Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zeit für Eisblumen

Zeit für Eisblumen

Titel: Zeit für Eisblumen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Koppold
Vom Netzwerk:
ich.
    Und auf einmal schämte ich mich.

    Im Auto sprachen David und ich nur das Nötigste. Erst an der Hill Bar hielt er an und richtete seinen Blick auf mich. „Kannst du mir sagen, was das alles soll?“
    „Was?“ Ich hob die Augenbrauen.
    „Du kommst nach Irland, erzählst mir, dass du auf der Durchreise bist und nur auf einen Sprung bei mir vorbeischauen willst. Du küsst mich und im nächsten Augenblick weichst du mir aus. Was sollen diese Spielchen?“
    „Welche Spielchen?“, entgegnete ich.
    „Das weißt du genau.“ David sah stinksauer aus. „Stell dir vor, ich hätte vor deiner Tür gestanden. Hättest du an Zufall geglaubt?“
    „Nein“, gab ich widerstrebend zu.
    „Warum wolltest du mich wiedersehen?“
    Ich griff in meine Handtasche und gab ihm den Schnuller, den Paul vor ein paar Tagen auf den Boden geschmissen hatte, und drückte ihn David in die Hand.
    Ratlos drehte er ihn zwischen den Fingern hin und her. „Was soll ich damit?“
    „Das ist der Grund, warum ich nach Irland gekommen bin. Er gehört meinem Sohn. Paul. Weißt du, dass ich ein kleines Kind habe?“
    „Natürlich.“
    Überrascht blickte ich ihn an. „Aber woher?“
    „Ich bin an euch vorbeigefahren. Als ihr spazieren gegangen seid. Aber du hast mich nicht bemerkt.“
    Ich biss mir auf die Unterlippe. Natürlich hatte er von Paul gewusst.
    „Warum hast du mir nie von ihm erzählt?“
    „Wann hätte ich es tun sollen? Während eines Ausritts, mit all deinen Reitschülerinnen im Nacken? Oder gestern im Pub?“
    „Und warum erzählst du es mir jetzt?“
    Ich zählte innerlich bis drei und überlegte bei jeder Zahl, ob es das Richtige war, was ich gerade tat. Dann stieß ich es aus: „Weil Paul vielleicht dein Sohn ist.“

David starrte mich an. „Mein Sohn? Aber wie kommst du darauf?“
    „Paul ist elf Monate alt. Du bist vor einem Jahr und zehn Monaten in München gewesen. Man braucht keinen Taschenrechner, um sich auszurechnen, dass du als Vater infrage kommst.“
    „Aber wir haben ein Kondom benutzt.“
    „Vielleicht hatte es einen Riss oder etwas Ähnliches. Du weißt doch, dass diese Dinger nicht hundertprozentig sicher sind. Mein Gott, ich habe auch keine Ahnung, warum ich schwanger geworden bin.“
    „Und du und dein Freund … Habt ihr nicht …?“
    „Ich wollte niemals eigene Kinder.“ Ich merkte, dass ich zunehmend hysterisch wirkte. „Natürlich haben wir verhütet.“
    „Also hast du auch mit ihm geschlafen.“ David klang erleichtert. „Aber ist es nicht total unwahrscheinlich, dass ich der Vater von Paul bin?“
    Selbstverständlich war es das. Aber es war auch unwahrscheinlich, direkt nach seinem ersten Seitensprung schwanger zu werden. Trotzdem war es geschehen.
    „Ja, wahrscheinlich ist Sam der Vater von Paul. Aber ich weiß es nicht zu 100 Prozent. Du könntest es genauso sein. Und bevor du weiterfragst. Nein, ich habe ihm nichts von uns erzählt. Ich habe ihn nicht darum gebeten, einen Vaterschaftstest zu machen. Und ich dachte auch, dass ich das alles packe. Dass ich damit klarkomme. Aber ich schaffe es nicht. Ich komme nicht damit klar.“ In meinem rechten Augenwinkel hing eine Träne. Ich wandte den Kopf ab, um sie wegzuwischen. Als ich mich umdrehte, sah David mich mit unbewegter Miene an.
    „Und? Was soll ich jetzt machen?“
    Ich lachte bitter. „Ich möchte kein Geld von dir. Du musst auch keine Verantwortung für Paul übernehmen. Mach einen Vaterschaftstest! Das ist alles, was ich von dir will.“
    „Aber wenn ich sein Vater bin? Was ist dann? Vielleicht will ich Verantwortung übernehmen. Hast du daran schon einmal gedacht?“, sagte David tonlos.
    „Nein“, entgegnete ich unsicher. „Denn wie soll das gehen? Du lebst hier. Paul und ich wohnen in München.“
    „Du machst es dir einfach“, höhnte er. „Kommst nach Irland, damit ich dich von deinem schlechten Gewissen befreie. Damit du Gewissheit bekommst. Aber wie es mir dabei geht, ist dir scheißegal.“
    „Nein, überhaupt nicht. Ich …“
    „Geh jetzt!“ David sah mich nicht an. „Ich möchte alleine sein.“ Er startete den Wagen.
    Langsam stieg ich aus. Dann drehte ich mich noch einmal um. „Aber du wirst doch den Test …“
    Weiter kam ich nicht, denn David beugte sich über den Beifahrersitz, zerrte die Tür zu und fuhr mit quietschenden Reifen davon.

    Im Pub war bereits alles dunkel, nur im Anbau hinten im Hof brannte noch Licht und ich konnte durch die geschlossenen Vorhänge die Silhouetten von Ian

Weitere Kostenlose Bücher