt Ihren Caffè holen und dann nachsehen, wer im zweiten Stock sitzt.»
«Machen Sie das. Ich werde hier auf meine Freundin warten. Sie muss ja irgendwann wiederkommen.»
Mit einer weiteren leichten Verbeugung entfernte sich der junge Mann, und Laura beobachtete amüsiert, wie er sich in einem großen Spiegel mit wuchtigem Goldrahmen musterte, sein Haar zurückstrich und im Vorübergehen einen gewissen Gesichtsausdruck zu proben schien.
Hübscher Junge, dachte sie, nur ein bisschen zu eitel. Sie griff nach einer Zeitung, überflog zerstreut die Schlagzeilen, schaute auf die Uhr. Zwanzig nach zwölf. Sofia war bereits in London.
Ein ebenfalls hübscher Kellner brachte Lauras Getränke, und ein paar Minuten später trat der Empfangschef aus dem Lift.
«Im zweiten Stock sitzt niemand, der Zeitung liest, Signora.»
«Vor ihm stand eine Tasse. Haben Sie auf dem Glastisch eine Tasse gesehen?»
«Nein, Signora. Keine Tasse, keine Zeitung, kein Mann.»
«Dann ist er wohl inzwischen gegangen.»
«Ja, das ist er wohl.»
«Auf welcher Etage wohnt eigentlich Signora Hardenberg?»
«Auf der dritten.»
«Haben Sie da auch nachgesehen?»
«Nein, weshalb sollte ich?»
«Ich habe das Gefühl, dass hier etwas nicht stimmt, Signor … wie ist Ihr Name?»
«Danova, Lucrezio. Sie machen sich zu viele Gedanken, Signora.»
«Man kann sich nie genug Gedanken machen, Signor Danova.»
Die Drehtür entließ eine Gruppe neuer Gäste, und Lucrezio Danova eilte, sichtlich erleichtert, davon, um sie in Empfang zu nehmen. Zögernd nahm Laura das Mobiltelefon aus ihrem kleinen Lederrucksack. Sie hielt es eine Weile in der Hand, suchte dann Guerrinis Nummer im Adressbuch und drückte die Verbindungstaste. Sie konnte nicht einfach allein weitermachen. Es wäre
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