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Zeit für Eisblumen

Zeit für Eisblumen

Titel: Zeit für Eisblumen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Koppold
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wird uns wenigstens warm.“ Ich zog an ihrem Ärmel.
    „Warte einen Moment!“ Milla blieb stehen und machte sich an ihren Winterstiefeln zu schaffen.
    „Was ist?“, fragte ich ungeduldig. „Willst du barfuß weitergehen?
    „Nein. Ich habe ein Paar Socken über meine Strumpfhose gezogen. Die funktioniere ich zu Handschuhen um. Ich halte diese Kälte nicht mehr aus.“
    „Wenn du meinst!“ Belustigt betrachtete ich Milla, als sie kurz darauf mit leuchtend roten Wollsocken über den Händen neben mir stand.
    Ein schwarzer Audi kam herangeflitzt. Entschlossen riss ich meine Kapuze vom Kopf und schüttelte meine blonden Locken. Doch der Wagen passierte uns mit ungebremster Geschwindigkeit.
    Milla zog herablassend ihre Mundwinkel nach oben.
    „Du bist unfair“, zischte ich sie an. „In dem Auto hat eine vierköpfige Familie gesessen.“
    Ich vermummte mich wieder.
    In diesem Moment hörte ich von hinten Geknatter. Ein Traktor tuckerte auf uns zu.
    „Untersteh dich“, warnte Milla. Doch ein erneuter Blick auf die hügelige Strecke, die noch vor uns lag, sagte mir, dass der Zweck jedes Mittel heiligte. Mit der rechten Hand zog ich mir die Kapuze noch einmal vom Kopf, den linken Daumen reckte ich in die Höhe. Der Traktor kam zum Stehen.
    „Wo wollt ihr hin?“ Ein in die Jahre gekommener George-Clooney-Verschnitt grinste auf uns herunter und ließ dabei eine blitzende Zahnreihe sehen. Meine Mutter lächelte zurück und versuchte, hinter ihrem Rücken ihre Wollsocken von den Händen zu ziehen.
    „Zur Keem Bay. Können Sie uns ein Stück mitnehmen?“
    „Steigt ein!“ Er winkte. „Ich muss dort nach den Schafen sehen.“
    Behände wie eine Berggämse kletterte Milla nach oben und ließ sich rechts von ihm nieder. Ich musste mir den Platz mit einem sabbernden Schäferhund teilen. Er hatte Mundgeruch und ich versuchte, so viel Abstand wie möglich zwischen uns zu bringen. Obwohl sich der Traktor nur mit knapp 30 km/h fortbewegte, zog es ganz schön auf dem ruckelnden Gefährt und ich war froh unter meiner Barbour-Jacke noch einen Fleecepullover und ein Langarmshirt zu tragen. Milla dagegen schien sich von innen aufzuwärmen. Ihr Frösteln, Bibbern und Händereiben war wie weggeblasen, die dicken Wollsocken hatte sie unauffällig in der Tasche ihrer Jacke verstaut und sie plauderte fröhlich mit dem Bauern, der sich uns als Ernest vorstellte. Der verblichene goldene Ehering an seiner linken Hand tat ihrer Begeisterung keinen Abbruch.
    Auch Ernest schien von unserer Gesellschaft beflügelt, denn er trat aufs Gas und legte seinen Traktor rasant in die Kurven der schmalen Straße, die sich den Croaghaun Mountain hinaufschlängelte. Ich vermied jeglichen Blick nach rechts, wo sich mir schwindelerregende Ausblicke auftaten, klammerte mich so fest in das Schaffell auf meinem Sitz, dass meine Fingerknöchel weiß hervortraten, und hoffte inständig, dass uns kein anderes Fahrzeug entgegenkäme. Entsprechend froh war ich, als wir nach wenigen Minuten auf der Kuppe des Berges ankamen und sich der Blick auf eine hufeisenförmige, von schroffen Steilklippen umsäumte Bucht auftat, an deren Strand ein unscheinbares Häuschen stand, das ich unschwer als das Cottage auf Davids Postkarte erkannte. Ich unterdrückte den Impuls, den Schäferhund neben mir zu umarmen, und konnte es kaum erwarten, auszusteigen.
    Nachdem der Traktor auf einem matschigen Wiesenweg endlich zum Stehen gekommen war, entschied sich Milla, sich in der Schafkultur weiterzubilden, und folgte Ernest den steilen Trampelpfad hinauf zu seiner Herde. Der Hund hüpfte fröhlich vorweg.
    „Warum haben die irischen Schafe alle diese Farbkleckse auf dem Fell?“, hörte ich Milla noch plappern, doch Ernests Antwort verschluckte der Wind.
    Langsam ging ich auf das kleine Cottage zu, das sich nur wenige Meter über dem Strand auf einem Grasplateau befand. Bei jedem Schritt sanken meine Gummistiefel tief in den Boden ein und wurden von diesem nur widerwillig und mit einem schmatzenden Geräusch freigegeben. Hoffentlich würde ich hier eine Spur von David finden. Im Gegensatz zu dem langgezogenen Hotel, das sich rechts von mir in den Hang krallte, schien das Cottage zumindest bewohnt zu sein. Rauch stieg aus dem Schornstein und die Fensterläden waren geöffnet. Vor der Tür stand ein alter VW-Bus, auf dessen vorderen Scheinwerfern schläfrige Augen aufgeklebt waren. Mit klammen Fingern zerrte ich mein Kosmetiktäschchen aus dem Rucksack und versuchte, die Rötung

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