Zeit des Lavendels (German Edition)
und koche dir eine Hühnerbrühe. Ruh dich aus. Ich bin bald wieder da.«
Nele nickte und schloss die Augen. Binnen Sekunden war sie eingeschlafen. Katharina betrachtete die alte Frau zärtlich. Sie war wie eine Mutter zu ihr gewesen. Sie würde nicht zulassen, dass diese Frau starb.
Konz sah sofort, dass etwas nicht in Ordnung war, als seine Frau heimkam und sich eilig daran machte, aus den Resten eines halben Huhnes eine Suppe zuzubereiten. Hastig erzählte ihm Katharina von der Krankheit der alten Frau. »Ich kann jetzt noch nicht nach Ensisheim reisen«, erklärte sie. »Erst muss ich dafür sorgen, dass es Nele besser geht. Ich bin die Einzige, die sich in den Kräutern auskennt. Der Bader würde sie nur zur Ader lassen, eine andere Medizin kennt er nicht. Doch Nele ist so schwach, sie würde daran sterben. Sie braucht mich jetzt. Bitte geh zu Jakob von Schönau und sag ihm, dass ich noch einige Tage brauche, bis Nele wieder über den Berg ist.« Hoffentlich schaffe ich es überhaupt, fügte sie im Stillen für sich hinzu.
Als Katharina mit frischen Decken und einem dampfenden Topf voll Suppe zurückkam, hatte sich der Zustand der alten Frau schon merklich gebessert. Ihr ausgetrockneter Körper hatte den heilenden Tee förmlich in sich aufgesogen. Nele schlief friedlich und erwachte erst, als Katharina sie aus den alten, schon stinkenden Decken wickelte und sie sorgsam in die neuen hüllte. Das schien ihr sichtlich gut zu tun. Sie war zwar noch sehr schwach, doch sie warf der jungen Frau schon ein kleines Lächeln zu. Katharina strahlte zurück. Sie war so glücklich, dass sie noch rechtzeitig gekommen war. Wenigstens einmal hatte sie Nele helfen können.
»Kannst du schon etwas Suppe essen, wenn ich dich stütze?« Nele nickte.
Wieder begann die langsame Prozedur. Geduldig, Schluck für Schluck, flößte Katharina der alten Frau eine halbe Tasse Brühe ein, bis Nele abwinkte. »Lass mich jetzt weiterschlafen. Es ist genug«, murmelte sie. Kaum lag ihr Kopf wieder auf dem Strohkissen, schlief sie auch schon.
Katharina machte sich derweil daran, die kleine Hütte zu säubern, den Boden zu fegen und alles wieder an seinen Platz zu räumen. Nele, die sonst so ordentlich war, musste schon länger krank gewesen sein, sonst hätte sie nicht alles so verkommen lassen.
Zwei Stunden später kam Konz mit dem kleinen Thomas an der Hand. »Können wir hereinkommen?«, fragte er durch die verschlossene Tür.
»Kommt schon«, rief Katharina lachend. »Es ist nur ein Fieber, nichts Ansteckendes, glaube ich, weder die Pest noch die Cholera. Ich denke, diesmal werden wir Nele noch einmal auf die Beine bekommen. Es geht ihr schon viel besser.«
Als Konz in die Hütte trat, fand er eine erhitzte Katharina mit roten Wangen vor, die rotbraune Strähne, die er so gut kannte, hing ihr wieder einmal über die Nasenspitze. Sie blies sie energisch weg — fast wie die freche, kleine Göre, die er einst gekannt hatte. Konz grinste. Er hatte seine Frau schon lange nicht mehr so gelöst gesehen. Müde, völlig erschöpft, aber doch wenigstens glücklich.
»Dem Himmel sei es gedankt, dass wir Nele noch rechtzeitig gefunden haben«, flüsterte sie ihm zu und streichelte ihrem kleinen Sohn über den Kopf. »In einigen Tagen wird es ihr wieder besser gehen. Aber sei mir nicht böse, ich kann diese Nacht nicht mit heimkommen. Ich werde mir hier ein Lager auf dem Boden bereiten. Ich muss Nele immer wieder mit kaltem Wasser abwaschen und ihr Wadenwickel machen, damit das Fieber sinkt. Außerdem braucht sie alle zwei Stunden ihren Kräutertee und einige Schlucke Suppe. So wird sie wieder zu Kräften kommen. Hast du dem Schönauer gesagt, dass ich noch nicht nach Ensisheim kann?«
Konz nickte. »Magdalena von Hausen und Hans Jakob von Schönau lassen dir ausrichten, du sollst dir keine Sorgen machen. Auf einige Tage komme es jetzt auch nicht an. Du sollst abreisen, wenn es Nele wieder besser geht. Der Schönauer lässt dir übrigens frisches Gemüse schicken, etwas Fisch und ein Hühnchen, damit du Nele auch ordentlich versorgen kannst. Außerdem wird dir ein Diener Decken bringen und frisches Stroh für die Matratze sowie ein Kissen, damit es die alte Heilerin von Seggingen bequem hat.«
Da klopfte es auch schon an der Türe. Zwei Diener des Schlosses standen davor, beladen mit den verschiedensten Kisten und Körben. Sie hatten wahre Schätze mitgebracht. Zum Beispiel einen neuen Sack mit frischem Stroh für Neles Bett und einen für
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