Zeit der Skorpione: Laura Gottberg ermittelt (German Edition)
erhob sich mit einem höflichen Lächeln, als Laura sein Büro betrat, schüttelte ihr die Hand und bat sie, Platz zu nehmen.
«Ich habe bereits den derzeitigen Stand Ihres Aktienpakets überprüft, Frau Gottberg. Sie sind eine von den wenigen Glücklichen und haben bisher kaum Verluste erlitten. Wenn Sie die Zahlen ansehen wollen …» Er reichte ihr zwei Computerausdrucke.
«Danke.» Laura überflog die Zahlen, die ihr im Grunde gleichgültig waren.
«Was kann ich sonst noch für Sie tun? Falls Sie neue Anteile erwerben möchten – der Zeitpunkt ist günstig, weil alle Welt in Windkraft investieren will. Die Aktien werden garantiert im Wert steigen. Ich kann also einen Kauf ohne Einschränkung empfehlen.» Fornello sah blasser aus als gewöhnlich und hatte bläuliche Schatten unter den Augen.
«Wirklich?»
«Nach menschlichem und fachlichem Ermessen.»
«Bene.» Laura lächelte und fügte leise auf Italienisch hinzu: «Hätten Sie etwas dagegen, wenn ich Sie auf einen Caffè einlade? Rein beruflich natürlich.»
Fornello runzelte die Stirn, warf Laura einen warnenden Blick zu und nickte ernst. «Aber gern», sagte er laut. «Manche Geschäfte lassen sich im Café besser besprechen als in einem Büro. Ich nehme die Unterlagen mit.» Eilig stand er auf und griff nach einer Mappe.
«Ist es draußen inzwischen wärmer, oder brauche ich einen Mantel? Heute früh war es ziemlich frisch.»
«Keinen Mantel», antwortete Laura. «Es ist Frühling. Wir haben es ja nicht weit. Das nächste Café ist am Wiener Platz, quasi um die Ecke.»
«Ja, natürlich», murmelte Fornello, und Laura wunderte sich über seine plötzliche Unruhe.
«Externe Kundenberatung, bin in einer halben Stunde zurück!», rief er der Kollegin im Nebenzimmer zu, ehe er mit Laura das Bankgebäude verließ. Auf dem Weg zum Kaffeehaus schwieg Fornello, und zwischen ihnen entstand eine beinahe greifbare Distanz. Laura begann gerade daran zu zweifeln, dass Fornello ihr etwas über die wahren Zustände in Banken erzählen würde, als er unerwartet sagte: «Ich nehme an, dass Sie mit mir nicht über Windkraftaktien reden wollen, Frau Kommissarin.»
«Ach, wie kommen Sie denn darauf?» Laura lächelte ihm zu.
«Na ja, es gibt nicht viel mehr darüber zu sagen, als ich schon gesagt habe. Meine eigentliche Aufgabe als Anlageberater wäre jetzt, Ihnen ein anderes Aktienpaket zu verkaufen. Eins mit mehr Rendite und höherem Risiko.»
«So was habe ich mir schon gedacht.»
«Was also wollen Sie von mir?»
«Ich habe eine große Bitte an Sie. Ich muss wissen, wie die Arbeitssituation von Menschen ist, die in Banken angestellt sind. Ich ermittle gerade in einem sehr komplizierten Fall, und außer dem allgemeinen Vorurteil, dass alle Banker Gangster sind, habe ich in diesem Bereich keine Erfahrung.»
Fornello lachte auf. «Und da kommen Sie ausgerechnet zu mir?»
«Sie sind der einzige Banker, den ich wenigstens ein bisschen kenne, und außerdem finde ich Sie sympathisch. Nicht weil Sie Halbitaliener sind, sondern einfach so.»
Inzwischen hatten sie das Kaffeehaus erreicht. Sie blieben vor dem Eingang stehen und sahen sich prüfend an.
«Sie können ablehnen», sagte Laura und zwinkerte ihm zu. «Zu einer Zeugenaussage kann ich Sie nicht verpflichten. Die wird erst fällig, wenn meine Windkraftaktien in den Keller fallen.»
Fornello wippte zweimal auf seinen Füßen auf und ab, atmete tief ein und nickte schließlich. «Proviamo! Es interessiert mich, was genau Sie wissen wollen.»
Das Café war erstaunlich leer an diesem Morgen, sodass sie leicht eine stille Ecke fanden. Sie bestellten Cappuccini und Butterbrezen, ehe Laura damit begann, ihre Frage einzukreisen.
«Bei meinen bisherigen Ermittlungen ist mir Verschiedenes aufgefallen: Die Banker, mit denen ich gesprochen habe, waren nervös, machten sehr unklare Aussagen und schienen in dubiose Geschäfte verwickelt. Einer wurde abgehört – angeblich von der Konkurrenz –, ein anderer wurde erpresst, weil er angeblich Immobiliengeschäfte auf Kosten seiner Bank gemacht hat. Sicherheitsfirmen scheinen eine wichtige und möglicherweise sogar mächtige Rolle zu spielen. Es kommt mir beinahe so vor wie ein eigenes System, das nach eigenen Regeln funktioniert.»
«Klingt durchaus realistisch. Bei welcher Bank haben Sie ermittelt?»
«Das kann ich Ihnen leider nicht verraten.»
«Wie lautet Frage Nummer eins?» Fornello beugte sich vor.
«Wie geht es Ihnen mit Ihrer Arbeit?»
«So
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