Zeit der Teufel
Schreibtischplatte.
»Was haben Sie gegen Ihren Vornamen, Chef?«, fragte Duval kopfschüttelnd. »Also, ich finde ihn irgendwie süß.«
»Ich nicht!« , kam es wie ein Donnerschlag. »Also vergessen Sie ihn schnellstens wieder. Sonst erschieße ich Sie mit einer geballten Ladung Katzensch …«
Sie hob abwehrend beide Hände. »Schon gut, Chef, alles klar, kein Problem. An dem Gestank will ich wirklich nicht sterben. Wie ist es nun, unterschreiben Sie? Und machen wir den Terminplan?«
»Sicher«, sagte Zamorra. »Halten Sie mal eben – und trinken Sie ruhig. Ist nur ein bisschen Gift drin.« Er reichte ihr das Wasserglas, das er aus der kleinen Küche mitgebracht hatte.
»Das Papier ist ebenfalls präpariert, mit einem Kontaktgift«, erwiderte Duval.
»Dann können wir ja gemeinsam untergehen – oder die Welt erobern«, sagte er. Er überflog den Text für den Spesenvertrag. »Was ist das denn hier? Eventuelle Ausgaben für repräsentative Dienstkleidung? Was verstehen Sie darunter?«
Duval lächelte unschuldig. »Wenn wir zu irgendwelchen Abschlussfeiern müssen, oder wenn ich Sie zu Vortragsreisen begleite, oder wenn Sie den Friedensnobelpreis erhalten, dann muss ich ja in Ihrer Nähe sein, und dann muss ich auch entsprechend modisch und wertvoll gekleidet sein.«
»Was verstehen Sie unter wertvoll?«
»Es muss gut aussehen«, sagte Duval, »und es darf Ihnen keine Schande machen. Ich kann ja nicht im Kartoffelsack herumlaufen.«
Zamorra musterte sie von Kopf bis Fuß. »Nein«, entschied er dann. »Das wäre eine unverantwortliche Zweckentfremdung. Verzichten Sie auf den Kartoffelsack. Ich gewähre Ihnen, großzügig, wie ich bin, einen schmalen Lendenschurz.«
»Und ein diamantenbesetztes Stirnband! Darauf bestehe ich.«
»Sie sind gefeuert!«
Sie trank das Mineralwasser, er unterschrieb den Zusatzvertrag. Aber zuvor fügte er handschriftlich hinzu: jegliche Frage oder Bemerkung zum Vornamen des Arbeitgebers ist strikt untersagt, Zuwiderhandlungen führen zur fristlosen Kündigung dieses und des allgemeinen Arbeitsvertrages.
»So einverstanden?«, fragte er.
Duval nickte. »Und wie …«
Da ahnte der Parapsychologe, dass er sich möglicherweise auf etwas eingelassen hatte, dessen finanzielle Folgen er nicht einmal ansatzweise abschätzen konnte …
Etwa zwei Stunden später verabschiedete er seine Sekretärin. Als er ins Arbeitszimmer zurückkehrte, nahm er einen seltsamen Geruch wahr, den er hier noch nie bemerkt hatte, und der vorhin auch noch nicht existierte.
Brandgeruch? Nein, ganz passte das nicht. Es war etwas anderes, das er nicht kannte.
Aufmerksam sah er sich um, ging langsam im Zimmer hin und her, achtete auf jede Kleinigkeit. Er dachte an den Toten in seinem Universitätsbüro und an Duvals explodiertes Auto. Vielleicht gab es einen Zusammenhang.
Der Telefonhörer lag nicht richtig auf der Gabel.
Eben war das aber noch der Fall gewesen. Duval hatte nach einem Taxi telefoniert und danach den Hörer ganz ordentlich wieder aufgelegt, jetzt hing er etwas schräg.
Jemand war hier im Zimmer gewesen, in den wenigen Minuten, in denen Zamorra Duval zur Wohnungstür brachte und sich von ihr verabschiedete!
Aber wie zum Teufel war das möglich? Es gab nur einen Weg, hineinzugelangen, und der führte zwangsläufig an Zamorra vorbei. Die Fenster ließen sich hier oben, in der zehnten Etage, nicht öffnen. Schließlich sollte niemand mit Selbstmordabsicht oder ungewollt beim Fensterputzen hinausstürzen.
Der Parapsychologe entsann sich, dass er vorhin, bei der Ankunft, schon einmal das Gefühl hatte, ein Fremder sei in der Wohnung oder habe sich zumindest kurzfristig darin aufgehalten. Und jetzt hatte er den Beweis in Form des falsch liegenden Telefonhörers. Zamorra war hundertprozentig sicher, dass er sich nicht irrte.
Er griff nach dem Hörer, um ihn wieder richtig einzuklinken. Das Telefon explodierte.
Zamorra erhob sich. Er wusste nicht, ob er vorübergehend bewusstlos gewesen war; alles verschwamm irgendwie in einer Flut von Schmerz, die ihren Ausgangspunkt in seiner linken Hand hatte. Er konnte kaum etwas sehen, und seine Nase war voll von dem fremden Gestank, der jetzt unwahrscheinlich intensiv geworden war. Eine Woge von Übelkeit breitete sich in Zamorra aus. Er tastete sich durch das Zimmer, erreichte irgendwie das kleine Bad direkt neben der Mini-Küche und musste sich dann auf das Waschbecken stützen, weil er plötzlich kaum noch in der Lage war, das
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