Zeit des Zorn
Sie haben die Verstecke aus Dennis' Akten überprüft, und
alle sind geräumt. Die Bewohner sind ausgezogen und die Häuser leer.
Heute hier, morgen dort,
oder
Wie Chon sagen würde
Bin voll drauf, morgen
fort.
Und man kann zwar den
Verdacht von sich ablenken, indem man sich selbst ausraubt, schafft auf diese
Art aber keine Kohle ran. Jedenfalls nicht mit unversicherbaren Gütern wie Dope
und Drogengeld. (»Hallo, Versicherung? Wie hoch sind die Prämien bei einer
Tonne Sweet Dreams und ... Hallo, Versicherung?«)
Und so oder so ist es
besser, man wechselt sich ab. Das ist der unablässige Kreislauf eines
Guerillakriegs, das weiß Chon. Man handelt, der Feind stellt sich drauf ein.
Man stellt sich seinerseits drauf ein, und der Feind reagiert, indem er sich
drauf einstellt. Und so weiter und so fort.
»Wir könnten sie
ausnehmen, wenn sie kommen, um das Dope abzuholen«, sagt Ben, weil er sich
jetzt in so was wie Butch Cassidy verwandelt hat. »Aber das Geld kriegen wir ja
sowieso, also wozu soll das gut sein?«
»Zu gar nichts.«
Aber wenn sie ihnen das
Dope abnehmen würden, das gerade bezahlt wurde ...
Weil Dope so gut ist wie
Geld. Angesichts der aktuellen Wirtschaftslage eigentlich sogar besser. Dope
kann gegenüber dem Euro nicht abfallen.
Das ist also die Version
des neuen Plans, den sie sich haben einfallen lassen: dem BK das Dope verkaufen
und es ihnen kurz danach wieder abnehmen.
Denn wenn es den Laden
einmal verlassen hat ...
Reagan
und Ford.
Ein Raubüberfall der
Republikaner.
Ben lehnt kategorisch ab,
die Reagan-Maske zu tragen (als halbseidener Buddhist kann Ben volle Kanne
stinkig werden), deshalb nimmt Chon sie. Ben zieht Ford über, und prompt stößt
er sich beim Einsteigen in den Wagen den Kopf.
»Ich bin
Method-Hijacker«, erklärt Ben.
Chon gefällt sein
Leichtsinn nicht.
»Diesmal kann's haarig
werden«, warnt er.
»It's all fun and games until someone loses an eye«, pflichtet
Ben ihm bei.
Sie
sitzen in einem gestohlenen Volvo-Kombi, eine halbe Meile von dem Gewächshaus
in Ortega Country entfernt. Ja, einem Volvo-Kombi.
»Ein Volvo?«, fragte Ben,
als Chon mit dem Wagen ankam. »Im Ernst?“
»Das sind Panzer.«
Fahren sich scheiße,
eignen sich aber hervorragend zum Unfälle bauen.
Sie sitzen also im Volvo
und sehen den BK-Transporter reinfahren, dann warten sie, bis die Transaktion
über die Bühne gegangen und der Transporter wieder rausgekommen ist. Es gibt
nur eine Straße, deshalb wissen sie, dass der Transporter über denselben Weg
zurückkommen wird, mit einer Lieferung feinsten Ultras beladen.
»Bist du angeschnallt?«,
fragt Chon, als sie den Transporter kommen hören.
»Klappen Sie die Tische
hoch und bringen Sie ihren Sitz in die aufrechte Position.«
»Mit Karacho.«
Sie treffen den
Transporter in schrägem Winkel vorne rechts. Chon ist schon rausgesprungen,
bevor der Wagen überhaupt zum Stehen kommt. Er zeigt dem überrumpelten Fahrer
sein Gewehr und zerrt ihn vom Sitz. Ben überwältigt den Beifahrer. Der Fahrer
hängt halb unter dem Lenkrad und dann ...
Scheiße spult sich nicht
in Zeitlupe ab, so wie im Film.
Sie passiert verdammt schnell.
Zum Kotzen schnell:
Chon springt auf den
Fahrersitz als ...
Sich ein Schuss löst.
So laut
Der Rest ist Stille.
Nein, nicht Stille, Ben hat so ein komisches
Geräusch in den Ohren, wie Wasserrauschen ...
Chon wirbelt herum, kippt
seitlich weg und Ben ... ... schreit, dann
Fängt er an, hinten in
den Transporter reinzuschießen ...
... die Schiebetür geht
auf, und ein Typ torkelt raus, übersät mit Einschusslöchern
Chon richtet sich auf und
feuert drauflos ...
... und der Fahrer federt
direkt neben ihm auf den Sitz zurück wie ein Crash-Test-Dummy.
Chon stößt den Leichnam
raus, klemmt sich hinters Steuer.
Ben springt rein, und sie
rasen die Straße runter.
Ben flippt aus.
»Ruhig«, sagt Chon. »Reg
dich ab.«
»Ich hab jemanden
umgebracht!«
»Gott sei dank hast du
das«, sagt Chon.
Der erste Schuss ging
knapp daneben. Der zweite hätte Ben getötet, wenn er nicht geschossen hätte.
Chon sieht zu Ben rüber, Tränen strömen ihm über die Wangen, sein Gesicht ist
schmerzverzerrt.
Alles kommt wieder hoch.
Sein erstes Mal.
Als er seine Unschuld
verlor.
Damals hatte er keine
Zeit für Schuldgefühle gehabt.
Überall Al Qaida. Heckenschützen rundum. Seine Kumpels fielen wie
die Fliegen im zischenden Kugelhagel. Chon lag flach auf dem Boden, zwang sich
hochzusehen, ein Ziel zu
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