Zeit des Verrats: Finnland-Krimi: Finnland-Krim
klingelte, hoffte ich, es sei Julija, so voller Sehnsucht, dass sie einfach mit mir sprechen musste. Doch der Anruf kam von dem Pornofilmproduzenten Rauno Härkönen. Er war in Nöten.
»Verdammt, die sprechen überhaupt keine Fremdsprache. Die Reiberei in der ersten Szene haben wir in den Kasten gekriegt, nachdem ich ihnen eigenhändig gezeigt hab, wassie tun sollen, aber jetzt müssten sie lutschen und dann zum eigentlichen Horizontalmambo übergehen, und das schnallen sie einfach nicht«, dröhnte er.
Als ich fragte, warum der große Filmmogul sich bei mir über seine Kommunikationsschwierigkeiten beklagte, ließ Härkönen sich dazu herab, mich um Hilfe zu bitten. Er flehte mich an, zu kommen und die Höhepunkte und Regieanweisungen des Films zu übersetzen.
Ich versprach, zu dolmetschen, und erklärte, ich hätte allerdings nicht lange Zeit. Ich könne aber die Szenen kurz schriftlich zusammenfassen, sodass die Schauspieler die Anweisungen nachlesen konnten.
»Eine tiefsinnige Synopsis dürfte wohl nicht nötig sein«, meinte ich.
Härkönen stimmte bereitwillig zu. Er spielte sich auch sonst nicht als Tarkowski auf, auch wenn er seine künstlerische Tätigkeit als Regisseur unter dem Namen David Bullman ausübte. Am Drehort stand er selbst hinter der Kamera, regulierte den Ton und richtete die Beleuchtung aus. Der ganze Film war das Werk von Härkönen-Bullman und einem Gehilfen. Außerdem wurden natürlich Charakterdarsteller gebraucht. Und da sie aus Russland kamen, musste ich als Regieassistent einspringen.
»Dann kannst du auch gleich die Miete für diesen Dreh bezahlen«, schlug ich vor. Die Kreditfähigkeit von Härkönens Unternehmen hatte den Immobilienbesitzer nicht überzeugt, daher hatte ich die Räume an der Giebelseite des Geschäftsgebäudes in Konala auf den Namen meiner Firma gemietet und vermietete sie an Härkönen weiter, ohne Papiere und Quittungen.
Ich vermutete, dass Härkönen alle Gagen über ein steuerlich angenehmes und zuverlässiges Land oder eine entsprechende autonome Insel laufen ließ. Er meinte, möglicherweise könne er Bargeld auftreiben.
Die gemietete Räumlichkeit hatte eine Doppeltür, durch die ein Fahrzeug gepasst hätte. Ein kleines Schild informierte darüber, dass Ristos Telefonreparaturwerkstatt nach Pitäjänmäki umgezogen war. Die Telefonnummer gehörte zu einem Festnetzanschluss, und ich nahm an, dass es sinnlos war, dort anzurufen, wenn man Handyprobleme hatte.
Die Tür war nicht verriegelt. Ich ging hinein.
Auf dem Betonfußboden lag helles Laminat. Tapezierte Spanplatten stellten zwei Wände dar. Sie wurden hinten von einem Träger aus Vierkantholz gestützt. Wer das Ding gebaut hatte, war mit Sicherheit kein Tischler. Die Kulisse wurde durch ein Regal vervollständigt, in dem ein Fernseher stand, in dem Fickfilme liefen. Auf der Fußbodenparzelle stand ein Sofa und auf dem Sofa der Schwanz eines jungen Mannes. Der Mann selbst lag auf dem Rücken und wartete offensichtlich auf seine Filmpartnerin. Ab und zu fingerte er an seinem Glied herum, damit es für die nächste Szene wach blieb. Meine Ankunft schien ihn nicht zu stören.
Härkönen, der gerade seine Kamera einstellte, begrüßte mich fröhlich. Er war etwa fünfzig, trug eine Cargohose und ein schwarzes T-Shirt, eine Brille mit runden Gläsern hing ihm an einem Band um den Hals. Die ergrauten langen Haare hatte er zum Pferdeschwanz gebunden.
Der Kameraassistent sprang vom Barhocker und gab mir die Hand.
»Hopponen«, stellte er sich vor, und ich hätte ihn beinahe für seine gute Erziehung gelobt. Er hatte eine Schirmmütze verkehrt herum auf dem Kopf und trug einen schwarzen Rolli, obwohl es auch drinnen reichlich warm war.
Härkönen gab mir das drei Seiten umfassende Drehbuch und erklärte, die ersten drei Szenen seien bereits gedreht, präzisierte dann, er verwende Berufsslang und Metaphern. Im digitalen Zeitalter drehe sich in der Kamera natürlich keine Filmrolle mehr.
Ich schrieb kurze Übersetzungen der nächsten Szenen und fügte auf Härkönens Bitte hinzu, wenn der Regisseur sage »Stopp – noch mal«, meine er, dass man genau dasselbe noch einmal tun solle, die Kamera werde nur umgestellt.
»So ist das, bei kleinem Budget«, sagte Härkönen entschuldigend, deutete an, dass er auch für Multikameraproduktionen qualifiziert wäre.
Er holte die Schauspieler und bat mich, ihnen die Sache auch noch mündlich zu erklären. Die Darstellerin des weiblichen Parts tapste in
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