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Zeit der Stürme: Vier Highland-Kurzromane

Zeit der Stürme: Vier Highland-Kurzromane

Titel: Zeit der Stürme: Vier Highland-Kurzromane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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wurde, bis Paul ihn schließlich sah und zu ihm gerannt kam, um ihn in einen Umhang zu hüllen, und ihn zu einem Bett in einem der Gästezimmer brachte.
    RAKOCZYS BEVORZUGTER SPIELSALON war der Goldene Hahn. Die Wand im großen Salon war mit einem Wandteppich verkleidet, auf dem ein solches Tier in Gold gewirkt die Flügel ausbreitete und mit stolz geschwellter Kehle die Karten der Gewinner ankrähte. Es war ein fröhliches Haus, dessen Kundschaft eine Mischung aus wohlhabenden Kaufleuten und niederem Adel war. Und die Luft war mit Kerzenwachs, Puder, Parfum und Geld gewürzt.
    Erst hatte er daran gedacht, die Geschäftsräume von Fraser et Cie aufzusuchen, unter einem Vorwand mit Michael Murray zu sprechen und das Gespräch irgendwie auf die Frage nach dem Aufenthaltsort der Tante des jungen Mannes zu bringen. Nach genauerem Nachdenken jedoch glaubte er, dass eine solche Vorgehensweise Murrays Argwohn erwecken … und möglicherweise dazu führen würde, dass die Frau davon erfuhr, falls sie sich irgendwo in Paris aufhielt. Das war das Letzte, was er wollte.
    Vielleicht besser, wenn er seine Erkundigungen aus diskreterem Abstand einholte. Er hatte gehört, dass Murray hin und wieder in den Salon kam, auch wenn er selbst ihn noch nie dort gesehen hatte. Doch wenn man ihn dort kannte …
    Er verbrachte einige Abende bei Karten, Wein und Konversation, bis er auf Charles Pépin stieß. Pépin war ein Geck, ein unvorsichtiger Spieler und ein Mann, der gerne redete. Und trank. Außerdem war er ein guter Freund des jungen Weinhändlers.
    »Oh, die Nonne!«, sagte er, als Rakoczy – nach der zweiten Flasche – erwähnte, gehört zu haben, dass Murray eine junge Verwandte hatte, die kürzlich ins Kloster gegangen war. Pépin lachte, und sein sympathisches Gesicht wurde rot.
    »Ich habe noch nie eine Frau gesehen, die weniger zur Nonne taugt – ein Hintern, bei dem der Erzbischof von Paris seine Gelübde vergessen würde, und er ist mindestens sechsundachtzig. Spricht keinerlei Französisch, das arme Ding – das Mädchen, nicht der Erzbischof. Nicht dass mir sonderlich am Reden gelegen wäre, wenn ich sie für mich hätte, falls Ihr versteht … Sie ist Schottin, schrecklicher Akzent …«
    »Schottin, sagt Ihr.« Rakoczy hob eine Karte, um sie zu betrachten, dann legte er sie hin. »Wenn sie Murrays Cousine ist – ist sie dann vielleicht die Tochter seines Onkels James?«
    Pépin blickte verständnislos drein.
    »Ich habe keine Ah … oh, doch, ich weiß es wohl!« Er lachte herzhaft und legte seinerseits die Karten hin, die ohnehin verlieren würden. »Oje. Ja, sie hat gesagt, der Name ihres Vaters wäre Dschee-miee, wie es die Schotten aussprechen; das muss James sein.«
    Rakoczy spürte, wie ihm die Vorfreude über den Rücken lief. Ja ! Diesem Triumphgefühl folgte augenblicklich eine atemberaubende Erkenntnis. Die Mutter des Mädchens war La Dame Blanche.
    »Verstehe«, sagte er beiläufig. »Und was habt Ihr gesagt, in welches Kloster das Mädchen gegangen ist?«
    Zu seiner Überraschung sah ihn Pépin plötzlich scharf an.
    »Warum wollt Ihr das wissen?«
    Rakoczy zuckte mit den Achseln und reagierte schnell.
    »Eine Wette«, sagte er und grinste. »Wenn sie so ein sinnliches Ding ist, wie Ihr sagt … wette ich fünfhundert Louisdor darauf, dass ich sie vor ihrem ersten Gelübde im Bett habe.«
    Pépin war voller Spott.
    »Nie im Leben. Sie ist zwar reizend, aber sie ist sich dessen nicht bewusst. Und sie ist tugendhaft, das würde ich schwören. Und wenn Ihr glaubt, Ihr könnt sie im Inneren des Konvents verführen …!«
    Rakoczy lehnte sich zurück und winkte nach einer weiteren Flasche.
    »Wenn das so ist … was habt Ihr zu verlieren?«
    Tags darauf
    JOAN KONNTE das Hôpital riechen, lange bevor die kleine Gruppe neuer Postulantinnen die Tür erreichte. Sie gingen in Zweierreihen und übten sich in der Beherrschung ihrer Blicke – also darin, dorthin zu schauen, wohin man es ihnen sagte, und nicht nach rechts und links zu starren wie die Hühner –, doch sie konnte es sich nicht verkneifen, rasch an dem Gebäude hinaufzuschauen, einem dreistöckigen Schloss, ursprünglich ein Adelshaus, das Mutter Hildegarde – so hieß es – als Mitgift geschenkt bekommen hatte, als sie ins Kloster gegangen war. Es war zum Konventsgebäude geworden und dann allmählich zur Betreuung der Kranken benutzt worden, während die Nonnen in das neue Haus zogen, das im Park errichtet worden war.
    Es war ein herrliches altes

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