Zeit für Plan B
klingt nicht gut«, sagte Chuck, während er etwas Saft hinunterstürzte. »Wenn er seit drei Monaten im Koma liegt, spricht die Statistik nicht zu seinen Gunsten.«
»Ich sollte kurz rüber zu Ruthie gehen«, sagte Alison. »Es muss die reinste Hölle für sie sein.« Sie erhob sich, zog ein Sweatshirtüber und ging in Richtung Tür. »Vergesst nicht Jacks Frühstück«, rief sie uns zu.
Als Chuck und ich Jack sein Frühstück brachten, saß er aufrecht im Bett, noch immer in seine Decke gehüllt. Da er allem Anschein nach nicht im Begriff war, in Richtung Tür zu stürzen, hielt ich sie einen Augenblick lang offen, um mit ihm zu reden.
»Wie geht’s, Jack?«
»Okay«, sagte er, ohne mir wirklich in die Augen zu blicken. »Wollt ihr mich heute rauslassen?« Sein Gesicht war von einer glänzenden Schweißschicht überzogen, und kleine Tröpfchen bildeten sich auf seinem Nasenrücken und in den Augenwinkeln. Seine Augen waren blutunterlaufen, die Lider wundgerieben.
Ich sah zu Chuck hinüber. »Ich glaube nicht«, sagte ich.
»Jack, das Erste, was du tun würdest, ist doch, losrennen, um dir etwas Koks zu beschaffen. Dabei ist es noch nicht einmal aus deinem Blutkreislauf raus«, sagte Chuck.
»Ich brauche irgendwas, Mann«, sagte Jack. »Kannst du mir nicht irgendwas geben? Ich fühl mich nicht gut.«
»Du bist auf Entzug«, sagte Chuck. »Bis heute Abend wirst du dich noch um einiges schlimmer fühlen.«
»Du hast ja eine nette Art, mit Kranken umzugehen, Chuck«, bemerkte ich sarkastisch.
»Wisst ihr«, sagte Jack, der unter seiner Decke ein wenig zitterte und sie fester um sich wickelte, »im Augenblick fügt ihr meinem Lebensunterhalt wirklich ernsthaften Schaden zu.«
»Im Augenblick sorgen wir uns mehr um dein Leben«, sagte ich. »Versuch, ein bisschen zu schlafen.« Ich wollte die Tür zumachen.
»Ben«, sagte er.
»Ja?«
»Ihr könnt mich nicht noch viel länger hier behalten.«
»Ich weiß, Jack«, sagte ich. »Aber ich wäre nicht ich, wenn ich es nicht wenigstens versuchen würde.«
Für den Rest des Tages blieb er still. Ich fand es irgendwie unheimlich, mir vorzustellen, dass er einfach in diesem Bett saß, zitternd, die Decken um sich gewickelt wie ein Araber, aber Chuck sagte, dass er aller Wahrscheinlichkeit nach schlief. »Sein Körper verschließt sich jetzt völlig«, erklärte er. »Von Koks runterzukommen, das ist eine höllische Qual. Sobald die Quelle deiner Kraft versiegt ist, holt dich der Missbrauch, den du mit dir selbst getrieben hast, ein. Manche Leute schlafen wochenlang.«
19
E twas später an diesem Nachmittag trat ich in den Vorgarten der Schollings hinaus, um etwas frische Luft zu schnappen. Ich sah Jeremy Miller, der in der Einfahrt der Schollings Körbe warf, und ging zu ihm hinüber. Der Rucksack, der neben dem Platz lag, ließ mich vermuten, dass er eben von der Schule zurückgekehrt war. »Wie geht’s?«, fragte ich, während ich mir einen Rebound schnappte und losdribbelte, um selbst zu werfen. Fwwt.
»Gut«, sagte Jeremy, schnappte sich den Ball und warf ihn zu mir zurück, damit ich es noch einmal versuchen konnte. Mir fiel auf, dass er ein
Blue-Angel
-T-Shirt trug, auf dem das Filmplakat abgebildet war, Jack auf einem Motorrad, mit einem explodierenden Gebäude im Hintergrund. Mein nächster Ball schlug hinten auf die Kante auf, schaffte es aber noch ins Netz. »Ringtreffer«, sagte Jeremy automatisch.
»Bist du ein großer Jack-Shaw-Fan?«, fragte ich ihn, während ich den Ball erneut warf, der erst vorn auf dem Rand und dann direkt in Jeremys Händen landete. Er dribbelte ihn zwischen seinen Beinen hindurch und zurück auf die Foullinie. Er warf ihn, wie es kleine Kinder tun, vom Bauch hoch und mit beiden Händen, während er hochsprang. Fwwt.
»Ja«, antwortete er auf meine Frage. »
Blue Angel
ist mein absoluter Lieblingsfilm von ihm.«
»Hast du
Lockvogel
gesehen?«
»Ja, das war gut, aber
Blue Angel
hat mir noch besser gefallen. Alison ist befreundet mit ihm, weißt du.« Er warf wieder, mit derselben Bewegung, demselben Ergebnis. »Ja, ich weiß.«
»Bist du auch mit ihm befreundet?«
»Ja«, sagte ich und warf ihm den Ball zu.
»Das muss so cool sein«, sagte Jeremy wehmütig.
Ich dachte an Jack, der oben auf Alisons Schlafcouch saß und zwischen Kotzanfällen in seinen Decken schwitzte. »Absolut cool«, sagte ich.
Er warf den Ball, der links auf dem Rand aufschlug und außerhalb meiner Reichweite abprallte. Ich wollte ihm schon
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