Zeit des Lavendels (German Edition)
tun, weil noch immer kein Dispens vom Papst eingetroffen ist.«
Magdalena von Hausen stellte sich neben ihn. »Nun, vielleicht darf sie ja bald ihr Dominikanerinnen-Kloster verlassen. Jetzt, wo die Christenheit nach dem Tod von Papst Paul III. im letzten November endlich wieder einen neuen Oberhirten hat.«
Der Schönauer nickte. »Hoffen wir, dass aus dem Kammerherrn und Kardinal Giovanni Maria del Monte wirklich ein guter Hirte wird. Es hat wahrscheinlich nicht umsonst geschlagene drei Monate gedauert, bis sich das Konklave auf ihn einigen konnte. Ich traue diesen Römern in der Kurie nicht. Und del Monte — oder Papst Julius III. — ist gebürtiger Römer. Außerdem ist er nicht gerade ein Freund unseres allergnädigsten Kaisers, wie man hört. Und dann ist da auch noch dieser Knabe, der Wärter seines Lieblingsaffen, den er so offen bevorzugt. Es wird gemunkelt, Julius will diesem 17-jährigen Bengel sogar den Kardinalspurpur um die Schultern hängen. Da wird er keine Zeit haben, sich um den Dispens für eine Nonne zu kümmern.« Der Schönauer schüttelte den Kopf. »Denkt Ihr noch an ihn?«
Magdalena von Hausen hielt überrascht den Atem an. Diese Frage hatte sie nicht erwartet. Sie wurde rot. Es war nicht notwendig, einen Namen auszusprechen. Beide wussten, wen der Großmeier meinte. »Manchmal«, sage sie leise.
Die Fremde kam Ende Februar des Jahres 1550. Der Winter mit seiner klirrenden Kälte hielt die Gotteshausleute in Seggingen noch immer fest im Griff. Sie kam am Nachmittag, als die niedrig stehende Sonne gerade die letzten Strahlen über den Rhein schickte. Magdalena von Hausen stand — wie so oft in jenen Tagen — an ihrem kleinen Betpult und las in der Luther-Bibel, die sie durch so viele schwere Tage begleitet hatte. Das heftige Pochen an der Türe holte sie aus ihrer Versenkung. »Herein.«
Zögernd schob das Mädchen die schwere Holztüre auf. »Ihr habt Gäste, hohe Frau. Es sind zwei Weibsleute. Die eine scheint krank zu sein, wenn Ihr mir diese Bemerkung erlaubt. Aber sie wollen unbedingt mit Euch reden. Nur mit Euch.«
»Wo sind die beiden Frauen jetzt?«
»Hier, vor der Türe.«
Magdalena von Hausen runzelte ärgerlich die Stirn. »Warum habt Ihr ihnen keinen Platz zum Niedersetzen angeboten? Besonders, wenn die eine krank ist. Schnell, bringt sie herein.«
Das Mädchen winkte, und Magdalena von Hausen sah sich zwei ungewöhnlichen Frauen gegenüber. Eine, die kleinere, rundliche, wirkte zwar sehr müde, aber sichtlich glücklich, angekommen zu sein. Und dann die andere: Sie stützte sich schwer auf ihre Begleiterin. Eine einst schöne, stolze Frau. Doch nun war sie krank. Krank an Leib und Seele. An Jahren jung, doch dem Aussehen nach wie eine Greisin — Narben in der Seele, tiefe Falten auf der Stirn, schoss es Magdalena von Hausen durch den Kopf. Ihr Herz verkrampfte sich vor Mitleid.
»Seid willkommen. Um des Himmels willen, setzt Euch. Ich lasse Euch etwas Warmes zu trinken bringen.« Magdalena von Hausen ging den Frauen entgegen und winkte der Magd zu, das Nötige zu besorgen. Das Mädchen knickste und verschwand.
Die Kleinere der beiden blickte hoch und lächelte warmherzig. »Ich danke Euch recht herzlich. Wir kommen von weit her zu Euch. Diese Frau hier, Dorothea Offenburg, bat mich, sie zu Euch zu bringen. Trotz ihrer großen Schwäche. Und hier sind wir nun. Hättet Ihr vielleicht ein Bett, wo sich meine Begleiterin niederlegen kann? Sie vermag fast nicht mehr auf ihren Beinen zu stehen. Und ich kann sie auch kaum noch halten, wenn ihr erlaubt ...«
»Natürlich. Legt sie am besten gleich hier auf mein Bett. Dann könnt Ihr mir erzählen, wer Ihr seid und woher Ihr kommt.«
Mit einem Seufzer sank die Größere auf das Bett Magdalena von Hausens. Ihre Gefährtin half ihr liebevoll dabei, sich niederzulegen.
»Haben wir es geschafft, liebe Frau Steirer? Haben wir Magdalena von Hausen gefunden? Sind wir in Seggingen?« Sie war so erschöpft, dass sie vor Müdigkeit weinte.
»Ja, wir sind da. Ihr könnt schlafen.«
»Ist sie hier? Ich muss sie sehen. Ich muss ihr alles erklären. Ich muss mit ihr sprechen.«
Die Kleinere blickte zu ihrer Gastgeberin. »Sie meint Euch, wenn Ihr Magdalena von Hausen heißt und früher die Äbtissin von Seggingen wart. Bitte, ich glaube, sie hat nicht mehr lange zu leben. Bitte sprecht mit ihr.«
Verwirrt trat Magdalena von Hausen zu der Fremden. »Wer seid Ihr, was kann ich für Euch tun?«
»Seid Ihr Magdalena von Hausen? Er ist
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