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Zeit für Plan B

Zeit für Plan B

Titel: Zeit für Plan B Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Tropper
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instinktiv, als noch ein Ei unsere Windschutzscheibe traf.
    »Also«, sagte ich und schob mich wieder einen Zentimeter vor. »Dann lasse ich Sie jetzt gehen, damit Sie sich wieder Ihrer Verbrechensbekämpfung widmen können.« Ohne eine Reaktion abzuwarten, bog ich scharf nach rechts ab und fuhr die Auffahrt der Schollings hoch. Im Rückspiegel konnte ich erkennen, dass der Wagen des Sheriffs hinten ebenfalls ein paar Eier abbekommen hatte.
    Alison und Don saßen auf der Veranda und tranken Coca-Cola light, müßige Betrachter der frenetischen Festlichkeiten auf der anderen Straßenseite. »Dort drüben wird’s langsam ganz schön verrückt«, bemerkte Don, während ich den Kürbis aus dem Wagen ins Haus trug.
    »Das ist vielleicht ein hässlicher Kürbis«, meckerte Alison. Unser Kauf in letzter Minute hatte uns keine große Wahl mehr gelassen, aber was dem Kürbis an Symmetrie fehlte, das machte er durch schiere Dreistigkeit wett, mit unförmigen Klumpen und Furchen, die seine rauhe, orangefarbene Oberfläche verunstalteten.
    »So soll er sein«, sagte ich. »Du weißt doch, Halloween und das alles.«
    »Ach ja.«
    Drinnen stieß ich auf Chuck und Jeremy, die sich eine Halloween-Wiederholung der
Akte X
ansahen. Mulder und Scully hatten eine ihrer üblichen Auseinandersetzungen, während sie im Auto durch ein Maisfeld fuhren. »Die beiden sollten sich einfach schon einmal ein Zimmer nehmen«, sagte Chuck.
    »Ignorier ihn einfach«, riet ich Jeremy und ließ mich zwischen die beiden plumpsen, nachdem ich den Kürbis vorsichtig auf dem Couchtisch abgestellt hatte. »Er ist ein hochgradig verwirrtes Individuum.«
    »Wo hast du denn diesen Kürbis her, aus Tschernobyl?«, fragte Chuck.
    »Wenn er dir jetzt schon Angst macht, dann warte, bis wir ihn ausgehöhlt haben.«
    »Was ist Tschernobyl?«, fragte Jeremy.
    Während wir die
Akte X
zu Ende sahen, machten Alison und Lindsey Kartoffelsalat, Maismuffins und Preiselbeersauce, wobei sie ab und zu nach dem Truthahn sahen, den sie gefüllt und in den Ofen geschoben hatten. Dann stand Chuck auf, um einen Salat zu machen, was grundsätzlich sein Job war, da er schneiden konnte wie ein japanischer Küchenchef, ein zusätzlicher Vorteil seiner chirurgischen Erfahrung. Ich warf ihm ein Gemüse zu und nannte eine Zahl zwischen zehn und dreißig. Chuck wiederholte die Zahl, während er das Gemüse einen Augenblick lang betrachtete, und begann dann mit einer Reihe rasanter Schnitte, bei denen das Messer in einem schnellen, gleichmäßigen Rhythmus auf das Schneidebrett einhackte und ich laut mitzählte. Er legte immer genau die Zahl von Schnitten hin, die ich genannt hatte, und das Gemüse war immer perfekt symmetrisch geschnitten. »Sieben Jahre Medizinstudium«, bemerkte Alison trocken. »Das ist vielleicht ein teurer Salat.«
    »Das ist alles Talent«, sagte Chuck.
    Ich hielt eine Tomate hoch und warf einen Blick zu Jeremy hinüber, der uns ehrfürchtig zusah. »Zwanzig?«, fragte ich.
    »Fünfundzwanzig«, sagte er grinsend.
    »Amateure«, brummelte Chuck. Er betrachtete großtuerisch die Tomate und fiel dann wieder über das Hackbrett her.
    »Cool«, sagte Jeremy.
    »Du solltest mich mal operieren sehen«, sagte Chuck zwischen zusammengebissenen Zähnen, während er die Tomate in Stücke würfelte. »Das Nächste.«
    Später, während Chuck und Don
Cops
ansahen, nahmen Jeremy und ich uns ein paar Skalpelle aus Chucks Arzttasche, um einGesicht in den Kürbis zu schneiden. Als Erstes schnitten wir den Deckel ab und schabten das »Gehirn« aus, dann begannen wir damit, ein verzerrtes Grinsen hineinzuschnitzen. Wir hatten eben ein Auge fertig, als Alison den Truthahn aus dem Ofen holte, daher entschieden wir, dass ein Zyklopen-Kürbis eigentlich gar nicht schlecht aussah. Ich klemmte eine Kerze in die weiche Stelle auf dem Boden des Kürbis, und wir trugen ihn auf die Veranda, wo Jeremy ihn anzündete. Die Wirkung war zufriedenstellend, und wir standen beide einen Augenblick lang da und bewunderten ihn. »Nicht schlecht, was?«, sagte ich.
    »Ja«, sagte Jeremy und lächelte mich an. Ich lächelte zurück, und es war ein schöner Augenblick. Man kann Erwachsene nicht so anlächeln, wie man ein Kind anlächeln kann, ohne sarkastische Bemerkung oder schiefen Blick, damit es nicht allzu persönlich wird. Draußen auf der Veranda waren wir lediglich zwei Menschen, die der Zufall zusammengebracht hatte, die sich ein Lächeln teilten, während sich die Abenddämmerung herabsenkte.

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