Zeit der Träume
machte.
Seine blonden Haare waren mit den Jahren dunkler geworden, und die Grübchen in seinen Wangen wirkten jetzt eher wie Falten. Seine Augen waren steingrau unter geraden Brauen.
Flynn wusste, dass nicht die Mundwinkel Brads Stimmungen anzeigten, sondern die Augen. Wenn sie lächelten, meinte er es auch so.
Jetzt lächelten sie. »Na, du Hurensohn. Es ist schön, dich zu sehen.«
»Ich konnte mir nie vorstellen, dass du zurückkommst - jedenfalls in nächster Zeit nicht.«
»Ich auch nicht, aber die Dinge ändern sich, Flynn. Das muss wohl so sein. Ich war in den letzten Jahren ziemlich unruhig, und dann merkte ich, dass ich Heimweh hatte. Und wie ist es bei dir, Mister Chefredakteur?«
»Alles okay. Du willst wahrscheinlich unsere Zeitung abonnieren. Ich kümmere mich darum«, fügte er grinsend hinzu. »Wir stellen dir ein hübsches rotes Zeitungsrohr neben den Briefkasten an der Straße. Die Zeitung wird für gewöhnlich morgens um sieben gebracht.«
»Merk mich vor.«
»Ja, das tue ich. Und ich möchte auch Bradley Charles Vane IV so bald wie möglich interviewen.«
»Mist. Lass mir ein paar Tage Zeit, mich einzugewöhnen, bevor ich wieder Unternehmer spielen muss.«
»Wie wäre es mit nächstem Montag? Ich komme zu dir.«
»Himmel, du bist ja der reinste Clark Kent geworden. Nein, schlimmer noch, Lois Lane - allerdings ohne ihre tollen Beine. Ich weiß nicht, was für Termine ich am Montag habe, aber ich sage meiner Assistentin Bescheid.«
»Prima. Sollen wir uns heute Abend treffen und ein paar Bier trinken?«
»Ja, ich kann es kaum erwarten. Wie geht es deiner Familie?«
»Mom und Joe fühlen sich wohl in Phoenix.«
»Ich dachte eigentlich eher an die entzückende Dana.«
»Du willst doch nicht schon wieder meine Schwester anbaggern? Das ist ja echt peinlich.«
»Hat sie einen Freund?«
»Nein.«
»Hat sie immer noch so eine gute Figur?«
Flynn runzelte die Stirn. »Hör auf, Vane.«
»Ich liebe es, ab und zu an deiner Kette zu zerren.« Dann jedoch wurde Brad ernst. »Das ist zwar ein unterhaltsames Thema, aber deswegen habe ich dich nicht hierher gebeten. Ich wollte dir etwas zeigen. Seitdem du mich wegen dieser Geschichte mit Dana und ihren Freundinnen angerufen hast, habe ich ein bisschen nachgedacht.«
»Weißt du etwas über die Leute in Warrior’s Peak?«
»Nein. Aber ich verstehe etwas von Kunst. Komm. Ich habe es in den großen Salon bringen lassen und hatte es gerade höchstpersönlich ausgepackt, als ich deinen Wagen hörte.«
Er ging über die Terrasse um das Haus herum zu einer großen Flügeltür aus Glas.
Der große Salon hatte eine hohe Decke mit einer umlaufenden Galerie und einen großzügigen Kamin mit einer jagdgrünen Granitumrandung, die mit hellem Eichenholz eingerahmt war. Eine Sitzgruppe stand mitten im Raum, eine weitere an der hinteren Wand in einer gemütlichen Ecke.
Durch einen breiten Bogen gelangte man ins Klavierzimmer, wo Brad unter den Adleraugen seiner Mutter zahllose tödlich langweilige Stunden mit Üben verbracht hatte.
Dort lehnte an einem weiteren Kamin ein Gemälde.
Flynn wurden die Knie weich. »Jesus. Ach du lieber Himmel.«
»Es heißt Träume. Ich habe es vor ungefähr drei Jahren auf einer Auktion erworben. Kannst du dich noch erinnern, dass ich dir erzählt habe, ich hätte ein Bild gekauft, weil eine der Figuren genauso aussieht wie Dana?«
»Ich habe nicht darauf geachtet, du hast mich ja ständig wegen Dana gelöchert.« Flynn hockte sich hin und betrachtete das Bild. Er verstand nichts von Kunst, aber trotz seiner ungeübten Augen hätte er geschworen, dass es von demselben Maler stammte wie das Gemälde in Warrior’s Peak.
Hier gab es jedoch keine Freude oder Unschuld. Die Stimmung war düster und kummervoll, und das einzige Licht, ein blasser Schimmer nur, ging von drei Glassärgen aus, in denen drei Frauen zu schlafen schienen.
Seine Schwester, Malory und Zoe.
»Ich muss mal telefonieren.« Flynn richtete sich auf und holte sein Handy aus der Tasche. »Es gibt jemanden, der das sofort sehen muss.«
9
Sie hatte es nicht gern, wenn man sie hetzte, vor allem nicht, ohne ihr einen guten Grund dafür zu nennen. Also ließ sich Malory auf der Fahrt zum Haus der Vanes Zeit.
Sie hatte über so viel nachzudenken, beschloss sie, dass ein kleiner Ausflug über Land ihr nur dabei helfen würde, ihre Gedanken zu ordnen.
Außerdem fuhr sie gerne mit ihrem kleinen Auto die kurvige Straße am Fluss entlang, zumal wenn die Sonne
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