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Zeit der Sternschnuppen

Zeit der Sternschnuppen

Titel: Zeit der Sternschnuppen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herbert Ziergiebel
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Bildschirmen, es brodelte wie im
Innern eines Vulkans. Sacht drifteten die leuchtenden Kugeln
wenige Meter über uns hinweg. Aul führte mich an eine große
mattleuchtende Tafel. Sie schraubte an verschiedenen Knöpfen,
die Tafel verdunkelte sich, helle Punkte leuchteten an einigen
Stellen auf. In der Mitte der Tafel zeichnete sich ein nußgroßer
grellweißer Fleck ab. »Erkennst du das Bild?« erkundigte sich
Aul.
Ich wußte nichts damit anzufangen.
»Es ist die Sonne mit ihren Planeten und Monden.« »Ganz nett«, sagte ich, »in unseren Planetarien können wir
das auch simulieren.«
Aul sah mich mit einem entwaffnenden Lächeln an. »Was du
hier siehst, ist nicht simuliert. Es ist das wirkliche
Sonnensystem, auf diesen Maßstab verkleinert.« Sie deutete
auf die einzelnen Punkte: »Merkur, Venus, die Erde – Mars
befindet sich im Augenblick hinter der Sonne. Hier ist unser
Jupiter, und dieser winzige Punkt ist der sechste Mond…« Sie drehte wieder an den Knöpfen, das Bild wurde größer, die
äußeren Planeten traten über den Rand der Tafel hinaus. Nur
die Erde blieb. Immer mehr vergrößerte sich die Kugel, der
Mond, unser Erdtrabant, wurde sichtbar. Er war wie in einem
Feldstecher zu erkennen. Auf der Erde ließen sich die
Wolkenstrukturen ausmachen. Kontinente und Meere ahnen.
Ich glaubte Europa und Afrika zu sehen. Der Anblick meiner
Heimat verschlug mir die Sprache.
Aul hielt mir einen Vortrag, wie die Übertragung zustande
kam. Raumsonden der »Quil« kreisten innerhalb und außerhalb
des Sonnensystems, tasteten mit Strahlungen alle
Himmelskörper ab. Die. Bilder wurden zu einer Zentrale
geleitet, dort entschlüsselt und auf diese Tafel projiziert. Während sie mir das mit ruhiger Sachlichkeit
auseinandersetzte, wurde mir mit erschreckender Gewißheit
deutlich, daß die Schöpfer dieser Technik im umfassendsten
Sinne Beherrscher des Alls waren. Den Lauf der Gestirne zu
kontrollieren, diese Fähigkeit führte das utopische Denken
meiner Zeit ad absurdum. Unwiderlegbar drängte sich mir eine
Gleichung auf. Sie mochte bei allen Menschen tief im
Unterbewußtsein schlummern, war beängstigend und
beglückend, setzte einen ungeheuerlichen Maßstab. Diese
Gleichung lautete: Homo sapiens – Schöpfer, Mensch, die sich
begreifende Materie…
Unwillkürlich fragte ich Aul: »Ob sie wohl auf dem ›Feha‹
eine ähnliche Entwicklung durchmachen mußten?«
»Ich weiß nichts über ›Feha‹ «, antwortete sie, »aber die
Entwicklung der Materie verläuft im gesamten Universum
analog. Die Bildung von Mikroorganismen über das Tier bis
zum Menschen ist erst eine Etappe. Die Entwicklung des
Menschen, sein Heraustreten aus der animalischen Sphäre, ist
ein weiterer schwieriger, widerspruchsvoller Prozeß, und selbst
wenn diese Entwicklung abgeschlossen sein wird, werden sich
neue, höhere Formen herausbilden. Es gibt kein Ende.« Wohin soll das führen? dachte ich. Demnach wäre auch
dieser angeblich »unsterbliche« Me nur eine Phase in einer
unendlichen Kette von Entwicklungsprozessen. Ich wollte Aul
eine Frage stellen, als sich auf der Tafel etwas bewegte. Sie
hatte das Bild wieder verkleinert, Jupiter war deutlich zu
erkennen, und in dessen Nähe bewegte sich ein Lichtpunkt. »Ein Meteorit«, sagte Aul. »Unser Zentrum hat errechnet, daß
er nach drei weiteren Umläufen um die Sonne auf den sechsten
Mond stürzen wird. Darum vernichten wir ihn
vorsichtshalber.«
Aul hatte kaum ihren Satz beendet, als sich der leuchtende
Punkt für den Bruchteil einer Sekunde in einen Feuerball
verwandelte. Dann war nichts mehr zu sehen. »Man hat ihn
verdampft«, sagte Aul. »So etwas geschieht häufig. In
bestimmten Monaten gelangen große Schwärme von
Meteoriten in Jupiternähe. Wir wenden dann die
Flächenzerstrahlung, an…«
Ich verspürte leichte Kopfschmerzen. Der Spaziergang und
die geistigen Höhenflüge hatten mich etwas strapaziert. Aul
wollte mir noch die optische Beobachtungsstation zeigen. Wir
suchten deshalb den Dackel, der bei den Robotern
herumschnüffelte, sie anbellte und sich überhaupt höchst
ungebärdig benahm. Meine energischen Zurufe ließ er unbeachtet, und als ich ihn holen wollte, rannte er davon.
Vergeblich lockte ich ihn; er hatte seinen Rappel.
Aul und ich versuchten nun, ihn in die Enge zu treiben. Von
zwei Seiten bedroht, sprang Waldi plötzlich auf einen
schmalen Vorsprung, der aus der Wandung herausragte. Rote
und weiße Knöpfe waren zu erkennen. Aul schrie etwas in
höchster Erregung – es

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