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Zeit der Stürme: Vier Highland-Kurzromane

Zeit der Stürme: Vier Highland-Kurzromane

Titel: Zeit der Stürme: Vier Highland-Kurzromane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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blökendes Klagen, das im Lärmen der Vögel, die sich zur Nacht niederließen, beinahe unterging und dann verstummte.
    Es kribbelte Grey; all seine Sinne waren wach. Sie waren nicht allein im Dschungel. Irgendjemand – mehrere Jemande – war dort draußen in der heraufziehenden Nacht und tauschte Signale aus. Leise ordnete er eine hastige Befestigung des Lagers an, und die Männer machten sich auf der Stelle daran, die Verteidigung zu organisieren. Es waren zum Großteil Veteranen, die zwar die Ohren spitzten, aber nicht leicht in Panik gerieten. Innerhalb kürzester Zeit hatten sie eine Schanze aus Steinen und Geäst errichtet, Wachen zu zweit rings um das Lager postiert und die Waffen geladen und schussbereit, bereit für einen Angriff.
    Doch es kam nichts, und obwohl die Männer die ganze Nacht auf waren und neben ihren Waffen schliefen, gab es kein weiteres Zeichen menschlicher Präsenz. Doch diese Präsenz existierte; Grey konnte sie spüren. Wachsame Augen.
    Er aß zu Abend und setzte sich mit dem Rücken an einen Felsvorsprung, den Dolch im Gürtel und die geladene Muskete in der Hand. Wartete.
    Doch nichts geschah, und die Sonne ging auf. Sie brachen das Lager geordnet ab, und falls im Dschungel Hörner erklangen, gingen sie im Kreischen und Zwitschern der Vögel unter.
    NIE ZUVOR HATTE ER SICH IN GEGENWART EINES MENSCHEN BEFUNDEN, der ihn so sehr abstieß. Er fragte sich, woran das lag; äußerlich hatte sie nichts Unansehnliches oder Hässliches an sich. Nein, sie war eine hübsche Schottin in den mittleren Jahren, blond und vollbusig. Und doch ließ ihm die Witwe Abernathy das Blut in den Adern gefrieren, trotz der warmen Luft auf der Terrasse von Rose Hall, die sie ausgewählt hatte, um ihn zu empfangen.
    Sie trug keine Trauer, wie er sah, und auch sonst ließ sie sich den kürzlichen Tod ihres Mannes nicht anmerken. Sie trug weißen Musselin, der mit blauen Stickereien gesäumt war.
    »Wie ich höre, muss ich Euch zu Eurem Überleben gratulieren, Madam«, sagte er und nahm auf dem Sessel Platz, den sie ihm anwies. Es waren gefühllose Worte, doch sie machte einen zähen Eindruck; er glaubte nicht, dass sie darüber bestürzt sein würde, und er hatte recht.
    »Danke«, sagte sie. Sie lehnte sich in ihrem Korbsessel zurück und betrachtete ihn von oben bis unten auf eine unverblümte Art, die er beunruhigend fand. »Es war verdammt kalt in dieser Quelle, das kann ich Euch sagen. Wäre fast selbst gestorben, so durchgefroren war ich.«
    Er neigte höflich den Kopf.
    »Ich hoffe, Ihr habt keine Nachwirkungen davongetragen? Abgesehen natürlich vom bedauerlichen Tod Eures Gatten«, beeilte er sich hinzuzufügen.
    Sie lachte heiser.
    »Froh, dass ich den Alten los bin.«
    Da ihm darauf keine Antwort einfiel, hüstelte Grey und wechselte das Thema.
    »Mir wurde gesagt, Madam, dass Ihr Euch für einige der Rituale interessiert, die unter den Sklaven vollzogen werden.«
    Ihr etwas trüber grüner Blick schärfte sich plötzlich.
    »Wer hat Euch das gesagt?«
    »Miss Nancy Twelvetrees.« Es gab schließlich keinen Grund, die Identität seiner Informantin geheim zu halten.
    »Ach, die gute Nancy, ja?« Das schien sie zu belustigen, und sie warf ihm einen amüsierten Seitenblick zu.
    »An Euch hat sie doch sicher einen Narren gefressen, oder?«
    Ihm war nicht klar, was Miss Twelvetrees’ Meinung über seine Person mit dem Thema zu tun haben könnte, was er auch zum Ausdruck brachte, allerdings höflich. Mrs. Abernathy grinste nur breit und winkte ab.
    »Aye, sei’s drum. Was ist es denn, was Ihr wissen wollt?«
    »Ich will wissen, wie Zombies entstehen.«
    Der Schreck wischte ihr das Grinsen aus dem Gesicht, und sie blinzelte ihn einen Moment lang benommen an, bevor sie ihr Glas ergriff und es leerte.
    »Zombies«, sagte sie und betrachtete ihn mit einer gewissen argwöhnischen Neugier. »Warum?«
    Er erzählte es ihr. Ihre sorglose Belustigung veränderte sich, und ihre Neugier nahm zu. Sie ließ ihn die Schilderung seiner Begegnung mit dem Wesen wiederholen und stellte ihm präzise Zwischenfragen, vor allem in Bezug auf den Geruch.
    »Verwestes Fleisch«, sagte sie. »Ihr wisst doch, wie das riecht, oder?«
    Es musste ihr Akzent gewesen sein, der das Schlachtfeld von Culloden heraufbeschwor und den Gestank brennender Leichen. Er erschauerte unwillkürlich.
    »Ja«, sagte er abrupt. »Warum?«
    Sie spitzte nachdenklich die Lippen.
    »Es gibt verschiedene Methoden, aye? Eine davon ist es, der Person

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