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Zeit für mich und Zeit für dich

Zeit für mich und Zeit für dich

Titel: Zeit für mich und Zeit für dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fabio Volo
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vielleicht nicht deutlich genug ausgedrückt, oder denkst du, ich sag das zum Spaß? Ich hab dir gesagt, du sollst nicht mehr mit meiner Tochter ausgehen! Kapiert?«
    Ich erwiderte nichts.
    Eine Woche später rief sie wieder an, und diesmal wurde sie deutlicher: »Mein Bruder arbeitet bei der Finanzbehörde, ich habe bereits mit ihm gesprochen. Wenn du Lucia nicht in Ruhe lässt, wird er dafür sorgen, dass dein Vater die Bar schließen muss. Ich mein’s ernst. Du wirst nie wieder mit Lucia ausgehen und ihr auch nichts von meinem Anruf erzählen. Sonst rufe ich sofort meinen Bruder an.«
    Wieder legte sie einfach auf. Sie hatte gewonnen. Sie hatte meinen wunden Punkt gefunden und genau darauf gezielt. Ich rannte aufs Klo und übergab mich.
    Jetzt, da es um meine Familie ging, kapitulierte ich. Außerdem glaubte ich allmählich selbst, dass Lucia zu gut für mich war und ihre Mutter, unabhängig von allen Drohungen, im Grunde recht hatte.
    Ich ließ Lucia in Tränen zurück, ohne ihr eine Erklärung zu geben. Von Stund an lieferte ich keine Bestellungen mehr in ihr Büro, und wenn ich doch einmal dorthin musste, hielt ich meinen Kopf gesenkt und mied [92]  ihren Blick. Sie kam in die Bar, wollte eine Erklärung, wollte, dass ich meine Entscheidung zurücknahm und wieder mit ihr zusammen war.
    Doch ich ging ihr immer mehr aus Weg, und allmählich starb etwas in mir ab. Ich fühlte nichts mehr, hatte vor nichts mehr Angst. Ich wollte mit niemandem mehr etwas zu tun haben. Nachts konnte ich nicht schlafen, morgens kam ich nicht aus dem Bett. Ich aß immer weniger und wurde immer dünner und blass. Jetzt, da ich Lucia verloren hatte, wollte ich niemanden mehr lieben und auch nicht geliebt werden.
    Die Probleme zu Hause, der Schmerz wegen Lucia, die Demütigung durch die Lehrerin, die Bankdirektoren, die Notare, die Gerichtsangestellten, die vielen Zurückweisungen und Verzichte, all das war zu viel für mich, hatte mich in die Knie gezwungen. Ich fühlte mich abgelehnt und lernte, um nichts mehr zu bitten.
    Die einzigen Gefühle, die ich noch zuließ, waren die, die aus Filmen kamen, aus der Musik und vor allem aus der Literatur. Ich begann die Bücher noch inniger zu lieben, sie aufzusaugen, sie zu verschlingen. Ich vergrub mich darin, um vor meinen Problemen zu fliehen. Ich zog mich aus der Welt zurück, die mich verletzt hatte.

[93]  Sie (kommt zurück)
    Die Tatsache, dass sie mich verlassen hat, weil ich mich nicht lieben lasse, hat mich auf einen Gedanken gebracht. Manchmal liebt man einen Menschen mehr um der Dinge willen, die man für ihn getan hat, als um der Dinge willen, die er für einen selbst getan hat. Indem ich mich nicht lieben ließ, verbaute ich ihr diese Möglichkeit.
    Als ich mit ihr zusammen war, sagte ich oft, dass ich Raum für mich brauche. Erst später habe ich begriffen, dass in Wahrheit sie der einzige Raum war, den ich brauchte.
    Sie hat mich zweimal verlassen. Das erste Mal vier Monate vor dem endgültigen Ende. Wir wussten damals schon länger, dass ein Ende unausweichlich war. Irgendwas musste sich ändern, so konnten wir nicht weitermachen. Ich erinnere mich noch, was sie sagte, bevor sie ging: »Auf das Leben gibt es keine Garantie, es ist nicht wie bei einer Waschmaschine, die man reparieren lassen kann, wenn sie kaputtgeht. Kaputt ist kaputt. Man kann sich aus dem Leben raushalten, indem man sich so sicher wie möglich darin einrichtet, aber Sicherheit ist nur eine Illusion. Ob du das nun wahrhaben willst oder nicht.«
    [94]  Nachdem sie fort war, drehte ich total durch. Ich konnte einfach nicht ohne sie leben. Ich tat buchstäblich alles, um sie davon zu überzeugen, dass sie zu mir zurückkommen musste. Ich kaufte roten Lack und malte ein Herz auf den Bürgersteig vor ihrem Haus. Ich bestürmte sie mit Telefonaten, schickte ihr SMS und Faxe mit Zeichnungen ins Büro. Ich schickte ihr Blumen, Ringe, Buntstifte, Seifenblasen und jede Menge Garantien. Auch ihre Freundinnen bombardierte ich mit Anrufen und flehte sie um Hilfe an. Einmal verbrachte ich, völlig betrunken, eine ganze Nacht vor ihrem Haus und rief, sie solle mich reinlassen, ich wolle ein Kind mit ihr machen.
    Erstaunlicherweise habe ich sie überzeugt, und sie kehrte zurück.
    Die ersten Tage waren so, wie es eigentlich immer sein sollte. Nie habe ich so viel Liebe empfunden. Liebe machen, gemeinsam essen, nach der Arbeit zu Hause auf sie warten. Ich erlebte die tiefe Freude, zu lieben und geliebt zu werden. Zumindest

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