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Zeit im Wind

Zeit im Wind

Titel: Zeit im Wind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Sparks
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Türrahmen zerquetscht wurden, was äußerst schmerzhaft war. »T…t…tut mir l…l…leid«, sagte er dann, »h…h… hast du d…d…dir weh get…t…tan?«
    Ich schluckte die Schimpfwörter, die mir schon auf der Zunge lagen, herunter und zischte unterdrückt:
    »Paß doch bitte besser auf!«
    Er konnte genausowenig verhindern, daß er ins Stolpern geriet, wie er den Regen verhindern konnte. Als wir fertig waren, sahen meine Finger aus wie die von Toby, dem rasenden Handwerker. Und das Schlimmste war, daß ich keine Zeit hatte, vor der Probe etwas zu essen. Der Kulissentransport hatte drei Stunden gedauert, und kaum hatten wir sie aufgebaut, kamen schon die anderen. Nach allem, was sonst schon an dem Tag passiert war, ist es wohl klar, daß ich ziemlich schlecht gelaunt war.
    Ich leierte meinen Text einfach so runter, so daß Miss Garber den ganzen Abend nicht einmal »großartig« sagte. Am Schluß blickte sie ziemlich besorgt, aber Jamie lächelte und beruhigte sie, es würde alles gut ausgehen. Ich wußte, daß Jamie mir helfen wollte, aber als sie mich fragte, ob ich sie nach Hause begleiten würde, schüttelte ich den Kopf. Das Playhouse war mitten in der Stadt; um sie nach Hause zu bringen, hätte ich einen ziemlich großen Umweg in Kauf nehmen müssen. Außerdem wollte ich nicht, daß mich wieder jemand sah. Aber Miss Garber hatte Jamies Frage gehört und erklärte mit großer Bestimmtheit, daß ich sie sicher gern begleiten würde.
    »Sprecht noch ein bißchen über das Stück«, schlug sie vor.
    »Vielleicht könnt ihr Lösungen für die Schwachstellen finden.«
    Natürlich meinte sie mit den Schwachstellen speziell mich.
    Also begleitete ich Jamie auch an diesem Tag nach Hause, aber sie merkte genau, daß ich nicht in der Stimmung war, mich zu unterhalten, denn ich hatte die Hände in die Taschen vergraben und lief fast einen Schritt vor ihr her, ohne zu gucken, ob sie mir folgte. So gingen wir ein paar Minuten; ich hatte kein Wort mit ihr gesprochen.
    »Du hast keine besonders gute Laune, stimmt's?« stellte sie fest. »Heute abend hast du dir gar keine Mühe gegeben.«
    »Dir entgeht aber auch gar nichts, wie?« sagte ich bissig, sah sie aber nicht an.
    »Vielleicht kann ich dir helfen«, sagte sie. Sie klang froh, was mich noch wütender machte.
    »Das bezweifle ich«, entgegnete ich barsch.
    »Wenn du mir sagen würdest, was passiert ist…« Ich ließ sie gar nicht ausreden.
    »Hör zu«, sagte ich, blieb stehen und wandte mich zu ihr um. »Ich habe den ganzen Tag die Kulissen durch die Gegend geschleppt, ich habe seit heute mittag nichts gegessen, und jetzt muß ich auch noch einen Riesenumweg machen, um dich nach Hause zu bringen, obwohl wir beide wissen, daß du den Weg auch allein schaffst.«
    Es war das erste Mal, daß ich im Zorn mit ihr sprach. Um ehrlich zu sein, tat es mir gut. Es hatte sich einiges in mir aufgestaut. Jamie war so überrascht, daß sie nichts erwidern konnte, und ich fuhr fort:
    »Und ich tue das nur deinem Vater zuliebe, der mich nicht einmal leiden kann. Das Ganze ist idiotisch, und ich wünschte, ich hätte mich nie dazu bereit erklärt.«
    »Das sagst du alles nur, weil du wegen der Aufführung Lampenfieber hast…«
    Ich unterbrach sie mit einem Kopfschütteln. Ich konnte ihren Optimismus und ihre Fröhlichkeit nur bis zu einem gewissen Grad verkraften, und an dem Tag war meine Toleranzgrenze erreicht.
    »Du verstehst wohl gar nichts«, rief ich wütend. »Ich habe kein Lampenfieber, ich habe einfach keine Lust mitzumachen! Ich will dich nicht nach Hause bringen, ich will nicht, daß meine Freunde über mich lästern, und ich will meine Zeit nicht mit dir verbringen. Du tust so, als wären wir Freunde, aber das sind wir nicht. Ich will einfach die ganze Sache hinter mich bringen, damit ich wieder mein normales Leben führen kann.«
    Meine Worte hatten sie getroffen, was ja ehrlich gesagt kein Wunder war.
    »Ich verstehe«, sagte sie nur. Ich wartete darauf, daß sie ihre Stimme erhob, daß sie sich verteidigte, daß sie alles aus ihrer Sicht erklärte, aber sie tat nichts dergleichen. Sie sah einfach nur auf den Boden. Ich glaube, am liebsten hätte sie geweint, aber das tat sie auch nicht, und schließlich schlich ich mich davon. Ich ließ sie einfach stehen und setzte mich wieder in Bewegung. Kurz darauf hörte ich, wie sie auch weiterging. Für den Rest des Weges ging sie ungefähr fünf Meter hinter mir und sagte erst wieder etwas, als sie an ihrer Haustür

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