Zeit für Plan B
oder Quentin Tarantino, aber die romantischen Komödien sind nie allzu kompliziert. Wenn es ein Rob-Reiner-Film mit Meg Ryan und Tom Hanks wäre, dann würden die Kritiker sagen, dass es schon jetzt viel zu kompliziert ist.«
»Ich weiß«, sagte sie, und zu meiner Überraschung sah ich, dass sie den Tränen nahe war. »Es tut mir leid. Wegen allem.«
»Hör mal, du hast einfach getan, was du tun musstest. Ich habe dir deswegen nie Vorwürfe gemacht.«
»Nein«, sagte sie und rieb sich mit den Spitzen der Zeigefinger die Augenwinkel. »Du hast dir davon nur deine Ehe kaputt machen lassen.«
»Hey, das war doch alles Teil des Plans.«
»Ach ja? Und wohin hat dich das gebracht?«
»Hierher«, sagte ich. »Genau zu diesem Augenblick. Mein ganzes Leben, meine Scheidung, meine Schlaflosigkeit, Jacks Drogenproblem, all das hat mich genau hierher gebracht, an diesen See, zu diesem Augenblick mit dir.«
Wir standen da und sahen uns an, und der Planet drehte sich ein bisschen schneller. Es war, als hätten wir einen Tagtraum betreten und ihn mit Gewalt schärfer eingestellt. Ich spürte, wie die Kraft dessen, was ich soeben gesagt hatte, mit der Kraft der Berge um uns herum verschmolz und die Luft statisch auflud. »Das hier ist einer dieser Momente im Leben«, sagte ich zu ihr, »in denen man weiß, dass man einen dieser Momente im Leben erlebt.«
»Ich liebe dich, Ben«, sagte sie und lachte, während ihr die Tränen in die Augen traten. »Wirklich.« Obwohl ich mir nicht bewusst war, dass sich einer von uns bewegt hatte, schienen wir einander auf einmal viel näher zu sein.
Ich wollte ihr sagen, dass ich sie auch liebte, aber noch bevor ich es konnte, lag sie schon in meinen Armen und küsste mich so innig und heftig, dass ich fast umkippte. Sie wusste es sowieso schon. Lindsey küsste mich, nahm mich gefangen, dann zog sie mit ihrer Zunge, drückte mit weichen, vollen Lippen auf meine, verzehrte mich. Das war, denke ich, etwas, was man nicht erlernen konnte. Als dieser erste Kuss zu Ende ging, spürte ich, wie meine Knie zitterten, als hätte ich ein Wettrennen gelaufen. Ich bebte.
Ich holte einmal tief Luft und sagte: »Heißt das jetzt, dass du meine Freundin bist?«
Als wir die Treppe hochkamen, sahen wir Chuck vor Jacks Zimmertür ausgestreckt auf dem Boden liegen, in Boxershorts und einem
Blue-Angel
-T-Shirt, während er laut die Zeitung las. Der Boden rings um ihn herum war übersät mit weggeworfenen Zeitungsteilen,neben einer Schachtel Entenmann’s Pop ’Ems und einer Flasche Bushmills. »Hey, Leute«, begrüßte er uns mit einem onkelhaften Lächeln trunkenen Wohlwollens, als wir uns näherten. »Willkommen zu diesem Programm.«
»Was machst du denn da?«, fragte ich.
»Ich leiste Jack Gesellschaft«, sagte Chuck und deutete mit einer übertriebenen Geste auf die abgeschlossene Tür. »Wir unterhalten uns schon den ganzen Tag.« Kleine Bällchen aus grauem Teppichstoff hatten sich in den Bartstoppeln auf seiner Wange verheddert.
»Hat er dir denn geantwortet?«, fragte Lindsey.
»Nicht direkt«, räumte Chuck ein, bevor er einen großzügigen Schluck Bushmills aus der Flasche nahm. »Er ist mein imaginärer Freund. Aber ich war den ganzen Tag allein hier, während ihr euch draußen amüsiert habt …«
»Wir sind zu einer Beerdigung gefahren, falls du das vergessen hast.«
»Wie auch immer.« Ich sah, dass er etwa ein Viertel des Whiskeys in der Flasche geleert hatte. »Die Sache ist die, ich wollte mit jemandem reden, und ich dachte, Jack könnte die Gesellschaft gebrauchen. Ich glaube, wir sind uns ein ganzes Stück nähergekommen.«
»Wo ist Alison?«
»Schläft.«
Ich wollte schon etwas in der Richtung sagen, dass es vielleicht noch ein bisschen früh am Tag sei, um zu trinken, aber Lindsey zerrte mich inständig zu meinem Schlafzimmer. »Wir werden euch beide allein lassen«, sagte sie und trat die Schlafzimmertür auf.
»Okay«, sagte Chuck, der sich etwas benebelt anhörte. Er raschelte theatralisch mit der Zeitung. »Hey, Jack, wo war ich stehen geblieben? Äh … scheiß drauf, ich werd dir den Sportteil vorlesen.«
Wieder mit Lindsey zu schlafen, das war das süßeste aller Paradoxa, herzzerreißend vertraut und aufregend neu zugleich. Der Geschmackihrer Haut, die Wölbung ihrer Brüste, der Geruch ihrer Kopfhaut, der sanfte Druck ihrer Lippen, all diese Empfindungen waren mir vertraut, und doch kam es mir vor, als würde ich sie alle zum ersten Mal verspüren. Es war, als
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