Zeit des Zorn
Feiglinge sind, die's mit sich haben machen lassen.
Diese cabróns haben Familien unten in
Mexiko, absolute Voraussetzung für alle, die diesseits der Grenze für das BK
arbeiten wollen - man muss Familie haben, auf die das BK zugreifen kann.
Scheiß auf
Arbeitszeugnisse - wenn man gute Leistung und Loyalität erwartet, passt man
auf, dass man Eltern, Brüder und Schwestern, ja sogar Cousins und Cousinen in
der Tasche hat. Männern, die ohne mit der Wimper zu zucken ihr eigenes Leben
riskieren, würde im Traum nicht einfallen, das Leben ihrer Familien aufs Spiel
zu setzen.
Er wirft die Peitsche auf
den Boden.
Zwei große Kerle ...
Nein, wahrscheinlich ist
das nicht. Woher sollten die beiden güeros das Versteck kennen oder
die Route der Fahrer? Das konnten sie nicht wissen.
Nein, das muss ein
Insider gewesen sein. Vielleicht nicht diese beiden pendejos, sondern jemand aus dem
inneren Kreis.
»Macht sie los«, befiehlt
er ruppig.
Designer Café am Ritz-Carlton Drive.
Und am Pacific Coast Highway, Küstenseite.
Chon
bezeichnet den Laden als Yummy Mummy Heaven.
Hat sich früher immer an
einen der Tische draußen gepflanzt, Cappuccinos geschlürft und die Parade der
reichen jungen Mütter mit ihren Drei-Rad-Sportbuggies vorbeijoggen sehen.
Knackige Körper in T-Shirts (oder Designer-Kapuzenpullis, wenn's kalt ist) und
Trainingshosen.
»Das ist die
Frühschicht«, erklärte er Ben.
Die Spätschicht bezieht
dann noch den exklusiven Kinderhort weiter oben an der Straße mit ein.
Die etwas älteren YMs
liefern ihre Gören ab, kommen auf einen Latte hierher und genehmigen sich nach
dem Kaffee möglicherweise auch noch Chons Latte.
»Gelangweilt und
gereizt«, behauptete Chon gegenüber Ben. »Perfekt im Bett.«
»Ehebrecher.«
»Ich bin nicht
verheiratet.«
»Was ist bloß aus der
Moral geworden?«, seufzt Ben. »Dasselbe wie aus CDs.«
Sie wurden ersetzt durch
eine neuere, schnellere und einfachere Technologie.
Ben fragt: »Was würde O von
deinen schmutzigen Eskapaden halten?«
»Machst du Witze?«, fragt
Ben zurück. »Sie guckt sich für mich nach neuen Talenten um.“
»Halt die Klappe.«
Nein, das ist die
Wahrheit. Immer wenn O es schaffte, so früh
aufzustehen, verbrachte sie manche glückliche Stunde damit, Chons Chancen
auszuloten. Die da ist scharf, die da ist spitz, die da ist glücklich zu Hause,
vergiss sie, guck dir den Arsch an, mit der würde ich's auch treiben ...
»Hat sie ...«
»Nein.«
An diesem Morgen denken
sie aber nicht an Os kaum latent zu nennende lesbische Neigungen oder an Yummy
Mummys. Sie denken einfach an O, als ...
Alex und Jaime reinkommen
-
»Die siamesischen
Bohnenfresser.«
»Bleib locker.«
- sich an den Tresen
stellen und Kaffee zum Mitnehmen bestellen.
Ben und Chon folgen ihnen
raus auf den Parkplatz und setzen sich hinten in Alex' Mercedes. »Was
gibt's?«, fragt Ben.
Alex dreht sich um und
sieht Ben an. »Einer unserer Wagen wurde gestern Nacht überfallen.«
Ben bleibt eiskalt. Als
Sohn zweier unendlich neugieriger Psychiater weiß er, wie man ein Verhör
aussitzt.
»Und?«
Alex ist in dieser
Hinsicht Amateur.
Was sich auf seinem
Anwaltsgesicht zeigt. »Wäre es möglich, dass ihr etwas darüber wisst?«
Ben stürzt sich auf den
Konjunktiv. »Ja, klar wäre das möglich, wenn ich was damit zu tun hätte. Da das aber nicht der Fall ist,
weiß ich auch nichts.«
Freude an der Sprache.
Alex versucht's bei Chon
mit Anstarren.
Ja, das wird
funktionieren.
Versuch einen Rottweiler
zum Blinzeln zu bringen. »Okay«, sagt Alex endlich.
Chon ist Chon, aber Ben
ist Ben. »Ruf mich in Zukunft bloß nicht noch mal wegen so einem Scheiß, okay?
Wie geht es O?«
»Wem?«
»Wem?« Chon sieht aus,
als wollte er dem Kerl eine runterhauen. Eine Sekunde lang scheint er das
wirklich in Erwägung zu ziehen, aber Ben schaltet sich ein. »Ophelia. Wir
nennen sie O. Die junge Dame, die ihr gekidnappt habt. Wie geht es ihr? Wir
wollen mit ihr sprechen.«
»Möglicherweise kann das
arrangiert werden«, sagt Alex.
Ben fällt das Passivverb
auf.
Der Verantwortung wird
ausgewichen beziehungsweise
Die Autorität wird nicht
besessen.
Interessant.
»Arrangiert das«, sagt
Ben. Er macht die Wagentür auf. »Wenn's sonst nichts mehr gibt ... Chon hat
Ehen zu zerstören, und ich hab Produkte zu produzieren.«
Sie bleiben auf dem
Parkplatz stehen, während der Mercedes losfährt.
»Du bist gut«, sagt Chon.
»Glaubst du, die verdächtigen uns wirklich?«
»Wenn, dann
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