Zeit der Träume
drei.«
»Nun ja, jetzt sind wir fünf«, warf Brad ein. »Ja, aber ich weiß, was Sie meinen.«
»Genau dasselbe habe ich vor einer halben Stunde gesagt«, beklagte sich Flynn. »Das ist meine Theorie.«
»Entschuldigung.« Malory tätschelte ihm den Arm. »In meinem Kopf geht es drunter und drüber. Ich erkenne zwar die Einzelteile, kann aber noch keine Form ausmachen und weiß nicht, was sie bedeuten und was daraus werden soll. Können wir uns hinsetzen?«
»Ja, klar. Entschuldigung.« Brad ergriff sie am Arm und führte sie zum Sofa. »Möchten Sie etwas trinken?«
»Haben Sie einen Brandy? Ich weiß, es ist noch früh, aber ich könnte jetzt echt einen vertragen.«
»Ich treibe welchen auf.«
Flynn setzte sich neben sie, als Brad aus dem Zimmer ging. »Was ist los, Mal? Du bist auf einmal ganz blass.«
»Es tut mir weh.« Sie blickte zu dem Gemälde, dann schloss sie die Augen, weil plötzlich Tränen darin brannten. »Es tut mir weh, es anzuschauen. Ich habe gesehen, wie es passiert ist, Flynn. Ich habe es gespürt.«
»Ich stelle das Bild weg.«
»Nein, nein.« Sie fasste nach seiner Hand, und der Kontakt tröstete sie. »Kunst muss dich in irgendeiner Weise berühren. Darin liegt ihre Macht. Wie mag das dritte Bild wohl aussehen? Und welchen Zeitpunkt wird es darstellen?«
»Welchen Zeitpunkt?«
Sie schüttelte den Kopf. »Wie flexibel ist dein Verstand? Ich beginne gerade herauszufinden, wie flexibel meiner ist. Hast du Brad alles erzählt?«
»Ja.« Irgendetwas hielt sie zurück, dachte er. Noch war sie sich nicht sicher, ob sie es sagen konnte. »Du kannst ihm vertrauen, Malory. Und mir auch.«
»Die Frage ist, ob ihr beide mir noch vertraut, wenn ich euch erzähle, was ich heute früh herausgefunden habe, und was es meiner Meinung nach bedeutet. Dein alter Freund wird mich vermutlich hinauskomplimentieren und hinter mir alles verriegeln und verrammeln.«
»Ich schicke schöne Frauen niemals weg.« Brad trat mit einem Cognacschwenker in der Hand auf sie zu. Er reichte ihn ihr und setzte sich dann ihr gegenüber. »Na los, kippen Sie ihn herunter.«
Genau das tat sie. Mit einem großen Schluck trank sie das Glas leer, als enthielte es Medizin. Feurig glitt der Brandy ihre Kehle hinunter und beruhigte ihren nervösen Magen. »Es ist ein Verbrechen, mit einem Napoleon so umzugehen. Danke.«
»Sie kennt ihren Brandy«, sagte Brad zu Flynn. Langsam kehrte die Farbe in Malorys Wangen zurück. Damit sie sich noch ein wenig erholen konnte, wandte sich Brad an Flynn. »Wie um alles in der Welt ist es dir bloß gelungen, eine Frau mit Geschmack und Klasse dazu zu bringen, dich wahrzunehmen?«
»Moe hat sie umgeworfen und sich auf sie gelegt. Besser, Mal?«
»Ja.« Sie stieß die Luft aus. »Ja. Ihr Gemälde stammt aus dem siebzehnten Jahrhundert. Das steht absolut fest?«
»Absolut.«
»Ich habe heute früh erfahren, dass das Bild in Warrior’s Peak aus dem zwölften Jahrhundert stammt, vermutlich sogar früher, aber auf keinen Fall später.«
»Wenn du das von Pitte oder Rowena hast«, begann Flynn.
»Nein. Dr. Stanley Bower von der Philadelphia hat es mir gesagt. Er ist ein ausgewiesener Experte und ein guter Bekannter von mir. Ich habe ihm Farbproben geschickt.«
»Woher hattest du die denn?«, erkundigte sich Flynn interessiert.
Sie wurde rot und räusperte sich verlegen. »Ich habe sie genommen, als wir letzte Woche gemeinsam dort waren und du die beiden mit Moe abgelenkt hast. Es ist natürlich absolut unmoralisch und verwerflich, aber ich habe es trotzdem getan.«
»Cool.« Flynn betrachtete sie bewundernd. »Das bedeutet also, dass sich entweder Brads Experte oder deiner irren, oder dass du völlig falsch liegst damit, dass beide Bilder vom selben Künstler stammen. Oder...«
»Oder die Experten haben Recht und ich auch.« Malory legte ihre Tasche neben sich und faltete die Hände im Schoß. »Dr. Bower müsste natürlich mehr in die Tiefe gehen, um das Datum genau bestimmen zu können, aber er kann sich nicht um Jahrhunderte vertun. Ich habe beide Bilder aus der Nähe gesehen, und alles deutet darauf hin, dass sie vom selben Maler stammen. Ich weiß, es klingt genauso verrückt wie es sich anfühlt, aber ich glaube es. Wer auch immer das Gemälde in Warrior’s Peak gemalt hat, hat es im zwölften Jahrhundert getan, und derselbe Künstler hat Brads Bild fünfhundert Jahre später geschaffen.«
Brad warf Flynn einen Blick zu und stellte überrascht fest, dass sein Gesicht völlig
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