Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zeit-Odyssee

Zeit-Odyssee

Titel: Zeit-Odyssee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keith Laumer
Vom Netzwerk:
verloren. Weil sie zu lange allein hier war.«
    Die alte Dame seufzte und öffnete ihre Augen. Falls Lisa sie an irgend jemanden erinnerte, so sagte sie es jedenfalls nicht. Mellia redete ihr aufmunternd zu. Sie lächelten einander an. Liebe auf den ersten Blick.
    »Jetzt habe ich mich aber wirklich albern benommen«, sagte die alte Dame. »Einfach in Ohnmacht zu fallen …« Ihre Miene wurde besorgt.
    »Keineswegs!« protestierte Mellia. »So etwas ist doch vollkommen verständlich.«
    »Fühlen Sie sich wohl genug für ein Gespräch?« fragte ich sie trotz der empörten Blicke, die Mellia mir zuwarf.
    »Aber gewiß.«
    Ich setzte mich auf den Bettrand. »Wo sind wir?« erkundigte ich mich so behutsam wie möglich. »Was ist dies für ein Gebäude?«
    »Die Zeitlenkstation vom Dinosaurier-Strand«, antwortete die alte Dame ein wenig erstaunt.
    »Vielleicht sollte ich lieber fragen, wann sind wir …«
    »Das Stationsdatum ist zwölf-zweiunddreißig.« Jetzt machte sie ein regelrecht verwirrtes Gesicht.
    »Aber …«, begann Mellia.
    »Das bedeutet, daß wir überhaupt keinen Zeitsprung gemacht haben«, stellte ich so gelassen fest, wie man so etwas Ungeheuerliches überhaupt feststellen kann.
    »Dann sind wir … irgendwie … in eine Sekundärlinie gesprungen!«
    »Nicht unbedingt. Wer will nach allem, was wir erlebt haben, noch sagen, welche Linie primär und welche sekundär ist?«
    »Entschuldigen Sie«, meldete sich die alte Dame zu Wort, »aus dem, was Sie sagen, schließe ich, daß … daß die Dinge nicht so positiv stehen, wie es zu hoffen wäre.«
    Mellia warf mir einen beunruhigten Blick zu. Ich gab ihn an die alte Dame weiter.
    »Schon gut«, sagte diese. »Sie können offen mit mir sprechen … Ich nehme an, daß Sie Zeitagenten sind. Dann sind wir Kollegen.« Sie lächelte schwach.
    »Außenagentin Mellia Gayl zu Ihrer Verfügung«, meldete sie.

 
25.
     
    Zufällig sah ich gerade Mellia an – meine Mellia. Sie wurde so weiß wie kalter Marmor. Sie rührte sich nicht, sprach kein Wort.
    »Und wer sind Sie, mein Kind?« fragte die alte Dame benahe fröhlich. Sie konnte Mellias Gesicht nicht sehen. »Ich habe fast das Gefühl, Sie zu kennen.«
    »Ich bin Außenagent Ravel«, kam ich Mellia zuvor. »Und das ist – Agentin Lisa Kelly.«
    Mellia fuhr zu mir herum, beherrschte sich aber.
    »Wir freuen uns sehr, eine … eine Kollegin zu treffen, Agentin Gayl«, sagte sie mit ausdrucksloser Stimme.
    »O ja, ich habe früher ein sehr aktives Leben geführt«, erzählte die alte Dame lächelnd. »Das Leben war sehr aufregend, damals, vor … vor dem Zusammenbruch. Wir hatten so hochgesteckte Ziele, ein so wunderbares Programm. Wie wir gearbeitet und geplant haben! Nach jedem Auftrag versammelten wir uns vor dem großen Bildschirm, um die Auswirkungen unserer Bemühungen zu studieren, uns gegenseitig zu gratulieren oder miteinander zu trauern. Wir hatten so große Hoffnungen, damals.«
    »Das glaube ich«, flüsterte Mellia heiser.
    »Nach der offiziellen Bekanntmachung wurde natürlich alles anders«, fuhr die ältere Miß Gayl wieder fort. »Wir gaben die Versuche zwar immer noch nicht auf; wir hatten die Niederlage noch immer nicht akzeptiert. Aber wir wußten, woran wir waren. Und dann … begann der Verfall. Die Chronodegradation. Bagatellen zuerst. Verlust vertrauter Gegenstände, Erinnerungslücken und Widersprüche. Wir spürten, wie sich rings um uns her das Leben auflöste. Zu jenem Zeitpunkt begannen viele Mitglieder der Besatzung aufzugeben. Manche sprangen hinaus, an Orte, von denen sie hofften, daß sie stabil waren; andere gingen in temporalen Verzerrungsräumen verloren. Wieder andere – desertierten einfach, gingen davon. Ich selber blieb natürlich. Ich hoffte immer noch … irgendwie …« Sie brach plötzlich ab. »Aber das ist für Sie alles uninteressant …«
    »Nein – bitte, erzählen Sie weiter!« bat die junge Mellia.
    »Da gibt es nicht mehr viel zu erzählen. Es kam der Zeitpunkt, da war nur noch eine Handvoll von uns in der Zentrale. Wir sahen ein, daß es unmöglich war, die Transferanlage weiterhin funktionsfähig zu halten. Über ein Jahr lang holten wir kein Personal mehr zurück; die Apparate chronodegradierten immer schneller und wir konnten nicht wissen, wieviel zusätzlichen Schaden wir womöglich noch dem temporalen Gewebe mit unserer ungenau eingestellten Apparatur zufügten. Deswegen – machten wir den Laden dicht. Von da an ging alles rapide abwärts. Die

Weitere Kostenlose Bücher