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Zeit der Sternschnuppen

Zeit der Sternschnuppen

Titel: Zeit der Sternschnuppen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herbert Ziergiebel
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nicht von der Stelle. Kein Kommandant, kein Ölzweig, wir gafften uns an.
    Endlich raffte ich mich auf, hob den Glaskörper hoch und schwenkte ihn hin und her. Begriffen sie, daß ich als ehrlicher Finder zu ihnen kam? Sekunden änderte sich nichts, dann geschah etwas Wunderbares. Einer der drei ahmte meine Handbewegung nach. Mir erschien es wie ein Winken. Als ich noch immer zögerte weiterzugehen, bewegten auch die anderen die Arme. Sie flogen nicht davon, sie erwarteten mich. Mein Herzschlag hatte sich verdoppelt.
    Ich muß erwähnen, daß ich von Natur aus zwar schreckhaft und nervös, jedoch nicht feige bin. Doch diese Eigenschaften bezogen sich auf normale irdische Vorgänge. Jetzt wurde mir mit jedem Schritt, den ich näher kam, bewußt, daß ich alles andere als ein Held war. Ich machte mir Mut, redete mir unablässig ein, sie würden mir nichts antun. Meine Stoßseufzer hielten an, bis ich vor ihnen stand, so nahe, daß ich sie hätte berühren können.
    In ihren dunklen Trikots verschmolzen sie mit der Nacht. Nur ihre Umrisse zeichneten sich ab: die gläsernen Schutzhelme, die spiralenförmigen Antennen darauf, ihre Gliedmaßen. Es hätten Kinder sein können, der Größte unter ihnen reichte mir gerade bis an die Schultern. Er war es auch, der mir meinen Fund aus der Hand nahm. Ich deutete auf das Gras, um ihnen zu sagen, wo ich den Gegenstand gefunden hatte. Zu meiner größten Überraschung bedankten sie sich auf recht irdische Weise. Alle drei wippten einige Male mit dem Kopf, dann verbeugten sie sich tief. Instinktiv verneigte ich mich ebenfalls.
    Ein unbeschreibliches Glücksgefühl ergriff mich. Ein Meer von Sternen über uns, und irgendeiner dieser leuchtenden Punkte war ihre Heimat. Nach rastlosem Flug waren sie hier gelandet, standen vor mir, verneigten sich und drückten aus, wovon ich noch vor kurzem geträumt hatte: Sei gegrüßt, Bruder im Geiste – nichts anderes konnte ihre Geste bedeuten.
    Wäre nicht alles so faßbar und hautnah gewesen, hätte ich an meinem Verstand zweifeln mögen. Dunkel ahnte ich in diesen Augenblicken die Bedeutung dieser Begegnung. Gab es in der Geschichte der Menschheit einen Vergleich zu diesem Ereignis? Vor mir, in materieller Wirklichkeit, stand der Traum einer kaum geahnten Zukunft. So groß auch die geistige Kluft zwischen uns sein mochte, mir erschienen sie wie das Spiegelbild einer fernen Zeit. Was konnte ich tun, um ihnen meine Sympathie auszudrücken? Ihre Gesichter waren nicht zu erkennen, ihre Sprache wohl kaum zu verstehen.
    Für eine Sekunde erstarb mein verzücktes Lächeln; einer der drei streckte mit sonderbar eckigen Bewegungen die Hand nach mir aus. Ich spürte seine Berührung, kaum fühlbar lag seine Hand auf meiner Schulter. Vielleicht hatte er mein Erschrecken bemerkt, denn er zog sie gleich darauf wieder zurück und verbeugte sich, als wollte er sich entschuldigen.
    Einige Zeit verstrich. Es erging ihnen wohl nicht anders als mir; wir brauchten eine Überbrückung, um das phantastische Zusammentreffen wenigstens annähernd zu erfassen. Gab es eine Verständigungsmöglichkeit? Vielleicht besaßen sie elektronische Übersetzungsgeräte? Ich wagte einen Versuch, sagte: »Ich habe euch erwartet. Woher kommt ihr?«
    Statt einer Antwort wippten sie wieder mit ihren Schutzhelmen. So ging es also nicht.
Ich versuchte es mit Gesten, deutete auf ihr Raumfahrzeug, dann auf meine Augen, wiederholte die Handbewegung einige Male. Sie begriffen, was ich ausdrücken wollte, forderten mich gleichfalls durch Gesten auf, ihnen zu folgen. Der Durchmesser des Tellers mochte fünfzehn bis zwanzig Meter betragen. Erst später wurde mir bewußt, wie klein ihr Flugkörper im Grunde war, mußten sie doch unvorstellbare Entfernungen damit zurückgelegt haben.
An der schmalen Treppe blieben sie stehen, zeigten nach oben. Es wurde plötzlich heller. Ein grüner Lichtschimmer ließ den Einstieg erkennen. Er befand sich drei Meter über dem Wiesengrund. Die Öffnung endete in einer kleinen Kammer, gerade so groß, daß die drei Platz darin fanden. Brennende Neugier, das Sternenschiff von innen zu sehen, erfaßte mich. Und doch warnte mich etwas, einfach die Stufen hinaufzugehen. Ich hatte Furcht, sie könnten mit mir davonfliegen. Auch war es wohl unmöglich, ihr Raumschiff ohne Sauerstoffmaske zu betreten. Ihre Atemluft mußte anders zusammengesetzt sein, sonst würden sie keine Schutzhelme tragen. Ich trat einen Schritt zurück, bedankte mich durch Kopfnicken.
Sie

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