Zeit für Eisblumen
berichten. Doch dann fiel mir ein, dass ich ihn ja hasste, er sich seit fünf Tagen nicht mehr bei mir gemeldet hatte und Mia und Lilly ihn dabei erwischt hatten, wie Monika ihre Hexenfinger in die Gesäßtasche seiner Jeans stecken durfte.
Gegen Mittag rief mich David an und fragte, ob ich auch heute mit ihm ausreiten wolle.
„Hat doch gestern gut geklappt“, meinte er.
Ich runzelte zweifelnd die Stirn. Mein schmerzender Hintern und meine Oberschenkel, die sich einander immer noch nicht näher als bis auf drei Zentimeter annähern wollten, schrien nein, doch ich sagte zu. Vielleicht würde sich heute eine Gelegenheit finden, ungestört mit ihm zu reden.
Aber als ich die kiesgesäumte Einfahrt zur Slieve Aughty Riding Ranch hinausging, sah ich, dass sich vor dem Stallgebäude zehn kichernde Teenager versammelt hatten und Eva gerade dabei war, ein elegantes weißes Pferd mit grauen Flecken aus dem Stall zu führen. David stand neben Maja und putzte sie.
„Ist das nicht unglaublich, wie viel es gescheit hat?“, rief er mir fröhlich entgegen.
„Ja, schade, dass ich meine Skier nicht mitgebracht habe“, murmelte ich enttäuscht.
Die Chance, dass Eva und die lästige Teenagerschar einen anderen Weg als David und ich wählten, war verschwindend gering.
„Du kannst Harry aus dem Stall holen. Er steht in der vorletzten Box auf der linken Seite.“ David fuhr fort, mit einer groben Bürste den Dreck aus Majas schwarzem Fell zu beseitigen.
Als ich in den Stall kam, blickte mir Harry über die Tür seiner Box freundlich entgegen. Ich strich ihm den langen Pony aus den Augen und tätschelte seine Stirn.
„Na du. Kannst du heute versuchen, dich ein bisschen weniger holprig vorwärts zu bewegen?“
Ich griff nach dem schmutzigen Halfter, das über einem Haken hing, und öffnete das Tor. Harry trat einen Schritt zurück und begann, daran herumzuknabbern. David war gut. Hol Harry heraus! Ich hatte keine Ahnung, wie ich ihm dieses erdverkrustete Ding über den Kopf ziehen sollte. Schließlich legte ich den Strick, der von dem Halfter herunterbaumelte, um Harrys Hals und zog probeweise daran.
„Komm!“, sagte ich und Harry folgte mir anstandslos nach draußen. Vielleicht würden wir doch noch Freunde werden!
David sah mich verwundert an. „Warum hast du ihm denn das Halfter nicht angezogen?“
„Er ist gleich mitgekommen, als er mich gesehen hat. Ich dachte, es sei nicht nötig“, log ich, ohne mit der Wimper zu zucken.
„Wir binden ihn besser an.“ David nahm mir das Halfter aus der Hand. Von ihm ließ Harry es sich anstandslos über den Kopf ziehen.
Zehn Minuten später saß ich auf seinem Rücken. Auch wenn mir immer noch nicht ganz wohl war beim Blick nach unten, so fühlte ich mich doch sicherer als einen Tag zuvor. Ich überwand mich sogar, zumindest eine Hand aus der wolligen Mähne des Pferdes zu lösen und die Knie nicht ganz so krampfhaft am Sattel festzukrallen. So war es auf jeden Fall weitaus angenehmer. Ich schloss für einen Moment die Augen und versuchte, mich auf Harrys Rhythmus einzulassen. Vor, zurück, zur einen Seite, zur anderen Seite. Die Bewegung war gar nicht so holprig, wie ich gedacht hatte, sondern gleichförmig und fast ein wenig beruhigend. Ich entspannte mich. Was mir ebenfalls zugutekam, war, dass David gesagt hatte, wir würden wegen des glitschigen Untergrunds auf festen Wegen bleiben. Ich atmete auf, denn ich hatte befürchtet, er wolle auch heute wieder den Romantic Place als Ziel anstreben.
Die Pferdehufe hinterließen dunkle Flecken auf der weißen Decke, als wir uns auf den Weg zum Wald machten. Aber auch an anderen Stellen kam der braune Boden durch. Die Temperaturen waren zu mild, als dass der Schnee liegen bleiben könnte. Von den Stechginsterzweigen rechts und links des Weges tropften bereits Wassertropfen herunter.
„Ist Eva auf eurem Gestüt angestellt?“, fragte ich David, der neben mir ritt.
„Nein, aber sie stellt unsere Pferde auf Turnieren vor. Zurzeit trainiert sie Colin.“
Ich drehte mich nach dem hübschen Pferd um, dessen kurze Mähne beim Gehen auf und ab wippte, und verglich es seufzend mit dem haarigen Monstrum unter mir.
„Kennst du Eva schon länger?“, startete ich einen neuen Versuch, etwas über Davids Beziehung zu der hübschen jungen Frau herauszufinden.
„Wir sind auf die gleiche Schule gegangen. Sie war aber einige Klassen unter mir.“ Er grinste. „Bist du noch mit deinem Freund zusammen?“
Mist! Er hatte mich
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