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Zeit der Träume

Zeit der Träume

Titel: Zeit der Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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murmelte sie. »Sie sind hier, in diesem Kasten auf dem Sockel im Vordergrund. Mein Gott, wie Licht und Farbe im Glas zu pulsieren scheinen. Der Maler ist ein Genie. Da, im Hintergrund sind auch die zwei Figuren aus dem ersten Gemälde. Aber sie wenden dem Betrachter bereits den Rücken zu, weil sie gehen müssen. Sie sind verbannt worden und müssen durch diesen Nebel gehen. Durch den Vorhang der Träume. Die Schlüssel.«
    Sie schob sich die Haare aus der Stirn und blickte noch genauer hin. »Wo sind die Schlüssel? Da! Sie hängen an einer Kette, die die weibliche Gestalt in der Hand hält. Drei Schlüssel. Sie ist die Hüterin.«
    Da sie mehr Details erkennen wollte, holte sie aus ihrer Tasche eine kleine Lupe mit Silbergriff, die in einem Filzetui steckte.
    »Sie hat ein Vergrößerungsglas in der Tasche«, murmelte Brad.
    »Ja.« Flynn grinste wie blöde. »Ist sie nicht toll?«
    Malory hörte die Kommentare nicht, weil sie sich nur auf das Bild konzentrierte. »Ja, die Schlüssel sehen gleich aus. Dieses Mal sind sie nicht als Symbole in den Hintergrund eingearbeitet, sie sind Tatsache. Sie hat die Schlüssel.«
    Sie ließ die Lupe sinken und wich ein wenig zurück, um einen besseren Überblick zu haben. »Der Schatten lauert noch in den Bäumen, aber er ist zurückgetreten. Man kann ihn kaum erkennen. Seine Aufgabe ist getan, aber er beobachtet die Szene noch.«
    »Wer ist das?«, wollte Brad wissen.
    »Still. Sie arbeitet.«
    Malory schob die Lupe wieder in das Filzetui und legte es in ihre Tasche zurück. »So ein trauriges Bild. Es liegt großer Kummer im Licht, in der Körpersprache der beiden, die auf den Schleier zugehen. Die Hauptfiguren wirken heiter, aber sie sind es nicht. Es ist nicht Heiterkeit, sondern Leere. Und in diesem Licht in der Kiste liegt so viel Verzweiflung. Schmerzlich und brillant.«
    »Ist es derselbe Künstler?«, fragte Flynn.
    »Natürlich. Das ist kein Schüler, keine Nachahmung oder Hommage. Aber das ist nur meine Meinung.« Sie hockte sich hin. »Ich bin keine Autorität.«
    Das sehe ich aber anders, dachte er. »Mit Brad und dir haben wir hier so viel Autorität, wie wir brauchen.«
    Sie hatte Brad ganz vergessen und errötete jetzt verlegen. Sie hatte nur an das Bild gedacht und wie in Andacht versunken davor gekniet. »Entschuldigung.« Sie schaute Brad an. »Ich habe mich überwältigen lassen. Können Sie mir sagen, wo Sie das Bild gekauft haben?«
    »Bei einem kleinen Auktionshaus in New York. Ban derby’s.«
    »Ich habe schon von ihnen gehört. Wer ist der Künstler?«
    »Unbekannt. Man kann nur einen Teil der Signatur erkennen - eigentlich nur den Anfangsbuchstaben. Es könnte ein R oder ein P sein, gefolgt von einem Schlüsselsymbol.«
    Malory beugte sich über die linke untere Ecke des Bildes, um die Signatur zu prüfen. »Ist es datiert und für echt erklärt worden?«
    »Natürlich. Siebzehntes Jahrhundert. Zwar wirkt der Stil irgendwie moderner, aber das Bild ist ausgiebig überprüft worden. Wenn Sie Banderby’s kennen, wissen Sie ja, wie sorgfältig sie vorgehen und was sie für einen guten Ruf haben.«
    »Ja, ja, ich weiß.«
    »Und ich habe es noch einmal von einem unabhängigen Prüfer begutachten lassen. Das mache ich immer so«, fügte Brad hinzu. »Die Ergebnisse waren dieselben.«
    »Ich habe eine Theorie«, begann Flynn, aber Malory winkte ab.
    »Kann ich Sie fragen, warum Sie es gekauft haben? Banderby’s ist nicht gerade preiswert, und es ist ein unbekannter Künstler.«
    »Ich war fasziniert davon, wie sehr die mittlere Hauptfigur Dana ähnelt.« Das stimmte, dachte Brad, womöglich war es sogar der Hauptgrund gewesen. »Zunächst hat mich das gesamte Bild in seinen Bann gezogen, und dann faszinierte mich eben dieses Detail. Und...« Er zögerte, und sein Blick wanderte über das Gemälde. Schulterzuckend fuhr er fort: »Man könnte sagen, es hat zu mir gesprochen. Ich wollte es unbedingt haben.«
    »Ja, das verstehe ich.« Malory setzte ihre Brille ab und steckte sie in die Tasche. »Flynn hat Ihnen bestimmt von dem Bild in Warrior’s Peak erzählt.«
    »Klar, ich hab’s ihm erzählt. Und als ich das hier sah, dachte ich...«
    »Schscht.« Malory klopfte ihm aufs Knie und streckte ihm die Hand entgegen, damit er sie hochzog. »Es muss zu einer Serie gehören. Es gibt noch ein weiteres Bild, das davor, danach oder dazwischen einzuordnen ist. Aber es gibt auf jeden Fall drei. Drei ist die entscheidende Zahl. Drei Schlüssel, drei Töchter. Wir

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