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Zeit des Zorn

Zeit des Zorn

Titel: Zeit des Zorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Don Winslow
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auch Frauen drin, als die dem
Erdboden gleichgemacht wurden.
    Aber Chon würde es nicht
mal fertig bringen, eine Frau zu schlagen.
    Und er kann sich nicht
vorstellen, ihr das Gehirn durch die Schädeldecke zu jagen. Chauvinistisches
Schwein. Ben ist platt.
    An der Spitze des
Baja-Kartells steht eine Frau? Hillary würde das echt ankotzen.
     
    O findet's auch nicht prickelnd.
    Ausgerechnet eine von den
pinken Power Rangers will ihr den scheiß Kopf absäbeln. Sie hat die Stimme der
Frau am Telefon gehört, als die dem Kerl mit der Kettensäge Anweisungen gab.
    Von wegen
Schwesternsolidarität.
    Oprah
würde das nicht gefallen.
    Und vor den
Verbalkampfmaschinen von The View nimmt sich die Schlampe besser auch in acht.
     
    Dennis steigt aus dem
Wagen und dreht sich noch mal zu ihnen um.
    »Wenn ihr gegen Elena La
Reina vorgehen wollt«, sagt er, »gibt es Tote.«
    Danach fühlt er sich ein
bisschen besser.
    Nach dem doppelten Bacon
Burger mit Käse auch.
     
    Dennis hat damit nicht
ganz unrecht, und deshalb fahren Chon und Ben zum Schießplatz.
    Chon fährt sowieso
andauernd zum Schießplatz, nicht, weil er sich auf die Revolution oder die Reconquista vorbereiten will, und auch nicht, weil er feuchte Träume davon hätte, wie er
Heim und Herd vor Eindringlingen beschützt, die den Hausfrieden brechen.
»Hausfriedensbruch«, den Begriff muss man einfach lieben - wir dachten immer, das
machen nur Mexikaner, jetzt stellt sich raus, es sind die Kreditanstalten.
    Chon steht aufs Schießen.
    Er spürt gerne das Metall
in seiner Hand, er mag den Nervenkitzel, den Rückstoß, das präzise
Zusammenspiel aus Chemie, Physik und Technik, koordiniert mit Hand und Auge.
Von der Macht ganz zu schweigen - wenn man eine Schusswaffe abfeuert, überträgt
man seinen eigenen persönlichen Willen blitzschnell durch Zeit und Raum. Ich
will etwas treffen und schon ist es getroffen. Direkt aus dem Kopf in die physikalische
Welt. Mit PowerPoint-Präsentationen bekommt man das so nicht hin.
    Man kann fünfzigtausend
Jahre lang meditieren oder sich eine Knarre kaufen.
    Auf dem Schießplatz jagt
man ein sauberes, winzig kleines Loch in ein Stück Pappe - die hübsche Eintrittswunde,
nicht die schmuddelige Stelle, an der die Kugel wieder austritt - und das ist
zutiefst befriedigend. So oder so, Chon steht einfach auf Schusswaffen, sie
sind
    in seinem Beruf
    Das Werkzeug.
    (Anthropologisch
betrachtet besteht der Unterschied zwischen einem »Werkzeug« und einer »Waffe«
darin, dass Ersteres eher an unbelebten Objekten und Letztere an belebten zum
Einsatz kommt, vorausgesetzt, Sie können mit der Vorstellung von belebten
»Objekten« etwas anfangen.)
    Ben steht nicht so drauf,
er hat gelernt, Schusswaffen zu verabscheuen -
    Und Waffenbesitzer.
    Die waren in seinem
liberalen Elternhaus Zeilscheibe von Spott und Hohn. Primitive Rednecks und
andere geistesgestörte Rechte. Seine Eltern schüttelten die Köpfe und schmunzelten
traurig, wenn irgendwo hinten auf einem Auto der Aufkleber Wenn du mir meine Knarre
abnehmen willst, musst du sie meiner kalten toten Hand entreißen klebte. Wie traurig, wie
traurig, wie ewiggestrig. Waffen töten keine Menschen, Menschen töten
Menschen. (Natürlich
töten Waffen Menschen, sagt Chon - dafür sind sie da.) Ja schon, aber Menschen
mit Waffen, würde Bens Vater einwerfen.
    Egal, Ben ist von Natur
aus nicht gewalttätig.
     
    »Unmöglich«, hat ihm Chon
mal widersprochen. »Wir sind alle von Natur aus gewalttätig, nicht gewalttätig
werden wir nur durch unsere Erziehung.«
    »Andersrum«, entgegnete
Ben. »Wir werden sozial zur Gewalttätigkeit konditioniert.«
    »Guck dir die Schimpansen
an.«
    »Was ist mit denen?«
    »Unsere DNA stimmt zu
siebenundneunzig Prozent mit der DNA der Schimpansen überein«, sagt Chon, »und
das sind brutale kleine Wichser, die sich gegenseitig abmurksen. Erzähl mir
nicht, die wurden sozial so konditioniert.«
    »Willst du sagen, wir
sind Schimpansen?«
    »Willst du sagen, wir
sind keine.«
    Natürlich sind wir
Schimpansen.
    Schimpansen mit Knarren.
    Chon erinnert sich an
irgendeinen alten Spruch von wegen, wenn man genug Schimpansen in einen Raum
mit entsprechend vielen Schreibmaschinen sperrt, werden sie irgendwann Romeo und Julia in die Tasten hauen, und er
fragt sich, ob diese Theorie auch für Schusswaffen gilt. Wenn man genügend
Schimpansen in einen Raum mit entsprechend vielen Mac-1o-Maschinenpistolen
sperrt, würden sie sich dann irgendwann alle gegenseitig

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