Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zeit des Aufbruchs

Zeit des Aufbruchs

Titel: Zeit des Aufbruchs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond E. Feist
Vom Netzwerk:
einen Teil des Monats in den Baracken beim Haus, damit die Männer bei ihren Frauen und Kindern sein konnten. Der Rest war in kleinen Hütten an verschiedenen Stellen entlang der Grenze von Maras Besitz stationiert, oder sie waren als Schutz irgendwelcher Karawanen oder Flußbarken unterwegs, die die Waren der Acoma zu weiter entfernten Märkten brachten. Es war schwer, auf eine genaue Zahl zu kommen, doch die Schätzung des Sklaven mochte zutreffen. Mara konnte durchaus zweitausend Krieger unter ihrem Befehl haben. Kevin pfiff in leiser Anerkennung. Er wußte aus dem gängigen Klatsch, wie klein die Garnison gewesen war, die sie geerbt hatte, als sie den Herrschafts-Mantel erhalten hatte: um die fünfunddreißig Männer. Jetzt konnte es ihre Streitmacht mit denen der stärksten Familien im Kaiserreich aufnehmen.
    Schade, dachte er, daß die Lage ihres Landsitzes so schlecht zur Verteidigung geeignet war.
    Doch es folgte der beunruhigende Gedanke, daß seine Lady ihre Streitkräfte möglicherweise nicht nur verstärkte, um die Grenzen besser schützen zu können.
    Eine Wolke zog vor der Sonne vorbei; Vorbote des ersten Nachmittagsschauers. Die Zeremonie auf dem Übungsplatz neigte sich dem Ende zu, ein Rechteck aus Soldaten nach dem anderen machte kehrt und marschierte auf Lujans Kommando los. Mara kehrte mit ihren Vertrauten zum Herrenhaus zurück. Plötzlich sehnte Kevin sich danach, sie zu treffen, und er schlug Ayaki vor, in die Küche zu gehen und die Köche zu belästigen, die gerade frisches Thyza-Brot backten, wenn man dem Geruch trauen konnte, der in der Luft hing. Das mußte man dem unaufhörlich hungrigen Jungen nicht zweimal sagen, und da Kevin eine Abkürzung durch die Innenhöfe nahm, wartete er bereits auf seine Lady, als sie ihre Gemächer betrat. Er kam einer der Zofen zuvor und half ihr aus der schweren Robe. Immer noch schweigend gestattete sie es ihm; doch sie war weniger empfänglich als sonst für seine Berührungen.
    Kevin bemühte sich, seine Stimme leicht klingen zu lassen. »Rüsten wir uns für einen Krieg, Mylady?«
    Mara lächelte humorlos. »Möglicherweise. Wenn die Mitglieder meines Clans Vernunft zeigen, dann nicht, doch wenn sie aufsässig sind, werde ich diese Streitmacht benötigen. Die Information, daß die Acoma-Garnison so groß geworden ist, daß sie zwei Truppenführer braucht, wird sich entlang des Flusses schnell verbreiten.« Sie nahm eine ganze Reihe schwerer Jade-Armreifen ab und ließ sie in ein offenes Kästchen gleiten. Die dazu passenden Haarnadeln verursachten ein glockenhelles Gebimmel, als Mara sie der Reihe nach zu dem anderen Schmuck warf. »Niemand darf erfahren, daß wir jetzt weniger Kompanien haben als zuvor.«
    Sie reichte einer Zofe die leere Robe zum Aufhängen und Lüften. Kevin betrachtete den nackten Rücken seiner Lady und seufzte, als sie sich in ein leichtes, lockeres Gewand hüllte. »Das Spiel geht also weiter?«
    »Immer.« Mara verknotete den Gürtel und beendete damit jede Hoffnung auf ein kurzes Techtelmechtel auf ihrer Schlafmatte. Sie ahnte nichts von den Gedanken ihres Liebhabers und fuhr fort: »Der Kaiser mag den Rat ausgesetzt haben, doch das Spiel geht immer weiter.«
    Nur daß es kein Spiel war, dachte Kevin insgeheim. Nicht, wenn solche Armeen beteiligt waren. Und obwohl er erst kürzlich beschlossen hatte, sich nicht in die Politik hineinziehen zu lassen, fragte er sich immer wieder, welchen Plan seine Lady wohl dieses Mal verfolgte.

    Die Morgensonne schickte ihre ersten Strahlen über den Horizont und überzog den Kaiserlichen Palast mit einem Muster aus Licht und Schatten in den Farbtönen Rosa, Orange und Schwarzblau. In den Stadtteilen am Flußufer und in den ärmeren Vierteln herrschte bereits reges Treiben, doch die Hallen der Mächtigen waren still bis auf die Schritte der Bediensteten und einer Patrouille von Soldaten im Grün der Acoma.
    An diesem Tag, den Mara für das Treffen des Clans Hadama ausgewählt hatte, wollte sie als erste im Versammlungssaal sein. Es durfte nichts schiefgehen bei dem, was sie vorhatte, oder ihre Forderungen gegenüber dem Clan würden ihr nichts weiter einbringen als noch mehr Feinde.
    Lujan und eine Eskorte aus zwanzig handverlesenen Männern begleiteten Mara in den inneren Bereich des Gebäudes. An der Stelle, wo sie normalerweise den Befehl erhielten, stehenzubleiben und zu warten, ging die Lady der Acoma heute einfach weiter. Nach kurzem Zögern gab Lujan seinen Kriegern das Zeichen, die

Weitere Kostenlose Bücher