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Zeit des Verrats: Finnland-Krimi: Finnland-Krim

Zeit des Verrats: Finnland-Krimi: Finnland-Krim

Titel: Zeit des Verrats: Finnland-Krimi: Finnland-Krim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matti Rönkä
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Pantoffeln und einem kurzen Morgenmantel zum Sofa. Sie hätte als Hausfrau aus irgendeiner Vorstadtsiedlung von St. Petersburg durchgehen können, wäre die Tätowierung am Oberschenkel nicht gewesen. Die Frau grüßte mich freundlich, sagte, sie heiße Tereza, ließ den Vatersnamen fort. Das konnte ich gut verstehen.
    Als ich Härkönens Wünsche erklärte, nickten Tereza und der schweigend dahingefläzte junge Mann, sie hätten verstanden. Ich wünschte ihnen Erfolg bei den Aufnahmen.
    Dann ging ich zur Tür. Härkönen folgte mir, holte ein Bündel Geldscheine aus der Tasche und entnahm ihm ein paar Hunderter. »Den Rest kriegst du nächste Woche«, sagte er. Ich wusste, dass er sein Versprechen halten würde.
    »Wie heißt der Streifen übrigens?«, fragte ich zum Abschied.
    »Busty Mature Gives a Lesson of Love«, gab Härkönen Auskunft, erfreut über mein Interesse. »Wenn er gut läuft, machen wir eine vierteilige Trilogie daraus«, lachte er heiser.
    Der alte Mann stand am Erkerfenster und sah auf den Marktplatz von Töölö hinab. Der einzige Markthändler war ein Kartoffelverkäufer, der sich auf die geöffnete Rückklappe seines kleinen Lastwagens stützte. Der alte Mann wandte sich Wronskij zu, taperte einige Schritte vor und zurück, die Hände auf den Rücken gelegt. Er trug einen dreiteiligen Anzug mit weißem Hemd und Krawatte.
    »Wronskij, ist diese Wohnung klug gewählt?«
    In der Frage des alten Mannes lag bereits die Antwort. Auch seine Stimme rumpelte vor Missbilligung und Zweifel wie ein Stück Eisen, das man aus einem Schrotthaufen zieht. Die rostig scharfe Rauheit stand im Widerspruch zu dem opahaften, beinahe behäbigen Erscheinungsbild des Mannes.
    »Damit meine ich nicht die Kosten, sondern die Sicherheit. In Vororten wie Vuosaari oder Itäkeskus ist jeder Dritte Ausländer. Da würde sich niemand erinnern, dich je gesehen zu haben«, schnaubte der Mann unzufrieden, schmatzte mit den Lippen und beugte sich zu Wronskij hinab.
    Wronskij saß auf seinem Stuhl, hielt die Hände unter der Tischplatte und versuchte, ausdruckslos auf die gegenüberliegende Wand des geräumigen Zimmers zu blicken, irgendwo anders hin als in die vorwurfsvollen Augen des Alten und auf die Haare, die ihm aus der Nase wuchsen. Sie störten Wronskij, waren eine Prophezeiung seines eigenen Alterns und erinnerten ihn an seinen bereits verstorbenen Vater. Die Wohnung war ebenfalls ein Relikt aus der Vergangenheit, komplett möbliert, seit Jahrzehnten schon. Die Sofas und Tische und die Stühle am Esstisch vertraten alle die gleiche, noch weitaus ältere Stilrichtung. Mit gedrechselten Beinen, zierlich und wertvoll, aber ohne Sitzkomfort.
    Selbst der Staub auf den ornamentalen Wandlampen undden Rahmen der Landschaftsgemälde schmeckte nach den 60er-Jahren. Aber mehr als der alte Staub störte Wronskij der alte Mann, der immer noch neben ihm stand, wortlos auf eine Erklärung wartend. Der Alte verunsicherte ihn, jagte ihm beinahe Furcht ein.
    Und er kannte nicht einmal seinen Namen. Der Mann war einfach gekommen, zur angekündigten Zeit und an den vereinbarten Ort, hatte alles gewusst und begonnen, Fragen und Forderungen zu stellen. Es war Wronskij klar, dass er sich fügen musste. Eine andere Möglichkeit gab es nicht.
    »Ich habe die Wohnung von einem Geschäftspartner gemietet. Preiswert. Im Vertrauen. Und in diesem Haus wohnen ausländische Wissenschaftler, Gäste der Universität. Es ist ganz alltäglich, dass man im Aufzug exotischen und häufig wechselnden Bewohnern begegnet«, verteidigte sich Wronskij.
    Der Alte umrundete den Tisch, blieb hinter Julija und Bekari stehen, die auf der anderen Seite saßen, und räusperte sich vorwurfsvoll.
    »Und der … Stoff? Wo ist der?«, knurrte er.
    »An einem sicheren Ort. Ein Typ hat ihn über die Grenze gebracht. Ohne es zu wissen. Aber der Transport stand die ganze Zeit unter Beobachtung.«
    Wronskij bemühte sich, unterwürfig zu sprechen.
    »Der beste Agent ist einer, der nicht einmal weiß, dass er eine Aufgabe erfüllt«, zitierte er dennoch eine Weisheit, die man ihm bei der Spezialausbildung eingetrichtert hatte, bereute seinen belehrenden Ton aber sofort.
    »Ach wirklich?«, spottete der alte Mann. »Ich war schon im Dienst, als du noch dein Gitterbettchen beschmiert hast, in Rustav oder Tskhinval oder wie die Kaffs in Grusien heißen … pardon, in Georgien.«
    »Ich bin in Moskau geboren und aufgewachsen«, berichtigte ihn Wronskij.
    »Dein Stammbaum interessiert

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