Zeit des Lavendels (German Edition)
sich seine Lenden, wenn er an das Mädchen dachte.
Ein Empfehlungsschreiben für Thomas Leimer, den Liebhaber von Magdalena von Hausen, das wäre schon eine subtile Form der Rache.
»Wie man hört, wartet die Dame noch immer auf Euch.« Er blickte Leimer an. »Nun, vielleicht könnte es ihre unsterbliche Seele ja retten, wenn ich Euch ein Empfehlungsschreiben gebe und Euch damit den Weg nach Italien ebne. Wenn sie Euch nicht mehr zu Gesicht bekommt, kehrt sie vielleicht als reumütige Tochter zur Mutter Kirche zurück. Doch was habe ich davon?«
Murgel belauerte den Mann, der da vor ihm stand, neugierig. Eines war offensichtlich: Leimer brauchte diese Einführung sehr dringend. Da musste mehr dahinter stecken als seine bigamistische Ehe mit dieser Dorothea Offenburg. Es gab Männer, die lebten ganz offen mit zwei Frauen. So wie Phillipp I. von Hessen, dieser Ketzerfürst, der gehofft hatte, seine Vielweiberei durch den Anschluss an den Schmalkaldischen Bund der protestantischen Fürsten sanktioniert zu bekommen. Nun, er war dem Kaiser bei der Schlacht bei Halle ins Netz gegangen.
Leimer wählte seine Worte vorsichtig, als er auf Murgels Frage antwortete: »Ich könnte Euch in Rom sicherlich von Nutzen sein. In einer Zeit wie dieser und angesichts der Veränderungen, die sich beim Heiligen Stuhl anbahnen, ist es immer gut, Verbündete im Zentrum der Macht zu haben.«
Ein ärgerlicher Funke glomm in den Augen des Domherrn auf. Dieser Leimer war wirklich dreist. Und leider offenbar allzu gut informiert. Er würde ihn zähmen müssen. Nur sehr wenige wussten, dass die Mission, zu der ihn Bischof Metzler nach der Absetzung der Segginger Äbtissin in die Heilige Stadt geschickt hatte, kläglich gescheitert war. Der schwer kranke Papst Paul III. beschäftigte derzeit die Gemüter ebenso wie die Intrigen um seine Nachfolge. Da hatte niemand Zeit, sich um einen Domherrn zu kümmern, der die Nachricht vom Abfall einer verliebten, ketzerischen Äbtissin brachte und für eine Nachfolgerin gut Wetter machen sollte. Das würde erst sehr viel später wieder aus den Schubladen geholt werden. Ärgerlich, aber nicht zu ändern. Die Zukunft des Heiligen Stuhls war derzeit in den Gängen des Vatikan von größerem Interesse als die Bestrafung und die Nachfolge der Magdalena von Hausen.
Andererseits wusste Murgel die Ironie dieses Augenblicks zu schätzen. Er war ein Mensch, der solche Feinheiten liebte. Dieser Leimer hatte durchaus Recht.
Dennoch runzelte Murgel die Stirn und musterte den Bittsteller vor sich mit größter Unhöflichkeit. Thomas Leimer wurde unter diesem Blick immer unsicherer und begann von einem Fuß auf den anderen zu treten. Murgel würdigte ihn noch immer keiner Antwort. Erst wollte er in Ruhe nachdenken.
In seinem Kopf überstürzten sich die Bilder seines Aufenthaltes in Rom. Wenigstens war er Kardinal Carafa begegnet. Per Zufall, und als er wieder einmal vergeblich versucht hatte, ins Vorzimmer des Papstes zu kommen. Sie hatten sich auf Anhieb verstanden. Der eine, über 70 Jahre alt, mit der versteinerten Miene des Moralisten, Mitglied der Kommission für Kirchenreform und Leiter der neu organisierten Inquisition. Zusammen mit Cajetan von Thiene hatte er den TheatinerOrden gegründet. Und Carafa war ein Mensch mit offensichtlich unstillbarem Hunger nach mehr. Einer, der alles wollte. Einer, den die Jahre nicht zufrieden gestellt hatten, der immer noch hungriger geworden war. Einer, der auf den Stuhl Petri wollte. Murgel und Carafa, zwei Männer vom gleichen Schlag, beide ehrgeizig, beide intelligent, verwandte Seelen eben. Und beide erkannten im anderen jemanden, der nützlich sein konnte. Carafa war in gewisser Weise genial.
Der Theatinerorden ... Das brachte den Domherrn auf eine Idee. Er betrachtete den nervösen Thomas Leimer boshaft. Mönche, die zu den Armen gingen, Kranke heilten, in strenger Armut lebten. Das wäre doch sicher eine gottgefällige Schule der Demut für diesen eingebildeten Schönling. Jakob Murgel grinste Leimer an. In dessen Augen glomm Hoffnung.
Doch Murgel senkte seinen Blick sofort wieder. Dafür würde dieser Mann zahlen, sein Leben lang. Wenn er ihm ein Empfehlungsschreiben gab, musste er ihn auch in die Hand bekommen. Er konnte ihm in jedem Fall immer drohen, seine Missetaten und Lügen zu verraten. Der strenge Carafa würde keinen Ketzer in seinem Orden dulden. Als Leiter der Inquisition hatte er alle Mittel bei der Hand, einen Mann wie Thomas Leimer zu brechen. Das war
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